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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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diese Weise eine Menge Schwierigkeiten erspart. Und ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht darüber im klaren, ob ich ihn wegen seiner Anpassungsfähigkeit bewundern oder wegen dieser Flucht einen Feigling nennen soll.“
    „Wir sind erheblich vom Thema abgewichen“, sagte Corinth verlegen. „Eigentlich wollten wir doch heute abend gemeinsam überlegen, was uns und der ganzen Welt bevorsteht.“ Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Mein IQ hat sich innerhalb der letzten Wochen von einhundertsechzig auf etwa zweihundert erhöht. Ich denke Dinge, die mir früher nie eingefallen wären. Meine früheren beruflichen Probleme erscheinen mir jetzt lächerlich einfach. Aber alles andere ist konfus. Meine Gedanken laufen mir manchmal auf den seltsamsten, phantastischsten Bahnen davon. Einige sind ganz schön wild und morbid. Ich bin übernervös, zucke bei jedem huschenden Schatten zusammen und fürchte mich gelegentlich ohne jeden Grund. Ab und zu kommt mir alles völlig grotesk vor – wie in einem Alptraum.“
    „Du hast dich nur noch nicht an deine neuen Geisteskräfte gewöhnt, das ist alles“, meinte Sarah.
    „Ich empfinde das gleiche wie Pete“, sagte Sheila.
    Ihre Stimme klang dünn und ängstlich.
    „Es ist das Ganze nicht wert.“
    Die andere Frau zuckte die Achseln und breitete die Hände aus. „Ich glaube, für mich sind sie eher eine Art großer Spaß.“
    „Eine Frage der grundlegenden Persönlichkeitsstruktur, die sich nicht verändert hat“, sagte Mandelbaum. „Sarah war schon immer praktisch und nüchtern veranlagt. Du nimmst deine neuen Fähigkeiten wahrscheinlich nicht ernst genug, Sarah. Für dich sind abstrakte Gedanken und Überlegungen nur ein Spielzeug, das nichts mit dem Ernst der täglichen Hausarbeit zu tun hat.“ Er entlockte seiner Pfeife mächtige Rauchwolken. „Und ich habe die gleichen verrückten Einfälle wie du, Pete, aber ich lasse mich nicht von ihnen beeinflussen. Das ist ein rein physiologisches Problem, und für solche Scherze habe ich wirklich keine Zeit. Im Augenblick gibt es wichtigere Dinge. Innerhalb der Gewerkschaft bildet sich plötzlich jeder ein, er habe die einzig richtige Methode entdeckt, nach der in Zukunft alles getan werden müsse. Ein Kerl in der Elektrikergewerkschaft bildet sich ein, die Elektriker müßten streiken und anschließend die Regierungsgewalt übernehmen! Irgend jemand hat neulich sogar auf mich geschossen.“
    „Was?“ Die anderen starrten ihn an.
    Mandelbaum zuckte mit den Schultern. „Zum Glück war er ein miserabler Schütze. Aber einige werden eben verrückt, während andere bösartig werden, wenn sie nicht wie die Mehrzahl einfach Angst haben. Wer wie ich versucht, den Sturm abzuwarten und allen Veränderungen nach Möglichkeit entgegenzutreten, muß sich damit Feinde machen. Die Menschen denken heutzutage wesentlich mehr nach, aber sie denken nicht mehr so geradlinig wie früher.“
    „Das ist ganz logisch“, meinte Corinth. „Der Durchschnittsbürger …“ In diesem Augenblick wurde er von dem Türsummer unterbrochen. „Das sind sie“, sagte er. „Kommt rein!“
    Helga Arnulfsen trat ein, ihre hochgewachsene, schlanke Gestalt betonte Nat Lewis’ untersetzte Figur. Sie sah kühl, glatt und hart aus wie zuvor, aber unter ihren Augen lagen Schatten. „Hallo“, sagte sie tonlos.
    „Probleme, was?“ fragte Sheila mitfühlend.
    Helga verzog das Gesicht. „Alpträume.“
    „Ich auch.“ Sheilas schlanke Gestalt erschauerte.
    „Wo ist der Psychologe, den ihr mitbringen wolltet, Nat?“ fragte Corinth.
    „Er sagte in letzter Minute ab“, entgegnete Lewis. „Hatte irgendeine Idee für einen neuen Intelligenztest. Und sein Partner war zu sehr damit beschäftigt, Ratten durch Labyrinthe zu jagen. Macht nichts, wir brauchen sie eigentlich auch gar nicht.“ Als einziger von ihnen wirkte er unbesorgt und unbeschwert, zu sehr damit beschäftigt, den neuen Horizont zu erforschen, um sich seiner eigenen Probleme bewußt zu sein. Er schlenderte zum Büfett hinüber und probierte ein Sandwich. „Mmmm – delikat. Sheila, warum schickst du diesen Langweiler nicht zum Teufel und heiratest mich?“
    „Vom Regen in die Traufe?“ fragte sie lächelnd.
    „Letzten Endes“, warf Corinth versonnen ein, „haben wir uns nicht aus einem speziellen Grund hier versammelt. Ich dachte nur, eine allgemeine Diskussion würde uns allen helfen, ein wenig Ordnung in unsere verwirrten Gedanken zu bringen, und uns vielleicht ein paar neue Ideen

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