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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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erschien, dann ein lateinischer und schließlich ein griechischer …«
    Ich entsann mich der vier Titel, die wir vorhin im Katalog gelesen hatten. Die ersten beiden waren mit »ar.« und »syr.« bezeichnet. Es war wirklich das Buch ! Aber schon stieß William nach: »Du hast es also berührt und bist nicht daran gestorben. Man stirbt also nicht an der bloßen Berührung! Nun zu dem griechischen Text: Was kannst du mir darüber sagen? Hast du ihn angesehen?«
    »Nur ganz kurz, gerade lang genug, um festzustellen, daß er keinen Titel trug und mitten im Satz begann, als ob der Anfang fehlte …«
    » Liber acephalus …«, murmelte William.
    »Ich habe die erste Seite zu lesen versucht, aber um ehrlich zu sein, ich kann nicht besonders gut Griechisch, ich hätte mehr Zeit dafür gebraucht. Außerdem gab es da noch eine andere Besonderheit, die meine Neugier weckte, gerade bei den griechischen Seiten. Ich habe den Text nicht ganz durchgeblättert, weil es nicht ging: Die Seiten waren … wie soll ich sagen … wie durchtränkt von Feuchtigkeit, sie ließen sich kaum voneinander lösen. Zumal das Pergament irgendwie seltsam war, weicher als sonst Pergamente … Die Art, wie die erste Seite zerfaserte, fast zerfiel, das war … nun ja, eben seltsam …«
    »Seltsam – denselben Ausdruck benutzte auch Severin«, warf William ein.
    »Das Pergament sah nicht wie Pergament aus … eher wie Stoff, aber ganz dünner …«
    » Charta lintea oder, wie die Spanier sagen, pergamino de pano !« rief William aus. »Leinenpapier! Hast du das noch nie gesehen?«
    »Gehört habe ich schon davon, aber gesehen habe ich's, glaub ich, noch nie. Es soll sehr teuer sein und sehr empfindlich. Deswegen wird es selten benutzt. Die Araber stellen es her, nicht wahr?«
    »Sie waren die ersten, aber es wird auch hier in Italien hergestellt, in Fabriano. Und auch … aber ja, natürlich!« Williams Augen funkelten plötzlich. »Was für eine schöne und interessante Entdeckung! Bravo, Benno, jetzt wird mir vieles klar! Papier ist vermutlich sehr selten in dieser Bibliothek, weil sie in den letzten Jahrzehnten nicht viele neue Bücher erworben hat. Außerdem fürchten viele, daß es die Jahrhunderte nicht so gut überdauert wie Pergament, und das stimmt wohl auch. Man stelle sich vor, sie wollten hier etwas haben, das nicht dauerhafter als Bronze ist … Papier also, sieh mal an! Sehr gut, Benno, ich danke dir. Und hab keine Angst mehr, du bist außer Gefahr.«
    »Wirklich, William? Seid Ihr sicher?«
    »Ganz sicher. Wenn du auf deinem Posten bleibst. Du hast schon genug angerichtet.«
    Wir ließen Benno ruhiger, wenn auch noch nicht vollends beruhigt zurück und gingen durch das Skriptorium hinaus.
    »So ein Idiot!« knurrte William auf der Treppe. »Wir hätten den ganzen Fall schon aufklären können, wenn er nicht dazwischengekommen wäre …«
    Unten im Refektorium stießen wir auf den Abt. William bat ihn um eine Unterredung. Abbo konnte nicht länger aus weichen und sagte, wir sollten ein paar Minuten später in seine Wohnung kommen. Draußen war es jetzt klar, ein leichter Wind hatte sich erhoben.

NONA
    Worin der Abt nicht hören will, was ihm William zu sagen hat, sich statt dessen über die Sprache der Edelsteine verbreitet und den Wunsch äußert, daß die peinlichen Vorfälle in der Abtei nicht weiter ergründet werden.
    Die Wohnung des Abtes lag hoch über dem Kapitelsaal. Aus den Fenstern des großen und luxuriös ausgestatteten Raumes, in welchem er uns empfing, konnte man hinter dem Dach der Kirche den massigen Quader des Aedificiums aufragen sehen.
    Der Abt stand vor einem der hohen Spitzbogenfenster und bewunderte ihn gerade.
    »Herrliches Bauwerk!« rief er aus und wies mit großer Gebärde hinüber. »Seht, wie es in seinen Proportionen die Goldene Regel aufnimmt, die einst den Bau der Arche beherrschte. Drei Stockwerke übereinander, denn drei ist die Zahl der Dreifaltigkeit, drei Engel besuchten Abraham, drei Tage verbrachte Jonas im Bauche des Wals, drei Tage lag Jesus im Grabe, desgleichen auch Lazarus. Dreimal bat Christus seinen Vater, er möge den Kelch an ihm vorübergehen lassen, dreimal zog er sich zurück, um mit den Aposteln zu beten, dreimal verleugnete Petrus den Herrn, und dreimal zeigte der Auferstandene sich den Seinen. Drei an der Zahl sind die theologalen Tugenden, drei die heiligen Sprachen, drei die Teile der Seele, drei die Klassen verständiger Wesen: Engel, Menschen und Dämonen, drei die Arten des

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