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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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ein, die vor zwei Jahren zum Ärzteteam des Nightingale Health Centre gestoßen war.
    Fay wartete bis zum Ende der Abendsprechstunde, dann meldete sie sich mit dem für sie typischen Klopfzeichen – einem Rata-tat-tat spröder Fingernägel, das bei allen ihren Kollegen und Kolleginnen die gleiche Reaktion hervorrief. »Haben Sie einen Moment Zeit?«, fragte sie, den Kopf ins Zimmer streckend, mit gewollter Munterkeit.
    »Tut mir Leid, im Moment nicht.« Sophie stürzte sich über die Tastatur ihres Computers und begann wie besessen irgend einen Unsinn zu tippen, der ihr gerade in den Kopf kam. »Ich muss dringend noch ein Protokoll schreiben«, erklärte sie dabei, »und dann ab nach Hause. Tut mir wirklich Leid, Fay. Hat die Sache nicht bis morgen Zeit?«
    Es half nichts. Es half nie. Die grässliche Person schob sich einfach ins Zimmer und deponierte ihren spitzen Hintern auf der Schreibtischkante. Sie war wie gewohnt vorbildlich gekleidet und tadellos frisiert, rein äußerlich ein Ausbund an Kompetenz und Professionalität. In ihrem Inneren allerdings sah es ganz anders aus. Sie war in einem Teufelskreis gefangen. Einerseits versuchte sie verzweifelt an dem Einzigen festzuhalten, was ihrem Leben Sinn gab – an ihrer Arbeit; andererseits hatte ihr Hass auf die Menschen, mit denen sie zu tun hatte – Patienten und Kollegen gleichermaßen – katastrophale Ausmaße erreicht.
    Sophie hatte den Standpunkt vertreten, dass es das Beste wäre, sie vorzeitig in den Ruhestand zu schicken und ihr psychologischen Beistand anzubieten, damit sie mit der Leere in ihrem Lebens zurechtkäme. Der leitende Arzt der Praxisgemeinschaft – mit weit weniger Verständnis für frustrierte alte Jungfern, die am liebsten über andere herzogen – hielt es für klüger, schlafende Hunde nicht zu wecken. In drei Monaten werde man sie sowieso los sein, meinte er. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn sie ihre Patientin gewesen wäre; aber sie hatte der Konkurrenz am anderen Ende der Stadt den Vorzug gegeben. »Ich könnte mich nie vor Leuten ausziehen, die ich kenne«, hatte sie kokett erklärt.
    Als interessierte das jemanden!
    »Ich brauche nur eine Minute«, zwitscherte Fay jetzt mit ihrer Kleinmädchenstimme. »Sechzig Sekunden werden Sie doch für mich übrig haben, Sophie.«
    »Wenn es Sie nicht stört, wenn ich dabei meine Sachen packe.« Sophie seufzte innerlich. Sie schaltete ihren Computer aus und schob ihren Stuhl zurück, wobei sie sich fragte, welche ihrer Patientenkarten sie soeben mit ihren wilden Tippübungen vollgepflastert hatte. Es war immer dasselbe. Sobald man es mit Fay zu tun bekam, ließ man sich die blödsinnigsten Dinge einfallen, nur um der Unglücksperson irgendwie zu entkommen. »Ich bin um acht mit Bob verabredet.«
    »Stimmt es, dass Sie heiraten?«
    »Ja«, bestätigte Sophie, froh, sich auf sicherem Terrain zu befinden. »Ich hab ihm die Pistole auf die Brust gesetzt.«
    »Also, ich würde niemals einen Mann heiraten, der im Grunde genommen gar nicht will.«
    »Aber Fay, das war doch nur Spaß.« Sophies Lächeln erlosch angesichts der herabgezogenen Mundwinkel der anderen. »Ach, lassen wir's einfach, es ist ja nun wirklich keine weltbewegende Neuigkeit.« Sie zog den Zopf, der ihr bis zur Taille hinunterfiel, über die Schulter nach vorn, und begann, ihn mit den Fingern auszukämmen. Dabei lenkte sie ganz ohne Absicht die Aufmerksamkeit auf ihre natürliche jugendliche Frische.
    »Melanie Patterson hat's mir erzählt«, bemerkte Fay giftig. »Ich hätte Sie schon letzte Woche drauf angesprochen, aber sie hat gesagt, es wäre ein Geheimnis.«
    Mist! »Ach, ich wollte einfach das Schicksal nicht herausfordern. Ich meine, nicht, dass Bob es sich in letzter Minute noch anders überlegt«, erklärte Sophie, auf ihren Zopf konzentriert. Sie machte ihren Verlobten schlecht, aber wenn sich dadurch der nächste Krach mit Fay über Melanie Patterson vermeiden ließ, wollte sie das gern auf sich nehmen. Sie und Fay waren bereits in der vergangenen Woche heftig aneinander geraten, und sie legte nicht den geringsten Wert auf eine Wiederholung der Szene.
    »Sie sagte, Sie hätten sie zur Hochzeit eingeladen.«
    Mist und noch mal Mist! Sophie stand auf und ging zu dem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand, nur um nicht in Fays vorwurfsvolles Gesicht sehen zu müssen. »Bis dahin ist es noch eine Ewigkeit«, log sie. »Die Einladungen gehen frühestens in vier Wochen raus.« Im Spiegel sah sie, dass Fays Miene sich

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