Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry
Privatdetektiv mit der Aufgabe zu betrauen, das Vorleben unserer süßen Monika zu durchforschen. Er stieß dabei auf höchst erstaunliche Dinge. Er fand heraus, daß das Mädchen schon verdammt früh damit begonnen hat, sich für Männer zu interessieren — besonders dann, wenn sie über eine dicke Brieftasche verfügen. Komme mir also bitte nicht mit dem Märchen, ich hätte eine Minderjährige verführt. Monika weiß so viel von der Liebe wie du und ich."
Julia biß sich auf die Unterlippe. „Das war mir nicht bekannt."
„Nun, jetzt weißt du es. Du weißt auch, daß du nichts mehr von mir erhältst. Keine Zuwendung. Kein Geld, nichts. Ich kenne jetzt Gladys Brooks. Sie tut ganz verliebt, aber natürlich weiß ich, daß ihre Liebe nicht mir, sondern meiner Brieftasche gilt. Immerhin kann Gladys die Rolle übernehmen, die du bisher in diesem Hause spieltest. Sie wird mir die Leute vprstellen, mit denen ich nun mal gern Umgang pflege. Ihre Beziehungen zum Theater sind nicht viel schlechter als deine. Du kannst abtreten, mein Kind!"
„Glaubst du wirklich, ich würde so einfach verschwinden — nur weil du es wünscht und sagst? Du kannst nicht erwarten, daß ich mich so rasch geschlagen gebe."
„Du bist in einer üblen Situation, mein Kind. Du..."
„Ich bin nicht dein Kind!" schrie Julia.
„Oh, so verärgert? Es hat dir doch sonst nichts ausgemacht, wenn ich den zärtlichen Ton des liebenden Verwandten anschlug. Aber du hast natürlich recht. Es gibt nichts, was uns bindet — ausgenommen die schon erwähnten Bande des Blutes. Aber die hast du mit deinem Benehmen schon vor mir zerschnitten."
Julia stand auf. „Ich gehe jetzt. Du wirst noch von mir hören."
„Ich nehme an, du ziehst dich nach oben zurück?"
„Ich denke nicht daran. Meinst du, ich will mich erneut der Gefahr des Getötetwerdens aussetzen? Unter diesem Dach werde ich nie wieder ruhig schlafen können. Nein, ich bestelle mir ein Taxi und lasse mich nach Hause bringen. Dort fühle ich mich sicher und geborgen."
„Bitte, das steht dir frei. Ich bin der letzte, der dich aufzuhalten versucht."
Julia trat ans Telefon. Sie zögerte ein wenig, den Hörer abzunehmen. Dann wandte sie sich um und sagte: „Ach, Unsinn. Ich schlafe im Sir Raleigh. Das Hotel ist nur ein paar Straßenzüge vom Richmond- Hill entfernt. Die Leute dort kennen mich."
„Du solltest trotzdem ein Taxi nehmdn. Ich verspüre wenig Lust, um diese Zeit durch den Regen zu laufen."
„Auf deine Begleitung verzichte ich. Deine fragwürdige Hilfe kannst du dir schenken."
„Dein Mut erstaunt mich."
„Mut? Ich möchte wissen, was meine Entscheidung damit zu tun hat. Sie beweist doch nur, daß ich ängstlich bin. In diesem Haus fühle ich mich bedroht. Darum gehe ich. Was kann mir schon auf der Straße zustoßen?"
„Bevor du gehst, solltest du dein Make-up in Ordnung bringen. Du mast einen reichlich zerzausten Eindruck. Außerdem mußt du das Blut von deiner Hand abwaschen."
Julia ging zur Tür. „Das brauchst du mir nicht zu sagen."
Zehn Minuten später kam sie zurück. Sie trug einen olivfarbigen Regenmantel aus schimmerndem Nylonmaterial. In der Hand hielt sie ihre Tasche und ein kleines Stadtköfferchen. Sie war frisch geschminkt, und ihr blondes Haar war sorgfältig frisiert.
„Wir haben uns also nichts mehr zu sagen?" fragte Jonathan Carter, der sich langsam, die Hände in den Jackettaschen, auf Julia zubewegte.
Julia lächelte spöttisch, als er kurz vor ihr stehenblieb. „Im Gegenteil. Wir sind durchaus noch nicht miteinander fertig. Ich halte es nur für ratsam, die Diskussion abzubrechen. Morgen sehen wir weiter."
„Immer vorausgesetzt", meinte Jonathan Carter mit dünnem Hohn, „daß es für uns ein Morgen gibt."
Sie blickte ihn scharf an. „Soll das eine Drohung sein?"
„Mein liebes Kind — oh, pardon, ich vergaß deinen Unmut — also meine liebe Julia, du wirst zugeben, daß wir unser Schicksal nicht immer selbst zu bestimmen vermögen. Niemand weiß, was in dieser Nacht noch geschehen wird. Sieh mich an! Ich bleibe allein in diesem Haus zurück, ohne zu wissen, ob unser unheimlicher Besucher noch einmal zurückkehren wird."
„Ich durchschaue dich. Du willst mir nur Angst einflößen. Du willst mich nervlich zermürben."
„Das wäre doch höchst kindisch. Was sind meine Worte schon im Vergleich zu dem, was du in dieser Nacht erleben mußtest?"
„Da hast du allerdings recht."
„Nur noch eine Frage. Nehmen wir einmal an, dir widerfährt
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