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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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Lippen, sie schüttelte sachte den Kopf. »Das sind viele Fragen.«
    »Sag’s mir«, bat er. »Deswegen bist du doch gekommen. Habe ich Recht?«
    »Nein. Ich bin nicht gekommen, um dir die Wahrheit zu sagen. Das gehört nicht zu meinem Auftrag.«
    »Auftrag?«
    »Ich soll dich nach Jandur bringen. So schnell wie möglich. Mehr nicht.«
    Ein Lachen stieg in Matteo auf. »Das ist alles ein Witz, oder? Es gibt kein Jandur. Jemand will mich aufs Kreuz legen. Wie viel bezahlt er dir?«
    Lith erstarrte – Treffer!
    «Jetzt wird mir alles klar«, sagte Matteo. »Wer ist es? Bernd? Oder Gabriel? Aber weißt du was? Du hast es versaut. Ich glaube dir nämlich nicht, ich glaube dir gar nichts.«
    »Kein Witz.« Sie deutete in den Spiegel. »Dein Körper ist nicht mehr hier, du bist nicht mehr hier. Du bist in Jandur …«
    In Matteo explodierte etwas. »Halt den Mund! Halt endlich den Mund! Ich kann dein blödes Gequatsche nicht mehr hören. Hau ab! Lass mich in Ruhe, verschwinde einfach!«
    »Schön.« Lith drückte die Klinke hinunter. »Wie du willst. Falls du es dir anders überlegst …«
    »Nein! Sicher nicht!«
    »… dann ruf nach mir.«
    Die Tür fiel hinter ihr zu. Matteo schlug die Hände vors Gesicht und verbot sich, über Lith und ihre durchgeknallten Aussagen nachzudenken. Er schaltete sie weg, so wie man das Klingeln des Handys abwürgt.
    Sein Spiegelbild tauchte nicht wieder auf, für andere blieb er weiterhin unsichtbar.
    Nachdem Matteo das Schulhaus verlassen hatte, überprüfte er das in zwei seiner Lieblingsshops im Einkaufszentrum. Keiner der Verkäufer konnte ihn sehen oder hören, er konnte ansprechen, wen er wollte, niemand gab ihm Antwort. Das widerlegte leider die Theorie, dass es sich um einen Scherz handelte.
    Völlig erledigt kam er zu Hause an. Schon im Treppenhaus schallte ihm eine romantische Klaviersonate entgegen. Es musste etwa halb drei sein. Überraschend früh für derartige Exzesse. Hatte Brizio seinen Rausch bereits ausgeschlafen?
    Matteo mühte sich die letzten Stufen hinauf, ihm war, als würde er den Mount Everest bezwingen. Mit bebenden Fingern suchte er nach dem Schlüssel. Schwindel packte ihn. Vor seinen Augen schaukelten graue Nebelschwaden, er musste sich am Türrahmen abstützen. Das Licht im Treppenhaus ging aus und er stand im Dunkeln.
    Schwärze.
    Das Nächste, was Matteo bewusst wahrnahm, waren seine Docs, die er achtlos zum Schrank geworfen hatte. Seine Jacke hing in der Garderobe. Wann hatte er aufgesperrt? Wann hatte er die Wohnung betreten und wann hatte er sich ausgezogen? Und wo waren eigentlich seine Socken? Er hatte keinen Schimmer – das totale Blackout. Strange .
    Bloßfüßig tappte er ins Wohnzimmer. Die Nachmittagssonne schickte ihre Strahlen durch die riesigen Fenster des Lofts und malte Lichtstreifen auf den rotbraunen Schiffsboden. Matteo mochte das warme Holz unter seinen Fußsohlen, doch heute spürte er es nicht.
    Sein Vater saß am Flügel und spielte versunken vor sich hin. Er war mit T-Shirt und Jeans bekleidet und hatte noch nicht den Weg ins Bad gefunden, um sich zu rasieren. Sein schwarzes Haar umrahmte in fettigen Strähnen sein Gesicht, da waren Tränensäcke unter seinen Augen.
    Er hat auch schon mal besser ausgesehen , dachte Matteo. Setzte ihm die Scheidungsgeschichte so sehr zu oder lag es einfach am Alkohol? Wie auch immer, in beiden Fällen war er selbst schuld daran.
    Matteo trat näher und blieb dicht vor dem Klavier stehen. Wie erwartet registrierte Brizio seine Anwesenheit nicht. Und das hatte vermutlich nichts damit zu tun, dass sein Vater gedanklich weit fort war.
    Eine Kaffeetasse war auf dem Flügel abgestellt und hatte auf dem schwarzen Lack hässliche Ränder gezeichnet. Noch vor wenigen Jahren hatte Brizio ein Riesentheater gemacht, wenn jemand es wagte das Klavier auch nur zu berühren. Jeder Fingerabdruck war ein Weltuntergang. So änderten sich die Zeiten. Und das Leben.
    »Brizio«, sagte Matteo, hob die Hand und bewegte sie vor dem Gesicht seines Vaters auf und nieder. Keine Reaktion. Nicht einmal sein Vater konnte ihn sehen.
    Frustriert wankte Matteo in sein Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Er fühlte sich unendlich müde.
    Du bist nicht mehr da , wisperte Lith in seinem Kopf.
    Nicht mehr da …
    Die Klänge von Schubert trugen ihn fort.
    Als Matteo erwachte, war es still in der Wohnung. Der Wecker zeigte achtzehn Uhr. Anwaltstermin , fiel es ihm ein. Vor neun würden die Eltern nicht zu Hause aufkreuzen. Gut

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