Der Pfad der Dolche
sie, jede zögerlich und verzagt lächelnd, bis Elayne ihnen am liebsten gesagt hätte, sie sollten sich ihrem Alter entsprechend verhalten. Sie stellten gewiß keine Forderungen, und sie waren zu klug, um offen um das zu bitten, was ihnen bereits verweigert worden war, aber sie fanden andere Wege.
»Es kam mir in den Sinn«, sagte Reanne heiter, »daß Ihr Ispan doch gewiß recht dringend befragen wollt. Wer weiß, was sie in der Stadt noch vorhatte, außer den Lagerraum zu finden?« Sie sprach im Plauderton, aber sie warf Elayne hin und wieder rasche Blicke zu, um zu sehen, wie sie ihren Vorschlag aufnahm. »Wir brauchen gewiß noch über eine Stunde, um den Bauernhof zu erreichen, in unserem Tempo vielleicht sogar zwei Stunden, und Ihr wollt doch sicher keine zwei Stunden verschwenden. Die Kräuter, die Nynaeve Sedai ihr gegeben hat, haben sie recht gesprächig gemacht.«
Das heitere Lächeln schwand, als Elayne erwiderte, die Befragung Ispans könne noch warten. Licht, dachten sie wirklich, daß jemand eine Befragung durchführte, während er durch Wälder auf Wegen ritt, die kaum diese Bezeichnung verdienten? Reanne kehrte vor sich hin murrend zu den übrigen Frauen der Schwesternschaft zurück.
»Verzeiht, Elayne Sedai«, murmelte Chilares kurz darauf mit ihrem murandianischen Akzent. Ihr grüner Strohhut paßte genau zu einigen ihrer übereinandergeschichteten Unterröcke. »Verzeiht, wenn ich Euch störe.« Sie trug nicht den roten Gürtel einer Weisen Frau. Die wenigsten Frauen des Zirkels trugen ihn. Famelle war Goldschmiedin, und Eldase lieferte den Händlern Lackwaren zur Ausfuhr Chilares war Teppichhändlerin, während Reanne selbst die Verschiffungen der kleinen Händler regelte. Einige führten einfache Aufgaben aus - Kirstian leitete einen kleinen Weberladen, und Dimana war eine erfolgreiche Näherin -, aber andererseits waren sie im Verlauf ihres Lebens alle vielen Gewerben nachgegangen und hatten viele Namen benutzt. »Ispan Sedai scheint es nicht gutzugehen«, sagte Chilares, während sie sich unbehaglich im Sattel regte. »Vielleicht beeinträchtigen die Kräuter sie mehr, als Nynaeve Sedai gedacht hat. Es wäre schrecklich, wenn ihr etwas zustieße. Ich meine, bevor sie befragt werden kann. Vielleicht könnten die Schwestern sie sich ansehen? Um sie zu Heilen, wißt Ihr...« Sie brach ab und blinzelte nervös mit ihren großen braunen Augen. Was berechtigt war, da Sumeko zu ihren Begleiterinnen gehörte.
Ein Blick über die Schulter zeigte Elayne, daß sich die beleibte Frau in den Steigbügeln aufgestellt hatte, um an den Windsucherinnen vorbeizuschauen, bis sie Elayne ihren Blick erwidern sah und sich eilig wieder hinsetzte. Sumeko, die mehr vom Heilen verstand als jede andere Schwester außer Nynaeve. Vielleicht sogar mehr als Nynaeve. Elayne deutete nur zum Ende der Kolonne, bis Chilares errötete und ihr Pferd wendete.
Merilille schloß sich Elayne nur wenige Augenblicke später an, und die Graue Schwester beherrschte den einfachen Plauderton weitaus besser als die Frauen der Schwesternschaft. Sie war zumindest in ihrer Art zu sprechen vollkommen ausgeglichen. Eine andere Sache war, was sie zu sagen hatte. »Ich frage mich, wie vertrauenswürdig diese Frauen sind, Elayne.« Sie schürzte angewidert die Lippen, während sie mit einer behandschuhten Hand Staub von ihren geteilten blauen Röcken wischte. »Sie sagen, sie nähmen keine Wilden auf, aber vielleicht ist Reanne selbst eine Wilde, wie nachdrücklich auch immer sie behauptet, sie habe den Test zur Aufgenommenen nicht bestanden. Für Sumeko gilt gewiß das gleiche und für Kirstian mit Sicherheit.« Es folgten ein kritischer Blick zu Kirstian und ein ablehnendes Kopfschütteln. »Ihr müßt doch bemerkt haben, wie sie bei jeder Erwähnung der Burg zusammenzuckt. Sie weiß nicht mehr, als sie vielleicht in Unterhaltungen mit jemandem aufgeschnappt hat, der wirklich aus der Burg gewiesen wurde.« Merilille seufzte und gab vor zu bedauern, was sie sagen mußte. Sie war wirklich sehr gut. »Habt Ihr einmal darüber nachgedacht, daß sie vielleicht auch bei anderen Dingen lügen? Sie könnten nach allem, was wir wissen, Schattenfreunde sein, oder Opfer von Schattenfreunden. Vielleicht auch nicht, aber man kann ihnen kaum über den Weg trauen. Ich glaube, daß es den Bauernhof gibt, ob sie ihn nun als Unterschlupf verwenden oder nicht, sonst hätte ich dem hier nicht zugestimmt, aber ich wäre nicht überrascht, dort einige wenige
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