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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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mich jetzt gehen laßt, komme ich nicht weit - und das wißt Ihr auch!«
    »Falsch«, entkräftete er gelassen meinen Vorwurf. »Ich mache keine sinnentleerten Geschenke. Das Gewebe, das hier vor liegt, ist durchtränkt von meiner Magie. Wenn du es umlegst, wird es dich behüten. Jeder Mensch, der dir begegnet, wird dich auf andere Weise sehen. Er wird eine Frau von hohem Alter und einem Äußeren sehen, das kein Echo in ihm hervorruft, so daß er dich sogleich wieder vergißt! Einen besseren Schutz als diesen gibt es nicht.«
    »Aber das ist nicht alles«, erriet ich, obwohl ich das gerade Gehör-te noch nicht einmal bewältigt hatte.
    »Nein. Die darin schlummernde Magie wird es dir auch erleichtern, die Sprachen der Länder, durch die dich deine Wege führen, zu erlernen.«
    »Das ist immer noch nicht alles. Was nutzt es dir?«
    Zum erstenmal lockerte ein Lächeln seine Züge. »Du hast recht. Für mich selbst von Bedeutung ist, daß das Tuch all deine Abenteuer und deine Gefühle dabei, von dem Moment an, da du es dir um deinen Körper bindest, speichert. Solltest du dereinst zu mir zurückkehren, habe ich einen Schatz von Erlebnissen, der meiner Unterhaltung dienen wird .«
    Trotz dieses bereitwilligen Eingeständnisses war ich schockiert. »Mein Leben ... meine Gefühle - für deinen Zeitvertreib ...?«
    »Es ist ein Abkommen«, sagte er unbeeindruckt. »Zwischen dir und mir. Du kannst das Tuch auch zurückweisen. Dann trennen sich unsere Wege wahrscheinlich für immer.«
    Er meinte es ernst. Ich erkannte es sofort an den leisen Zwischentönen.
    »Ich weiß nicht einmal Euren Namen ...«
    »El Nabhal. Ich bin El Nabhal, und ich werde dich jetzt verlassen. Du hast noch den ganzen Tag Zeit, dich zu entscheiden. Am Abend bauen wir unsere Zelte hier ab. Dann zieht meine Karawane weiter. Ohne dich. Mit oder ohne das Tuch .«
    Er stand auf und ging ohne einen weiteren Blick oder ein Wort an mir vorbei.
    Ich war schwankend wie ein Stück Holz, das in einem Bach dahin-treibt. »Sag mir noch eins«, holte ihn meine Stimme ein. »Es ist wichtig für mich. Für meine Entscheidung und überhaupt für - mein Leben!«
    Wider Erwarten blieb er tatsächlich noch einmal stehen. Aber er sah sich nicht nach mir um. »Was willst du wissen?«
    »Offenbar ist deine Magie sehr mächtig. Kannst du mir sagen, ob ich . ob ich .«
    »Ob auch du den Fluch deines Vaters in dir trägst?«
    »Ja!«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich sehe nur, was ist - nicht, was einmal sein wird. - Aber ich halte es für wahrscheinlich, und falls es so ist, wirst du erkennen, daß sich damit leben läßt, wenn man es nur akzeptiert. Dein Vater tat dies nie. Daran ist er zugrunde gegangen .«
    Mit diesen Worten von geringem Trost ließ er mich allein.
    Für viele Jahre.
    *
    Ich hatte das Tuch genommen.
    Wer hätte es nicht getan?
    Ich hatte es umgebunden und mich seinem Zauber übergeben. Seinem Hunger, ja fast könnte man sagen, seiner Gier nach Erlebnissen, die es für ihn aufsaugte, um sie ihm eines fernen Tages zum Geschenk zu machen.
    Wie er mir dieses Gewebe, das mich seither kleidet und begleitet, zu meinem fünften Geburtstag geschenkt hatte.
    Seither sind zehn Jahre verstrichen, in denen ich unbehelligt die verschiedensten Länder durchstreifte.
    Nur nicht Afrika - als wollte ich mir dies für ein Später aufsparen Nachdem ich El Nabhals Karawane verließ - oder sie mich -, nahm ich das nächste Schiff, das mich an der Küste des Schwarzen Meeres absetzte, wo die Osmanen ein straff organisiertes Reich geschaffen hatten, das sich damals in seiner größten Ausdehnung befand.
    Das Tuch des Magiers diente mir nicht nur, um mich >erwachse-ner< zu machen und männlichem wie weiblichem Interesse zu ent-ziehen. In seiner Obhut legte mir nie ein Mensch auch nur das geringste Hemmnis in den Weg. So gut wie mittellos kam ich überall zurecht und litt auch keinen Hunger, denn wo ich darum bat, wurde mir reichlich zu essen und zu trinken angeboten.
    Almosen für eine Bettlerin .
    Ich bereiste Griechenland, Österreich, Deutschland und Italien.
    In Apulien verbrachte ich, mal hier, mal da, zwei unbeschwerte Jahre, die jäh endeten, als mich eines Nachts, als ich am verletzlichsten war und eigentlich kaum noch daran dachte, von einem langen Schatten eingeholt wurde.
    Es war der 16. Mai des Jahres 1524.
    Ich war dreizehn. Mein Körper hatte sich verändert - nicht mehr nur für fremde Betrachter, die von der Magie des Tuches betrogen wurden, sondern auch

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