Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
gerne etwas hören, das mich an die Erde erinnert“, ließ Konstantin die Anderen sein spezielles Interesse wissen.
„Etwas, das es nur auf der Erde gibt und eine Erklärung, wie ich es hinbekomme, Gedichte zu schreiben? Nun, ich glaube, da hätte ich was parat, das beides beinhaltet“, meinte Alfred, bevor er sich in Positur warf und mit dem Vortrag begann:
„Die Dusche
Heißes Wasser prasselt auf mich ein,
zu wenig, um mich zu bezwingen,
die Menge groß, die Tropfen klein,
drum wird es mir nur Vorteil bringen.
So lass ich´s mir behaglich sein.
Nicht nur, weil ich mehr Reinheit wollte,
hielt ich den Strahl mir ins Genick,
auch weil es mich erquicken sollte,
benetzte ich mir Bauch und Rück´.
Das sanfte Plätschern lullt mich ein.
Doch mehr als nur dem Geist Entspannung,
verspricht mir diese feuchte Kur,
denn besser als die feinste Planung
hilft der Kreativität der Reime nur
- warmes, sanftes, wohl´ges Rinnen, -
herab, vom Kopf zu Fuß und Bein.“
Silana musste sich erst einmal das Konzept einer Dusche erklären lassen. „Ich verstehe nicht ganz, warum das so toll sein soll. Wenn es euch fehlt, wäre solch ein Gerät doch einfach nachzubauen“, beschied sie.
„Das wäre natürlich möglich, wenn auch vielleicht nicht für mich als Waldläuferin. Es ist nur so, dass die Vorstellung einer richtigen Dusche uns alle an unsere Heimatwelt erinnert, wo sie … ein Stück Alltag war“, versuchte sich Verena an einer Erklärung.
Die Unterhaltung wandte sich daraufhin lange Zeit der Vergangenheit auf der Erde zu. Für Silana, Senigara und Serak waren diese Themen reine Science-Fiction. Für Verena, Konstantin und die Mitglieder der Catjary stand die gemeinsame Erinnerung an unzählige Selbstverständlichkeiten aus ihrem zurückgelassenen Leben im Mittelpunkt. Es ging nicht um Eltern, Freunde oder persönliche Dinge, sondern um die Segnungen von elektrischen Wasserkochern, Fernsehern, Autos, Straßen, einem gemähten Rasen und dergleichen.
„Wenn ihr könntet, würdet ihr sofort auf diese Erde zurückkehren?“, erkundigte sich Serak unter dem Eindruck dieser sehr positiv gehaltenen Aufzählung.
„Ich weiß es nicht. Ich war hier glücklich, hatte alles, was ich mir je wirklich gewünscht habe. Für ein Leben als Sucher, mit einer wunderbaren Frau an meiner Seite, hätte ich mein Leben auf der Erde jederzeit getauscht. Wenn ihr mich jetzt fragt? Vaíl hat alles verraten, was mir hier lieb und teuer ist. Ich habe sie mit eigenen Händen getötet! Meine Stelle als Sucher könnte ich verlieren, weil ich fahrlässig Informationen an eine feindliche Agentin weitergegeben habe. Ich will diesen Fall noch aufklären. Ich muss verstehen, warum sie mich so hintergangen hat. Aber danach? Vielleicht würde ich zurück auf die Erde gehen, wenn das möglich wäre. Da das nicht der Fall ist, werde ich wahrscheinlich von hier fortgehen, sobald ich kann.“ Konstantin wurde sich erst jetzt, als er diese Worte aussprach dessen bewusst, dass er nicht in der Lage wäre, sein Leben hier in H´Cuudim einfach fortzusetzen.
Alf und Lena sahen sich kurz an, zuckten dann beide mit den Schultern. Lena entschloss sich, für sie beide zu sprechen: „Ich glaube, Alf und ich könnten in beiden Welten glücklich werden und jede Wahl würde uns schwerfallen. Das Leben auf der Erde hat nicht nur Vorteile. Außerdem haben wir uns hier eine tragfähige Existenz aufgebaut. Wiedersehen würde ich die Erde auf jeden Fall gerne. Vielleicht ist es gut, dass wir diese Wahl nicht haben.“
„Genau! Hier is´ manches cooler und da is´ auch was besser. Da kann man sich net entscheiden. Ich würd´ auf jeden Fall bei Lena und Alf bleiben …“, begann Rolf, doch dann fiel sein Blick auf Silana und schlagartig und übergangslos änderte sich seine Aussage komplett: „Natürlich is´ H´Veredy viel besser und schöner. Ich würd´ hier bleiben, is´ doch klar!“
Silana war es sichtlich peinlich, derartig angehimmelt zu werden. „Wie steht es mit Euch, H´Verena?“, fragte sie rasch, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
„Ich würde meine Familie besuchen, wenn sie nicht bereit wäre, herzukommen. Dauerhaft brächten mich keine zehn Pferde von H´Veredy fort. Der Dschungel ist ein Teil von mir geworden und auf der Erde gibt es nichts Vergleichbares. Eher würde ich mir ein Bein abhacken oder das Herz aus der Brust reißen. Auf der Erde war ich nichts. Hier bin ich Waldläuferin. Außerdem habe ich noch
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