Mörderischer Blues
1
»Wenn Sie einen Spielfilm nicht
termingemäß abdrehen können, dann gehören Sie zum Fernsehen«, schnarrte
Guggenheimer ins Telefon. »So, sie hat Ausschlag bekommen? Haben wir nicht eine
Maskenbildnerei, die uns wöchentlich Tausende von Dollar kostet, nur um Pickel
zu beseitigen?«
Er lauschte ein paar Sekunden
der Stimme am anderen Ende der Leitung, dann wurde er ernst.
»Machen Sie alle Großaufnahmen
vom Hals an abwärts«, krächzte er. »Wer geht schon ins Kino, um ihr Gesicht zu
sehen?« Dann knallte er den Hörer auf die Gabel und starrte mich an.
»Was wollen Sie, Boyd?«
»Gar nichts«, sagte ich ihm.
»Sie waren es, der etwas von mir wollte.«
»Ja, das stimmt.« Er runzelte
kurz die Stirn. »Was, zum Teufel, war es doch noch?«
»Danny Boyd von der Firma Boyd
Enterprises«, antwortete ich geduldig. »Sie haben mich den ganzen Weg von New
York hierher, von einer Küste der USA zur anderen kommen lassen und mir enorme
Auslagen verursacht wegen etwas, an das Sie sich jetzt nicht einmal mehr
erinnern können?«
Die Tür des Büros öffnete sich
plötzlich, und herein platzte eine blonde Schönheit in silbergesprenkeltem
Büstenhalter und hautengen Hosen. Sie sah ein bißchen elend aus, wie ich
feststellen konnte, als ich mich endlich nach ihr umwandte.
» Guggy !«
jammerte sie verzweifelt, worauf er sich aufbäumte wie ein Hengst, der eben
erst seine wahre Berufung entdeckt hatte.
»Was gibt es, Honey?« fragte
der Produzent vorsichtig.
»Jetzt verlangt er von mir, daß
ich in den Käfig gehen soll.« Sie schüttelte sich gut gekonnt. »Mit einem
richtigen Löwen!«
»Mach dir keine Sorgen, Honey!«
Er blickte lüstern auf die Blonde. »Es ist ein männlicher Löwe, den sie da
haben. Alles, was du zu tun hast, ist, ihn ein bißchen an der Nase
herumzuführen, und er wird dir aus der Hand fressen wie die übrige männliche
Bevölkerung.« Er machte eine Handbewegung, als wolle er sie hinausscheuchen,
aber das verfing nicht bei ihr.
»Mir aus der Hand fressen?«
jammerte sie. »Mein Gott! Ein Biß, und mein Arm ist bis zum Ellenbogen weg!«
»Dann müssen wir eben die Rolle
umbesetzen«, sagte Guggenheimer ernst. »Es ist schließlich ein Zirkus-Film,
nicht wahr? Was, zum Teufel, erwartest du? Etwa einen Haufen dressierter Flöhe?
Wenn du die Rolle nicht übernehmen willst, dann bist du entlassen, Honey. Und
jetzt verschwinde von hier und überlege es dir!«
Lauthals protestierend trat die
Blonde den Rückzug aus dem Büro an. Guggenheimer zündete sich eine
überdimensionale Zigarre an und blickte wieder zu mir. »Wo waren wir doch
stehengeblieben?«
»Sie waren dabei, sich zu
erinnern, weshalb Sie mich kommen ließen«, half ich ihm auf die Sprünge.
»Stimmt.« Er blies eine Wolke
würzigen Rauches in meine Richtung. »Jetzt entsinne ich mich. Es handelt sich
um diese Van Raven.«
»Gloria Van Raven?« fragte ich.
»Sie meinen die Dame, die im Profil nicht auf die Breitwand paßt?«
»Sie ist mir davongelaufen«,
sagte er nachdenklich. »Mir, dem Mann, der sie aufgelesen hat, als sie nichts
war, und der sie zu einem Star gemacht hat. Und was habe ich je dafür bekommen,
vielleicht von einem einzigen kleinen Gefallen abgesehen?«
»Das kann ich nicht
beurteilen«, sagte ich höflich. »Aber woran liegt es? Gibt es Schwierigkeiten
mit dem Vertrag?«
»Nein, aber mit einem Mann, mit
einem Burschen, der blaues Blut und eine Jacht in den Adern hat.« Guggenheimer
seufzte abgrundtief. »Es ist nicht Gloria, um die ich mir Sorgen mache. Aber
jedesmal, wenn ich einen Film mit ihr drehe, dann kostet er mich nicht weniger
als drei Millionen Dollar. Es ist nicht das Mädchen, um das es mir geht,
verstehen Sie Boyd? Es ist das Geld!«
»So soll ich sie Ihnen also zurückbringen«,
stellte ich fest.
Er nickte zustimmend.
»Heute ist Mittwoch, wenn mein
Tischkalender stimmt, und wenn ich mich nicht irre, dann macht sich diese
verdammte Sekretärin von ihr heute auf die Strümpfe, um zu ihr zu fahren. Sie
haben bis zum nächsten Dienstag morgen Zeit, um sie in einem Stück und
rechtzeitig hier abzuliefern.«
»Wo hat man sie zuletzt
gesehen?« fragte ich.
»Setzen Sie sich mit ihrer
Sekretärin in Verbindung«, erwiderte er kurz. »Sie ist ein nettes Mädchen.«
»Hier in Hollywood?« Ich
schaute ihn ungläubig an. »Sie scherzen.«
Guggenheimer sah plötzlich müde
aus.
»Für so was habe ich
Gag-Schreiber, Boyd. Mein Büro wird Ihnen ihre Adresse geben, die von Glorias
Sekretärin
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