Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)
einige unangenehme Tatsachen über die US-Wirtschaft:
Die jüngsten Einkommenszuwächse flossen überwiegend dem oberen einen Prozent der Einkommensverteilung zu.
Die Folge davon ist wachsende Ungleichheit.
Den Haushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen geht es heute finanziell schlechter als zu Beginn des Jahrhunderts.
Die Disparitäten in der Vermögensverteilung übertreffen noch die der Einkommensverteilung.
Ungleichheit tritt nicht nur beim Einkommen, sondern auch bei zahlreichen anderen Variablen zutage, in denen sich der Lebensstandard widerspiegelt, etwa bei der Frage der Arbeitsplatzsicherheit und im Bereich Gesundheit.
Für sozial schwache Haushalte sind die Lebensumstände besonders schwierig – und sie haben sich in der Rezession noch weiter verschlechtert.
Es findet eine Erosion der Mittelschicht statt.
Die Einkommensmobilität ist gering – die Annahme, die USA seien ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ist ein Mythos.
Die Ungleichheit ist in den USA ausgeprägter als in allen anderen fortgeschrittenen Industrienationen. Der Staat tut hier weniger, um diese Ungerechtigkeiten zu korrigieren, und die Ungleichheit verschärft sich deutlicher als in vielen anderen Ländern.
Der politischen Rechten in den USA sind die in diesem Kapitel beschriebenen Fakten unangenehm. Die Analyse steht im Widerspruch zu einigen der lieb gewonnenen Mythen, die die Rechte gern propagiert: dass Amerika ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten sei, dass die meisten Menschen von der Marktwirtschaft profitierten, insbesondere seitdem Reagan die Wirtschaft deregulierte und den staatlichen Einfluss zurückdrängte. Anhänger der Rechten würden diese Tatsachen gern leugnen, was angesichts der Datenfülle jedoch schwierig ist. Sie können insbesondere nicht bestreiten, dass es den unteren und mittleren Einkommensgruppen finanziell immer schlechter geht, während die Reichen einen immer höheren Prozentsatz des Volkseinkommens an sich reißen. Und dieser Anteil ist so viel größer, dass das, was für den Rest übrig bleibt, immer kleiner wird; er ist so viel größer, dass die Aufstiegschancen derer, die im unteren oder mittleren Einkommensfeld liegen, weit geringer sind als die Chancen derjenigen, die oben sind, dort zu bleiben. Die
Rechte kann nicht einmal bestreiten, dass der Staat zu einer wirkungsvollen Armutsbekämpfung in der Lage ist, denn im Falle der Altersarmut ist er effektiv eingeschritten. Und dies bedeutet, dass Kürzungen bei staatlichen Programmen wie der Rentenversicherung wahrscheinlich zu einem Anstieg der Armut führen, sofern diese Kürzungen in ihren Auswirkungen nicht gründlich durchdacht sind.
Die Rechte kontert darauf mit vier Gegenargumenten. Das erste lautet, dass es in jedem Jahr Menschen gibt, die unvermittelt schwere Einkommenseinbußen erleiden, während andere einen Geldsegen erleben. Worauf es wirklich ankomme, sei die Ungleichheit auf Lebenszeit. Diejenigen mit den niedrigsten Einkommen würden in späteren Jahren tendenziell höhere Einkommen erzielen, so dass die Ungleichheit, auf die gesamte Lebensspanne betrachtet, geringer sei, als es die Daten nahelegen. Wirtschaftswissenschaftler haben Unterschiede im Lebenseinkommen gründlich analysiert – und leider entspricht der Wunsch der Rechten nicht der heutigen Wirklichkeit: Die Ungleichheit auf Lebenszeit ist sehr ausgeprägt, fast genauso groß wie die in puncto Einkommen zu jedem beliebigen Zeitpunkt, und sie hat in den letzten Jahren massiv zugelegt. 101
Die Rechte behauptet manchmal auch, die Armut in Amerika sei keine echte Armut. Schließlich kämen die meisten Armen in den USA in den Genuss von Grundgütern, die den Bedürftigen in anderen Ländern nicht zur Verfügung stünden. Sie sollten dankbar dafür sein, dass sie in den USA lebten. Sie hätten Fernseher, Innentoiletten, Heizung (die meisten) und Zugang zu kostenlosem Schulunterricht. Ein Expertengremium der National Academy of Sciences kam jedoch zu dem Ergebnis, dass man die relative Entbehrung nicht unberücksichtigt lassen dürfe. 102 In Anbetracht grundlegender sanitärer Versorgungsstandards in den US-amerikanischen Städten seien Innentoiletten eine Selbstverständlichkeit. Billige chinesische Fernseher können sich selbst die Bedürftigen leisten – und tatsächlich gibt es selbst in armen indischen und chinesischen Dörfern im Allgemeinen Fernsehen. Dies ist in der heutigen Welt kein Ausweis des Wohlstands mehr. Die Tatsache, dass Menschen einen kleinen
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