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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Feldes zurück. Lewis und er hatten das Gefühl gehabt, ihr Leben seit dem Start des Raumschiffes sei nur ein Traum gewesen. Sie konnten sich kaum vorstellen, was sie in dieser Zeit getan hatten; sie konnten nicht mehr denken und fühlen, wie ihre anderen Ichs gedacht und gefühlt hatten. Die Gedankengänge und Schlußfolgerungen, die die Reorganisation der Welt und den Bau des Schiffes innerhalb weniger Monate möglich gemacht hatten, waren für den tierhaften Menschen zu komplex, subtil und verästelt, um ihnen zu folgen. Nach einer Weile hatten ihre Gespräche und ihr verzweifeltes Pläneschmieden einer hoffnungslosen Apathie Platz gemacht, und sie hatten dumpf darauf gewartet, entweder getötet oder befreit zu werden.
    Hm, dachte Corinth am Rand eines Verstandes, der sich gleichzeitig mit einem Dutzend anderer Dinge beschäftigte, wie es aussieht, wurden wir befreit.
    Er saß da, sah die überwältigende Pracht des Himmels, und das Bewußtsein, daß es nach Hause ging, daß er immer noch am Leben war, ohne dem Wahnsinn verfallen zu sein, pulsierte als warmes Glücksgefühl in ihm. Aber die neue kühle Gelassenheit, zu der er sich gezwungen hatte, umgab ihn wie ein Panzer. Er konnte ihn im geeigneten Moment ablegen und würde es tun, aber allein die Tatsache, daß er existierte, war überwältigend.
    Er hätte vorhersehen müssen, daß es dahin kommen würde. Zweifellos hatten es bereits viele auf der Erde für sich entdeckt, waren aber nicht in der Lage gewesen, die Kunde davon zu verbreiten, da die Kommunikation immer noch bruchstückhaft war. Die Geschichte der Menschheit hatte sich in gewisser Hinsicht als endloser Kampf zwischen Instinkt und Intelligenz dargestellt, zwischen dem unkontrollierten Rhythmus des Organismus und den sich selbst erschaffenden Ausdrucksformen des Bewußtseins. Das hier nun war der endgültige Triumph des Geistes.
    Für ihn war es plötzlich gekommen, der Schock des erneuten Aufbrechens höchster Neuralaktivität hatte die Veränderung, die mehr latent in ihm stattfand, extrem beschleunigt. Aber auch für die normalen Menschen würde sie bald kommen – allmählich und gleichmäßig vielleicht, aber bald.
    Die Veränderung der menschlichen Natur und der Gesellschaft, die das mit sich bringen würde, konnte nicht einmal er sich vorstellen. Ein Mensch würde immer Beweggründe haben, er würde immer noch Tatendrang verspüren, aber er würde seine Wünsche und Sehnsüchte bewußt auswählen. Seine Persönlichkeit würde sich entsprechend den intellektuell erkannten Erfordernissen der Situation emotional umstellen. Er würde kein Roboter sein, nein, aber auch nicht mehr das, was er in der Vergangenheit gewesen war. Sobald die neuen Techniken voll ausgearbeitet waren, würden psychosomatische Krankheiten verschwinden, und selbst organische Probleme sollten dann in hohem Grad durch den Willen kontrollierbar sein. Keine Schmerzen mehr; jeder konnte soviel über Medizin lernen, daß er sich um den Rest kümmern konnte – und es würde keine Ärzte mehr geben. Vielleicht … auch keinen Tod mehr? Nein, das schien unwahrscheinlich. Der Mensch war immer noch ein sehr endliches Wesen. Selbst jetzt hatte er noch natürliche Grenzen, was und wo immer sie auch sein mochten. Ein wirklich unsterblicher Mensch würde schließlich unter der Last seiner Erfahrungen zusammenbrechen, die Möglichkeiten seines Nervensystems würden sich erschöpfen.
    Nichtsdestotrotz sollte eine Lebensspanne von mehreren Jahrhunderten erreichbar sein, und das Schreckgespenst des Alterns, der langsame Zerfall, den man Senilität nannte, konnte verbannt werden.
    Wandelbarer Mensch – intellektueller Mensch – Unendlichkeit!
     
    Der Stern war Sol ziemlich ähnlich – ein wenig größer, ein wenig rötlicher, aber er hatte Planeten, und einer war der Erde vergleichbar. Corinth ließ das Schiff in die Atmosphäre der Nachtseite eintauchen.
    Detektoren tasteten die Oberfläche ab. Die Strahlung blieb im Bereich des üblichen Hintergrundgeräuschs – das hieß, daß keine Atomenergie benutzt wurde, aber es gab Städte, deren Gebäude von innen heraus in kaltem Licht erstrahlten, sowie Maschinen und Funkverkehr und einen weltweiten Verkehr. Sie nahmen die Stimmen auf, die durch die Nacht drangen, vielleicht konnte die Sprache später analysiert werden.
    Die Eingeborenen, die in Sekundenbruchteilen beobachtet und fotografiert wurden, als das Schiff geräuschlos über sie hinweghuschte, waren humanoid – zweibeinige

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