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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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vor einem falsch gewählten Wort
    kannte, das bei anderen Atmas Misstrauen erweckt, vielleicht sogar die heimliche Meldung an einen EH, einen Ethik-Hüter, nach sich gezogen hätte. In den
    frühen Jahren des Gymnasiums hatte Ben es sich zur Gewohnheit gemacht, kleine Botschaften hier zu verbergen, unter einem Brett der Dachverschalung, das man
    erreichte, wenn man an einer bestimmten Stelle auf die Bank stieg. Das Brett hatte sich von dem Nagel gelöst, der es an seinem Querbalken festhalten
    sollte, ließ sich zur Seite biegen, dass zwei Finger Platz fanden in dem Spalt, hinaufgreifen konnten in den Hohlraum zwischen den Hölzern und der
    eigentlichen Abdeckung des Daches, um das dort Deponierte zu ertasten und hervorzuziehen, einen Zettel mit einem Witz, einen obszönen Vers auf eine
    Lehrerin, einen Ausschnitt aus einem verbotenen Magazin. Kleine Verschwörungen, die das Band der Freundschaft enger zogen, es hervorhoben aus dem Einerlei
    flüchtiger Schülerbeziehungen. Während Aron der Spur dieser Erinnerung folgte, die ihn an den fast vergessenen Platz getrieben hatte, vollzog er den Gang
    der Gedanken mit seinem Körper nach, stieg auf die Bank, fand das Brett, das noch immer nicht ausgebessert war, schob es zur Seite, tastete in den
    Hohlraum, mit der gleichen aufgeregten Neugierde wie damals als Schüler, zugleich innerlich höhnend über die Sinnlosigkeit seines Tuns, das ihn wie einen
    Verrückten scheinen ließ, der Vergangenes durch törichte Wiederholung gewohnter Handgriffe zum Leben erwecken will. Vor vielen Jahren schon waren diese
    albernen Heimlichkeiten plötzlich vergessen gewesen. Und doch, der feucht modrige Geruch, der Aron anwehte, als er das Brett hob, war vertraut wie je. Aron
    musste lächeln, verloren in der Erinnerung an diese abgelebte Zeit, doch als er das kleine, kalte Päckchen mit den Fingerspitzen ertastete, durchfuhr ihn
    ein neuer Stich der Angst, wie vorhin, als die Krähen aufgeflogen waren. Aron versuchte das Etwas zu greifen, das er an den Kuppen der Finger spürte, schob
    es in seiner Aufregung ein Stück tiefer in den Hohlraum hinein, musste sich strecken, um es wieder zu finden, zog es zu sich, nestelte es nervös aus der
    Öffnung hervor. Eine zusammengefaltete Plastiktüte, in die ein harter, eckiger Gegenstand gewickelt war. Aron sprang von der Bank, setzte sich, blickte
sich um, bevor er seinen Fund auspackte. Eine Tonbandkassette, zum Schutz gegen Nässe und Staub in die Tüte gesteckt, eine Zusammenstellung von Hits der
Heavenly Lights
, der berühmtesten Musikgruppe der Liga. Enttäuschung. Jemand hatte den Hohlraum unter dem Brett entdeckt und nutzte ihn wieder als
    geheimen Briefkasten. Vielleicht wiederholten zwei Schulfreunde die gleichen Rituale kindischer Verschwörung, die Aron und Ben gepflegt hatten. Aron drehte
    die Kassette in der Hand. Fröhlich lachende Männer und Frauen auf dem Cover verspotteten seine Enttäuschung. In der rechten unteren Ecke aber, akribisch
    hineingemalt in das weiße Kleid einer der abgebildeten Sängerinnen, das Initial Bens, der in lässigem Schwung gezeichnete, von einem Kreis gerahmte
    Buchstabe B. Seit Langem hatte Aron dieses Zeichen nicht mehr gesehen, doch nun schien es selbstverständlich, es auf dieser Kassette wiederzufinden, als
    sei sie das letzte Glied in der Kette ihrer Freundschaft, das herüberreichte aus einer lange verlorenen Vergangenheit in das Heute, in dem Ben tot war,
    tot.
    Aron blickte sich um, als fürchte er, bei etwas Verbotenem beobachtet zu werden. Schweigend lag der Park. Die Krähen hockten bewegungslos in ihren Bäumen,
    erwarteten die Nacht. Arons Erregung wollte sich nicht legen. Feuchte Kälte kroch durch seine Jacke. Er schob die Kassette in die Tasche und verließ den
    Sitz auf dem Hügel, versuchte unbefangen zu gehen, als er auf den Hauptweg gelangte, die Hand in der Jackentasche um das kalte Plastik gekrampft, in das
    Bens Kassette gehüllt war, klein und kantig. Nur einem dummen Einfall folgend, einer sentimentalen Erinnerung, hatte er sie gefunden. Musste oft an unseren
    alten Platz im Park denken, wo wir immer gute Gespräche hatten...’ Ben hatte es gesagt mit erregter Stimme, die sich fast zu einem Flüstern senkte, als sei
    dieser verschlüsselte Hinweis schon zu viel, als könne er etwas Wichtiges verraten, als werde er abgehört von den Ethik-Hütern. Ja, sie hatten gute
    Gespräche hier gehabt. Hier war ihre Freundschaft gewachsen in schwärmerischen Fantasien über die Ideale

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