Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
bisschen feige sind. Das ist vielleicht auch eine Form von Mut.“
Alf küsste Lena nach diesen Worten lange und leidenschaftlich. Das macht er, um mich daran zu hindern ihm zu widersprechen. Eigentlich sollte ich ihm böse sein, mich so zu manipulieren. Ach, was denke ich da wieder für einen Unsinn daher. Die Manipulation funktioniert. Es geht mir etwas besser. Wenn ich ihn nicht gerade küssen würde, müsste ich jetzt denken: Ich könnte ihn küssen. Oje. Ich bin ein totales Gefühlswrack.
„Es ist noch mehr als meine Schwäche und irgendwelche Vernunftgründe, die dich zu größerer Vorsicht veranlassen“, argwöhnte Lena.
„Ja. Da hast du mich durchschaut. Es ist die Sache mit diesem Konstantin. Als ich ihn kennengelernt habe konnte ich ihn spontan nicht leiden. Richtig warm mit ihm geworden bin ich auch später nicht. Dann ist er in der Schlacht gefallen und ich hatte gleich ein schlechtes Gewissen, als hätte ich ihn selbst umgebracht, weil ich ihn wegen ein paar dummer Äußerlichkeiten ein bisschen verachtet habe und es nach seinem Tod immer noch nicht lassen konnte. Dann ist mir aufgegangen, warum: Wenn dieser Konstantin einer von den Guten ist, muss ich mir eingestehen, dass hier nicht automatisch die Erdlinge obsiegen, nur weil sie auf der richtigen Seite stehen. Mit dem Verstand habe ich das natürlich gewusst. Aber gefühlsmäßig konnte ich es erst dadurch begreifen. Das hat mir zu denken gegeben.“
„Mein armer Schatz“, erwiderte Lena.
*
Rolf machte die Kälte nicht viel aus. Doch die Riesenlibelle auf der er ritt, pfiff auf dem letzten Loch. Derartige Höhen gehörten nicht zum normalen Lebensraum dieser Insekten. Jetzt mussten sie, durch seltsame Kräfte in den Dienst gezwungen, seit Tagen Menschen und Ausrüstung zu den Schneefeldern des höheren Tafelberges hinauf fliegen. Rolf gehörte zu den letzten der fünfhundert ausgewählten Kämpfer, die die Minenstadt von oben stürmen sollten. Tatsächlich schaffte es das Tier nicht bis zum vorgesehenen Landeplatz und fiel kurz vorher in ein Bett aus tiefem Schnee. Rolf kullerte herunter. Schade, warn geiler Ritt. Vorbei. Mist, dachte er, als er sich aufrappelte und zu dem notdürftigen Feldlager stapfte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sein Reittier wieder aufstieg und mit den beiden Begleitern aus Tarz Bargons Truppe abdrehte. Richtig. Zum Ärgervermeiden bleib´n diese Aliens außer bei Transporten für sich. Auch schade. Hätt´ die gern´ ma´ kämpfen seh´n. Die geh´n bestimmt richtig ab. Wie Hulk oder so.
Dieses Privileg würde ihm wohl nicht zuteilwerden. Tarz Bargons Leute waren zwar ebenfalls hier oben, ihr Ziel würde aber ein anderes sein. Direkt über der Hafeneinfahrt gab es auf dem hohen Plateau ein Kastell, das bei der Invasion durch Verrat gefallen war. Dort gab es schwere Geschütze, die die ganze Hafeneinfahrt bestreichen konnten. Solange sie von Lianta Xintall kontrolliert wurden, konnte jede Rückeroberung von der Seeseite nur in einer Niederlage enden. Bargon hatte sich die Befestigungen aus der Luft angesehen und festgestellt, dass sie ein angemessenes Angriffsziel für ihn und seine Leute seien. Das hatte Rolf von Vilana erfahren.
Apropos Vilana. Ja, da steht sie. Unerreichbar schön.
Schon wieder führte sie kluge Beratungen mit den anderen Offizieren. Immerhin hatte sie einen großen Teil der freiwilligen Milizen auf die Beine gestellt, zusammen mit Konstantin, von dem sie das Kommando darüber geerbt hatte.
Bin jetz´ ihr persönlicher Leibwächter, dachte Rolf. Voller Stolz trat er zu ihr. Zum abertausendsten Mal wurde ihm bewusst, dass ihm ´persönlicher Leibwächter´ bei Weitem nicht persönlich genug war.
An diesem Sturmangriff würden noch Reste der regulären Truppen H´Cuudims beteiligt sein. Daher redete Vilana auch wohl gerade mit einigen echten Offizieren, die Rolf nur zum Teil kannte.
„Es dürfte zumindest allen klar sein, dass wir ohne größere Vorräte nicht länger, als bis zum vereinbarten Angriffszeitpunkt hier oben bleiben können. Es wird jeder verstehen, dass wir keine Wahl haben, als die Minenstadt bis zur Talsohle in unsere Gewalt zu bringen. Wir müssen den Leuten aber klarmachen, dass es fatal wäre, dort stehenzubleiben. Dieser Stadtteil ist nichts als ein riesiger Industriekomplex. Es gibt kaum natürliche Nahrungsquellen in diesem felsigen Tal“, führte Vilana aus.
„Richtig. Es darf nicht dazu kommen, dass wir mit den tausenden befreiten Sklaven und den
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