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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Säugetiere, obwohl sie ein grünes Fell, sechs Finger an jeder Hand und ganz und gar nichtmenschliche Köpfe hatten. So wie sie sich durch ihre Städte drängten, glichen sie auf fast rührende Weise den Menschenmassen des alten New York. Die Form war fremd, das Leben aber und seine bescheidenen Wünsche und Sehnsüchte waren die gleichen.
    Intelligenz, eine andere mit Verstand begabte Gattung, der Mensch ist nicht allein in der Unermeßlichkeit von Raum und Zeit – früher hätte das eine neue Epoche markiert. Jetzt bestätigte es nur eine Hypothese. Corinth mochte die Wesen beinahe, er wünschte ihnen alles Glück, aber sie waren letztlich doch nur eine Abart der planetaren Fauna. Tiere.
    „Sie scheinen weitaus vernünftiger zu sein, als wir es waren“, sagte Corinth, während das Schiff seine Spiralen über einen Kontinent zog. „Ich sehe keine Anzeichen von Krieg oder Kriegsvorbereitungen, vielleicht waren sie schon darüber hinaus, bevor sie ihre Technologie entwickelten.“
    „Vielleicht ist es auch ein planetarer Universalstaat“, erwiderte Corinth. „Oder eine Nation, die schließlich alle anderen unterwarf und absorbierte. Um das herauszufinden, müßten wir genauere Untersuchungen anstellen, und ich bin nicht dafür, uns damit aufzuhalten.“
    Lewis zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, du hast recht. Also los – sehen wir uns schnell die Tagseite an und belassen es dabei.“
    Trotz der Selbstkontrolle, die in ihm erwachsen war, mußte sich Corinth eines wilden Ansturms von Ungeduld erwehren. Lewis hatte recht, daß er darauf bestand, zumindest die Sterne zu untersuchen, die in der Nähe ihres Heimweges lagen. Es würde niemanden auf der Erde umbringen, noch einige Wochen länger auf ihre Rückkehr zu warten, und die gesammelten Daten würden von Wert sein.
     
    Einige Stunden später, nachdem die Sheila in die Atmosphäre eingedrungen war, verließ sie sie wieder und wandte sich den Sternen zu. Der Planet fiel schnell hinter dem davoneilenden Schiff zurück, die Sonne schrumpfte und verschwand ganz, eine lebendige Welt – Leben, Evolution, Jahrhunderte vergangener Historie, Kampf, Ruhm und Niedergang, Haß, Träume und Ängste, Hoffnung, Liebe und Sehnsucht, das ganze vielschichtige Sein von Milliarden denkender und empfindender Wesen – wurde von der Dunkelheit verschluckt.
    Corinth sah nach draußen und ließ dem Schauer kreatürlicher Bestürzung, der in ihm aufkam, freien Lauf. Der Kosmos war zu groß. Wie schnell die Menschen ihn auch durcheilen mochten, wie weit sie dabei in Jahrtausenden kamen und welche gigantischen Anstrengungen sie unternahmen, es würde nicht mehr sein als ein rasches, kurzes Aufschimmern in einem vergessenen Winkel des großen Schweigens. Schon dieses einzelne Staubkorn von Galaxis war so unfaßbar gewaltig, daß er es selbst jetzt, mit seiner potenzierten Intelligenz, nicht wirklich begreifen konnte; selbst in einer Million Jahren konnte man sie nicht völlig kennenlernen; und dahinter und wieder dahinter lagen schimmernde Sterneninseln, eine Grenzenlosigkeit, die die Vorstellungskraft sprengte. Der Mensch mochte nach draußen greifen, bis der Kosmos selbst verging, und würde doch nichts gegen seine achtlose Unermeßlichkeit erreichen.
    Es war eine segensreiche Erkenntnis, brachte sie doch eine Demut mit sich, der es seinem neuen, kühlen Denken mangelte. Und es tat gut zu wissen, daß es immer eine Grenze und eine Herausforderung geben würde; das Bewußtsein der frostigen Unendlichkeit würde die Menschen auch enger zueinanderbringen, um sich zu stützen und zu wärmen, und es würde sie vielleicht allem Leben gegenüber freundlicher machen.
    „Das macht neunzehn Planeten, die wir besucht haben, vierzehn davon mit intelligentem Leben“, sagte Lewis langsam in die Stille des Schiffes hinein.
    Corinths Gedanken wanderten zurück zu dem, was er gesehen hatte: die Berge, Ozeane und Wälder ganzer Welten, das Leben, das dort prachtvoll erblühte oder um das Überleben kämpfte, und das bewußte Denken, das sich entwickelt hatte, um die blinde Natur zu beherrschen. Es war eine phantastische Vielfalt von Formen und Zivilisationen gewesen. Hüpfende, geschwänzte Barbaren, die in ihren Sümpfen heulten; eine edle, sanftmütige Rasse zarter Wesen, mit einer Haut wie silberbestäubtes Blei, zog riesige Blüten aus irgendwelchen unbekannten symbolischen Gründen; eine rauchverhangene, von glühenden Narben bedeckte Welt, auf der die im wildem, hysterischen Haß

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