Der Piratenfuerst
wegkam, wenn der Schoner endgültig auf Selbstmordkurs war. Seltsame Gefährten hatte er: darunter Puigserver und den kleinen Segelmacher aus Bristol, der in all seiner Angst noch den Mut gefunden hatte, an den Ort zurückzukehren, wo man ihn an Geist und Körper gebrochen hatte.
»Captain, Sir!«
Das war Keens Stimme. Er beschleunigte seine Schritte.
»Was ist?«
Aber als er die Leiter ergriff und das bleiche Rechteck des Himmels sah, wußte er die Antwort. Langsame, schwere Regentropfen prasselten auf das Luk wie kleine, von den Rahen fallende Kieselsteine, trommelten auf Planken und Decksgänge. Er zog sich die letzten Sprossen hinauf und eilte zum Achterdeck. Er war noch ein paar Fuß entfernt, da öffneten sich die Wolkenschleusen, und der Regen rauschte in mächtigen, ohrenbetäubenden Schleiern herab.
Bolithos Stimme übertönte die Sintflut. »Was macht der Wind?«
Mudge stand gebückt bei der Kompaßbussole; unterm Anprall des Regens hatte sich sein Hut verschoben.
»Schießt aus, Sir, soweit ich sagen kann.«
Zischend und gurgelnd floß das Wasser übers Deck und durch die Speigatten. Die durchfrorenen Geschützbedienungen drückten sich unter die Decksgänge und kauerten hinter den geschlossenen Stückpforten, um den Sturzbächen zu entgehen.
Allday wollte Bolitho den geteerten Bootsmantel über die Schultern legen, aber der schob ihn zur Seite. Er war bereits naß bis auf die Haut, und die Haare klebten ihm in der Stirn. Das Rauschen von Regen und Spritzwasser betäubte ihn fast. Aber trotz allem behielt er den Kontakt mit seinem Schiff. Das Deck lag ziemlich stetig unter seinen Füßen, und über seinem Kopf killte, wie er eben noch erkennen konnte, das Großmarssegel und glänzte vor Nässe in dem immer mehr ausschießenden Wind.
»An die Brassen, Mr. Davy! Holen Sie die Schoten dicht!«
Tappend und fluchend gehorchten die Männer; das gequollene Tauwerk quietschte protestierend in den Blöcken, als die Rahen herumgeholt wurden, um das Schiff auf Kurs zu halten. »Einen Strich höher«, befahl Bolitho.
Am großen Doppelruder rutschten Männer aus; er sah, wie Carwithen nach einem der Rudergänger boxte, der sich im Regenguß duckte.
»Nordwest, Sir! Voll und bei!«
»Kurs halten!«
Bolitho wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel. Der prasselnde Regen half, ihm den Kopf freizumachen, so daß er sich mit dem Geschehen auseinandersetzen konnte. Wenn der Wind weiter ausschoß, auch wenn er nur so blieb wie jetzt, würde Herrick seinen Schoner nicht in die Position manövrieren können, von der aus er Muljadis Batterie zerstören konnte. Mußte der verdammte Wind ausgerechnet jetzt umspringen? Waren es Regentropfen oder Tränen der Verzweiflung, die ihm die Augen netzten?
Er schlitterte zu Mudge hinüber und schrie: »Wie weit haben wir noch, was denken Sie?«
»Vier oder fünf Meilen, Sir, mehr nicht.« Enttäuscht starrte Mudge in den Regen. »Dieser Guß wird schnell vorbeigehen.
Aber dann...« Er hob die Schultern.
Bolitho wandte die Augen ab. Er wußte Bescheid. Stand die Sonne erst hoch, dann würde der Wind höchstwahrscheinlich auffrischen, Herrick nutzte er nichts, aber Le Chaumareys verlieh er Sicherheit an seinem Ankerplatz. Und die Undine würde hilflos sein. Sie würde vor der Küste warten müssen, bis der Feind seine beiden Schiffe gefechtsklar hatte und zu seinen Bedingungen kämpfen konnte. Oder sie konnten abdrehen und nach Pendang Bay zurückeilen, ohne etwas anderes mitzubringen als eine letzte Warnung.
»Eine Schweinerei, bei Gott!« rief Davy wütend.
Fast mitleidig sah Mudge zu ihm hinüber. »Das ganze Leben ist ein einziges Rückzugsgefecht, Mr. Davy, von dem Tag Ihrer Geburt an.«
Bolitho fuhr herum, um beiden Schweigen zu gebieten, aber da bemerkte er, daß er des Steuermanns Gesicht besser erkennen konnte als zuvor. Die Morgendämmerung brach an – dagegen war nichts zu machen.
Das Blut schoß ihm zu Kopf. »Wir greifen an wie geplant!«
rief er. »Weitersagen an alle!«
Davy sah ihn offenen Mundes an. »Gegen die intakte Batterie, Sir?«
»Das hätte vielleicht sowieso nicht geklappt.« Er versuchte, ruhig zu sprechen. »Der Gegner wird dem Regen zuhören und Gott dafür danken, daß er sicher vor Anker liegt.« Scharf sprach er weiter: »Sind Sie taub, Mann? Sagen Sie Mr. Soames, er soll laden lassen, sowie der Regen vorbei ist!«
Davy nickte krampfhaft und rannte zur Reling.
Hauptmann Bellairs trat zu Bolitho. »Verdammt riskante Sache, wenn Sie mir
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