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Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry

Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry

Titel: Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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heute Nacht ein — na, sagen wir ein Unglück. Die Polizei wird dann kommen und von mir wissen wollen, wer als Täter in Betracht kommt. Kannst du mir keinen Hinweis geben — und sei es auch nur ein vager, geringfügiger Verdacht?"
    Julia blickte ihn haßerfüllt an.
    „Ich verachte dich!" sagte sie.
    Dann öffnete sie die Tür und ging hoch aufgerichtet nach draußen. Jonathan Carter blieb zurück. Als er die Außentür klappen hörte, ging er zu dem Fenster, das noch immer offenstand, und schloß es. Er pfiff dabei leise vor sich hin.
    Es war das dünne, verstimmt wirkende Pfeifen eines Mannes, dem eine Menge Dinge durch den Kopf gehen.
     
    *
     
    Er saß in seinem Wagen und rauchte eine Zigarette. Eines der Seitenfenster war nach unten gekurbelt, so daß er jedes Geräusch wahrzunehmen vermochte, das den gleichmäßig fallenden Regen übertönte. Der Wagen stand in einer kleinen Seitenstraße unter einer Laterne; die Straße befand sich am Fuße von Richmond-Hill. Wer Carters Haus verließ, mußte früher oder später hier vorbei. Der Mann bückte sich und streifte die Schuhe von den Füßen, ohne dabei den Blick von der Straße zu nehmen. Während er die nassen Sok- ken von den Füßen rollte, geisterte ein düsteres Lächeln über seine Züge. Nicht alles war nach Plan gegangen. Julia lebte noch. Er hatte Pech gehabt, Pech im doppelten Sinne. Aber es war ihm doch gelungen, die Gefahren zu meistern, denen er sich leichtsinnigerweise ausgesetzt hatte. Er war wieder in den Besitz seiner Sachen gelangt und hatte damit Carter sowie der Polizei einige wichtige Anhaltspunkte entzogen. Der Mann im Wagen rieb sich einen Moment die bloßen Füße, dann schlüpfte er wieder in die Schuhe. Das war verdammt schwer, denn die kalten Füße sperrten sich gegen das feuchte Leder. Als er es endlich geschafft hatte, dehnte und krümmte er unablässig die Zehen, um die Füße warm zu bekommen. Mein sogenannter Plan war Pfuscharbeit, gestand er sich ein. Laienkram. Ich ging eigentlich nur davon aus, daß ich das Haus kenne und daß Julia sich nach dem für sie obligaten Alkoholgenuß gezwungenermaßen zurückziehen wird. Ich setzte weiter voraus, daß es ein leichtes sein würde, die Tür zum Hinterausgang zu öffnen. Tatsächlich klappte alles soweit ganz gut. Dann beging ich einen Fehler. Ich ließ meine Sachen unter dem Vordach zurück, weil ich mir nicht vorzustellen vermochte, daß Carter oder einer seiner Gäste auf diesem Weg nach draußen gehen würden. Was im übrigen noch geschah oder auch nicht geschah, war ausgemachtes Pech. Wie konnte ich ahnen, daß der Fremde bei Julia nur halbe Arbeit leisten würde? Ich war fest davon überzeugt, daß er sie getötet hatte. Dann kam der Schock mit den verschwundenen Kleidern. Ich irrte im Garten umher, in Socken, mit hochgekrempelten Hosen und hochgestelltem Kragen. Ich merkte, wie der Anzug seine Form verlor, aber ich dachte nur an den Regenmantel, an die Schuhe und Galoschen, und natürlich an den Schirm. Wer hatte die Sachen an sich genommen, und wohin waren sie verschwunden? Dann sah ich Julia im Garten. Ich ging auf sie zu, weil ich vollenden wollte, was ich mir vorgenommen hatte. Aber sie schrie so laut und hysterisch auf, daß ich sofort die Flucht ergiff...  
    Sie kann mich nicht erkannt haben, das ist sicher. Aber wie steht es mit Gladys Brooks, die mein Gesicht am Fenster sah? Sie kann mich nur für den Bruchteil einer Sekunde wahrgenommen haben. Reichte dieser Moment aus, um das Uhrwerk ihrer Erinnerung in Gang zu bringen? Der Mann im Wagen kaute nervös auf seiner Zigarette herum. Er bewegte unruhig die Schultern und spürte dabei den regenfeuchten Geruch seiner Kleidung. Am Knie und an den Schultern hatte der Regen seinen Anzug durchdrungen. Ihm war kalt und ungemütlich, und er sehnte sich nach der Wärme seines Bettes. Aber jetzt war keine Zeit, schlafen zu gehen. Plötzlich hörte er etwas. Er nahm die Zigarette aus dem Mund. Sein Körper spannte sich. Ein Wagen kam den Richmond-Hill herab. Das war Burgos. Er fuhr diesmal nicht sehr rasch, und als das Fahrzeug an der Straßeneinmündung vorbeirollte, erkannte der einsame Beobachter drei Menschen in dem Auto: Burgos am Steuer, neben ihm Conway und im Fond des Wagen Gladys Brooks. Wo war Julia? Er konnte nicht glauben, daß sie den Mut besaß, mit ihrem Onkel allein im Haus zurückzubleiben. Nicht nach dem, was in dieser Nacht geschehen war. Er wartete weiter. Der Regen tropfte gleichmäßig auf das Wagendach, und

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