Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Beweis.´
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Alfred war überrascht, als sie sich wenige Augenblicke nach dem Gespräch aus einer dichten Wand aus Unterholz herauskämpften. Friedlich sahen sie in der verborgenen Flussmündung die vor sich hin dümpelnde Flotte der Catjary liegen. Diese Verena!
In der Stadt hatte sie immer etwas Unsicheres und Zurückhaltendes an sich, trotz aller Verehrung, die ihr zuteilwurde. Im Dschungel war sie ein anderer Mensch. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich diese Dschungel-Verena leiden kann. Ich liebe die Natur. Aber als Außenstehender. Die unbarmherzigen, schmutzigen und harten Seiten könnte ich mir gerne sparen. Sie dagegen ist einfach ein Teil davon. Unglaublich, dass sie aus einer normalen deutschen Mittelstandsfamilie kommen soll. Egal. Jetzt müssen wir erst mal diese Flotte bereit zum Kampf und zum Auslaufen machen!
Damit war mehr als genug zu tun. Dass die Expeditionsleitung statt mit dem Flaggschiff auf dem Seeweg, durch einen Dschungeltreck zurückgekehrt war, musste von den Kapitänen und Offizieren vor Ort erst einmal verdaut werden. Verena hatte es geschafft, sie in sechzehn Tagen hierher zu führen. Der Seeweg in die Stadt würde einen weiteren Tag und eine Nacht kosten. Die Gegenoffensive sollte kurz vor dem ersten Morgengewitter beginnen. Da es jetzt später Nachmittag war, blieben etwas mehr als zwei lange Tage für die Vorbereitungen. An sich war die Flotte zwar ohnehin stets bereit für bewaffnete Auseinandersetzungen, aber das hier war etwas ganz anderes. Sämtliche überflüssigen Handelswaren mussten an Land geschafft werden. Die Schiffe, die für lange Fahrten eingerichtet waren, mussten für ein heftiges Gefecht umgestaltet werden. Alle Geschütze hatten optimal auf den Schiffen verteilt und positioniert zu sein. Die langsamen Geschützplattformen waren für den Überraschungsangriff wenig geeignet, die großen Handelspötte konnten dagegen nur ihr volles Potenzial ausschöpfen, wenn sie mit zusätzlichen Geschützen bestückt wurden. Dazu wiederum, mussten teilweise neue Stückpforten in die Bordwände geschlagen werden, denn was half schon eine Torsionsschleuder hinter einer massiven Wand? Natürlich musste genügend Munition der richtigen Kaliber bereitliegen. Teams für das Abdichten von durch Feindbeschuss entstandene Lecks wurden eingeteilt, und Benthan hatte alle Hände voll damit zu tun, Gruppen von Sanitätern zusammenzustellen und Feldlazarette auf allen Schiffen einzurichten. Die Geschützgefechte durften freilich nur der Auftakt des Überraschungsangriffs sein. Wenn alles einigermaßen funktionieren sollte, mussten die verschiedenen Kämpfer der Flotte im Voraus so eingeteilt werden, dass es keiner langen Anweisungen mehr bedurfte. In H´Cuudim musste feststehen, wer feindliche Schiffe entern und wer an Land vorstoßen sollte, um die Hafenkommandantur der Invasoren zu überrennen.
Vordringlicher war es, die Mannschaften selbst dazu zu bewegen, sich mit Leib und Seele diesem Kampf anzuschließen. Lena, Velinas und Alf machten sich nicht die Illusion, dass das selbstverständlich sei. Daher trat Alfred am Nachmittag des folgenden Tages vor die versammelte Mannschaft. Die meisten Vorratsbeschaffungstrupps waren inzwischen zurückgekehrt, und so waren die Besatzungen mehr oder weniger vollzählig. Allerdings hatten die Leute auch schon Zeit gehabt, sich darüber klar zu werden, dass hier eine große Schlacht vorbereitet wurde und fragten sich nicht ganz zu Unrecht, wieso sie ihr Leben riskieren sollten, um eine ihnen zumeist fremde Stadt zu befreien. Daher war Alfred heilfroh, dass hinter und neben ihm alle Kapitäne und anwesende Führungspersönlichkeiten der Catjary standen, um ihm Rückendeckung zu geben.
„Frauen und Männer!“, rief er, damit alle ihn gut hören konnten. „Die Flotte der Catjary wird übermorgen mit der ersten Flut auslaufen, um bei der Befreiung der Stadt H´Cuudim zu helfen! Das ist keine Handelsfahrt, sondern Krieg! Niemand von euch wurde für einen Krieg angeworben. Daher kann jeder, der das wünscht, vorher seine Entlassung erwirken. Niemand soll sagen, er wäre zu diesem Kampf gezwungen worden! Ich und all diejenigen, die hier hinter oder neben mir stehen, wollen euch darum bitten, dieses Angebot nicht anzunehmen! Wir selbst werden uns in diesen Kampf stürzen! Es wird uns daraus großer Verlust entstehen! Auch wenn alles gut geht, verlieren wir mit Sicherheit einen großen Teil unserer Schiffe! Wollt ihr wissen, warum wir uns trotzdem
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