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Der negative Erfolg

Der negative Erfolg

Titel: Der negative Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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Konsequenz mangelt. Machen Sie nicht zum Beispiel Ihre Absicht, mein Selbstbewußtsein zu stärken, gerade dadurch wieder zunichte, daß Sie mir diese Absicht entdecken?«
    »Habe ich nicht vorhin Ihren Widerwillen gegen das Anhören meiner Geschichte gestärkt, indem ich behauptete, daß Sie sie bestimmt hören werden? Und stärke ich diesen Widerwillen nicht aufs neue, indem ich Sie jetzt daran erinnere? Und Sie stehen trotzdem nicht auf, um wegzulaufen, sondern bleiben nur um so sicherer sitzen.« Er hob wieder ein Häufchen Kieselsteine auf und warf sie von einer Hand in die andere. »Im Leben ist die Wirkung nicht Folge, sondern Gegenteil der Ursache. Aber Sie denken, daß ich wieder abschweife. In Wirklichkeit greife ich nur vor.« Er hatte noch einen Kieselstein in der Hand. Er warf ihn einem Vogel nach, der lautlos über sie hinwegflog.



 
     
     
     

Erst jetzt fiel dem Astrometer die absolute Stille dieses Landstrichs auf. Er warf einen Kieselstein auf die Straße. Das Klicken des aufgeschlagenen Steines machte jedoch die Stille nur noch dichter. Es war, als wenn das einzige Geräusch in der Welt in diesem Klicken bestünde. Roland wollte sich an den Vergilbten wenden. Er fürchtete sich jedoch plötzlich vor dem Klang der eigenen Stimme.
    »Lassen wir das«, sagte da der Vergilbte. »Sie sind ein Opfer Ihrer Einbildung. Die Akustik ist hier nicht schlechter als andernorts. Aber wenn sich nichts bewegt, kann nichts zu hören sein. Die wenigen Geräusche, die es hier gibt, fallen nicht in einen ständigen Lärm, sondern in die Stille, was diese erst recht hervorhebt.«
    »Ich danke Ihnen für Ihre Belehrung«, sagte der Astrometer, und er war wirklich erleichtert, »und bitte nun um Ihre Geschichte.«
    »Sie müssen wissen, daß das Wesen der Sprache im Gespräch beruht. Anders wäre sie nie entstanden. Daher werde ich Ihnen bei Gelegenheit empfehlen, Zwischenfragen zu stellen, damit wir das Wechselgespräch nicht ganz entbehren müssen. Aber ich schweife schon wieder ab. Nur noch soviel: Unterbrechen Sie mich, so oft Sie wollen. Das erhöht die Aufmerksamkeit.«
    »Ich werde mich bemühen.«
    »Was ich Ihnen jetzt erzähle, ist vielleicht das merkwürdigste Kapitel der menschlichen Geschichte, sicherlich aber das aufschlußreichste. Und dabei wurde es in aller Stille eingeleitet und vollbracht. Aber jetzt soll die Welt erfahren. Und die Menschen werden staunen, vielleicht wird es ihnen kalt den Rücken hinunterlaufen, oder sie werden lachen, daß ihnen die Tränen über die Backen rollen. Vielleicht werden sie aber auch nur verständnislos auseinandergehen und den Berichterstatter für einen Narren erklären.«
    »Wenn ich auch nicht versichern kann, daß es mir entweder kalt den Rücken hinunterläuft oder daß ich Tränen lache, eines werde ich jedenfalls nicht tun: Sie für einen Narren halten.«
    Der Vergilbte verneigte sich mit der ernstesten Miene und fuhr fort: »Vielleicht gerade in dem Jahre, als Sie geboren wurden, mußte die letzte kapitalistische Regierung zwangsläufig ihren Bankrott erklären. Damit war der Kapitalismus als Sache erledigt. Was von ihm übrigblieb, war nur eine bestimmte Anzahl Personen, Unverbesserliche, wie es aussah, Leute, die ihren Willen darein setzten, dem Kommunismus auf eigene Faust und Rechnung zu trotzen, die Letzten der Letzten, kurz: die Konkursmasse des Kapitalismus. Deshalb machte man sich Gedanken, wie man ihnen gegenüber verbleiben sollte. Ich möchte nur wissen«, fiel der Vergilbte plötzlich in einen sinnierenden Ton. »wer auf diese Idee gekommen ist, und ob er noch lebt.«
    »Welche Idee meinen Sie?«
    »Sie haben recht. Fragen Sie nur immer, wenn Sie recht haben. Ich meine die Idee dieser Stadt.«
    »Ach, jetzt verstehe ich. Die Stadt der Letzten! In dieser Stadt leben also die Unverbesserlichen, sozusagen die versteinerten Überreste einer vergangenen Zeit.« Er mag doch nicht etwa ein Entsprungener sein, fuhr es Roland Ell durch den Sinn.
    »Ich bin keiner von ihnen, ich gehöre zum Personal«, erklärte der Vergilbte. »Zum beobachtenden Personal, verstehen Sie?«
    Der Astrometer errötete. »Erzählen Sie bitte weiter, und entschuldigen Sie mein Versehen.«
    »Die Bewohner der Stadt der Letzten kamen aus allen Himmelsrichtungen. Aus Europa und aus Australien, aus Politik und Wirtschaft, aus Dummheit und Blindheit, aus bösem Willen und eitlem Ressentiment.«
    »Unter welchen Bedingungen mußten die Menschen in dieser Stadt leben, nachdem sie hier

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