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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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in der lapidaren Sprache der Edelsteine, die ihn schmückten. Jaspis für den Glauben, Chalzedon für die Caritas, Smaragd für die Reinheit, Sardonyx für die Stille des jungfräulichen Lebens, Rubin für das blutende Herz auf dem Kalvarienberg, Chrysolith mit seinem vielfarbigen Funkeln für die Vielfalt der Wunder Maria, Hyazinth für die Mildtätigkeit, Amethyst mit seinem Schillern von Rosa zu Blau für die Liebe zu Gott . . . Doch eingelegt in die Fassung waren noch andere Substanzen, nicht minder beredte, so der Kristall, der auf die Keuschheit der Seele und des Leibes verweist, der Lynkur, der dem Bernstein ähnelt, Symbol der Mäßigung, und der Magnet, der Eisen anzieht, wie die Jungfrau Maria die Saiten der reuigen Herzen anrührt mit dem Bogen ihrer Güte . . . Lauter kostbare Minerale also, die hier, wie du siehst, wenngleich in winziger und bescheidenster Dimension, auch meinen Ring schmücken.«
    Er bewegte die Hand und blendete mir die Augen mit dem Gefunkel des Ringes, als wollte er mich betäuben. »Eine wundervolle Sprache, nicht wahr? Für andere Patres bedeuten die Edelsteine noch anderes.
    Für Papst Innozenz III. verweist der Rubin auf die Ruhe und auf die Geduld und der Granat auf die Caritas.
    Für Sankt Bruno bündelt der Aquamarin in der Kraft seines klaren Leuchtens die theologische Wissenschaft.
    Türkis bezeichnet die Freude, Sardonyx evoziert die Seraphim, Topas die Cherubim, Jaspis die Throne, Chrysolith die Herrschaften, Saphir die Tugenden, Onyx die Mächte, Beryll die Fürstentümer, Rubin die Erzengel und Smaragd die Engel. Die Sprache der Edelsteine ist vielgestaltig, jeder drückt mehrere Wahrheiten aus, je nachdem, aus welcher Sicht man ihn liest und in welchem Kontext er aufscheint. Wer aber entscheidet, auf welcher Stufe man ihn zu deuten hat und welcher Kontext der richtige ist? Du weißt es, Novize, deine Lehrer haben es dich gelehrt: kein anderer als die Auctoritas, der sicherste Kommentator von allen, der mit dem größten Ansehen, folglich auch mit der reinsten Heiligkeit! Wie anders könnte man sonst die vielgestaltigen Zeichen deuten, die uns die Welt vor unsere sündigen Augen hält? Wie den Zweideutigkeiten entgehen, in die der Böse uns einzufangen versucht? Merke, mein Sohn: Nichts ist dem Teufel so sehr verhaßt wie die Sprache der Edelsteine, die heilige Hildegard hat es bezeugt! Luzifer, der gefallene Engel, sieht darin eine Botschaft, die auf verschiedenen Sinn- oder Wissensstufen erstrahlt, und er möchte sie umkehren und auf den Kopf stellen, denn er erkennt im Strahlen der Steine den Widerschein jener Herrlichkeiten, die er einst vor dem Fall besaß, und er weiß, daß dieses Funkeln hervorgebracht wird vom Feuer, seiner Tortur . . .« Der Abt reichte mir seinen Ring zum Kuß, und ich kniete nieder. Er strich mir sanft übers Haar. »So vergiß denn nun, Jüngling, vergiß die zweifellos unwahren Dinge, die du gehört hast in diesen Tagen. Du bist in den größten und edelsten aller Orden eingetreten, ich bin ein Abt dieses Ordens, du stehst unter meiner Jurisdiktion. Vernimm also meinen Befehl: Vergiß, und mögen deine Lippen für immer versiegelt bleiben! Schwöre!«
    Bewegt, betört, überwältigt, wie ich war, hätte ich sicher geschworen – und du, lieber Leser, könntest nun nicht diese meine getreue Chronik lesen. Doch da griff William ein, nicht so sehr, um mich am Schwören zu hindern, als vielmehr aus instinktivem Widerwillen, aus Überdruß, um dem Abt in die Parade zu fahren, um den Zauber zu brechen, den er aufgebaut hatte mit seinen beschwörenden Worten und Gesten,
    »Was hat der Junge damit zu tun? Ich habe Euch eine Frage gestellt, ich habe Euch vor einer Gefahr gewarnt, ich habe Euch gebeten, mir einen Namen zu nennen! Wollt Ihr, daß auch ich den Ring küsse und Euch schwöre, alles sofort zu vergessen, was ich hier gehört und gesehen habe?«
    »Oh, Ihr . . .«, versetzte der Abt melancholisch. »Nein, von einem Bettelbruder erwarte ich nicht, daß er die Schönheiten unserer Tradition versteht, noch daß er die Zurückhaltung, die Geheimnisse, die Mysterien der Caritas respektiert . . . jawohl, der Caritas, und den Sinn für die Ehre, und das Schweigegebot, auf dem unsere Größe beruht . . . Ihr habt mir von einer sonderbaren Geschichte erzählt, von einer ganz und gar unglaubwürdigen. Ein verbotenes Buch und jemand, der etwas weiß, was nur ich allein wissen dürfte . . .
    Märchen, sinnlose Spekulationen! Faselt nur weiter davon,

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