Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
baumgesäumten Straße, und ihre Eingangstür schmiegte sich in einen nachempfundenen Säulengang. Hinter dem Haus befand sich eine Stellfläche, wo Fry ihren Peugeot parken konnte. Sie war froh, dass sie den
Wagen nicht auf der Straße stehen lassen musste, vor allem dann, wenn sie nachts im Bett lag und Betrunkene vorbeigehen hörte.
Fry kurbelte die Fenster herunter, um Luft ins Auto zu lassen. Womöglich würde das einer der wenigen Tage im Jahr werden, an denen sie sich wünschte, sie hätte eine Klimaanlage. Sie steckte ihr Mobiltelefon im Zigarettenanzünder ein, um sicherzugehen, dass es vollständig geladen war, wenn sie in der West Street ankam. Dann fuhr sie bis zur Ecke Castleton Road und wartete auf eine Lücke im Verkehr. Sie sah abermals auf die Uhr. Kurz vor halb neun. Vielleicht würde sie ja doch nicht zu spät kommen.
Ihr Gehirn war darauf geschult, von diesem Zeitpunkt an nur noch an die Arbeit zu denken und alles andere auszublenden. Wie üblich gab es eine Menge zu erledigen. Heute standen sowohl eine Sitzung zur Planung eines Einsatzes gegen den Missbrauch harter Drogen sowie eine Besprechung zu einem langwierigen Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung auf der Tagesordnung. Außerdem mussten die Ereignisse der vergangenen vierundzwanzig Stunden nach Priorität eingestuft werden.
Dann runzelte Fry die Stirn. Sie hasste es, den Tag mit Unannehmlichkeiten beginnen zu müssen, die sie nicht einordnen konnte. Und eine davon hatte ihr dieser Morgen bereits beschert, dank des Anrufs ihres Detective Inspectors. Wie lautete der Name, den er erwähnt hatte? Quinn? Sie konnte noch immer nichts damit anfangen. Doch diese Wissenslücke galt es zu schließen – wer, zum Teufel, war Mansell Quinn?
Sie schielte zu ihrem Telefon. Es gab einen Menschen, der es bestimmt wusste. Sie wollte nicht unbedingt mit ihm sprechen, wenn es sich vermeiden ließ, doch womöglich war es immer noch besser, als unwissend das Büro des Detective Inspectors zu betreten und sich damit eine Blöße zu geben. Ben Coopers Nummer war in ihrem Telefon gespeichert, als eines
von hundert Kürzeln auf seiner Chipkarte, sodass sie seine Gegenwart ständig mit sich herumtrug wie eine Narbe.
Cooper war ihr vom ersten Augenblick an auf den Wecker gefallen, nachdem sie zur E-Division gestoßen war. Er hatte in ihrer Vergangenheit herumgestochert und all die Erinnerungen ausgegraben, derentwegen sie die West Midlands hinter sich gelassen hatte. Und dann auch noch die Sache mit ihrer Schwester. Warum hatte er sich in diese Angelegenheit einmischen müssen? Allerdings würde sie Cooper ganz bestimmt nicht die Genugtuung verschaffen, ihn zu fragen. Fry hielt es für ausgeschlossen, dass es dafür irgendeine annehmbare Erklärung geben konnte.
Sie suchte seine Nummer im Verzeichnis ihres Telefons, wählte sie und war bereit, am Straßenrand anzuhalten, falls er abheben sollte. Doch er war nicht erreichbar. Fry zog aus Frust eine Grimasse. Natürlich, Cooper hatte heute frei. Warum sollte er da nicht sein Telefon ausschalten und sich einen schönen Tag machen?
Wasser quoll aus der Decke. Einige Tropfen landeten auf seinem Gesicht und ließen ihn blinzeln. Ben Cooper versuchte, eine Hand zu bewegen, um sie fortzuwischen, aber seine Arme waren zu straff festgezurrt. Dann spürte er, wie er eine Schräge hinaufbefördert wurde, und sah eine größere Kammer, die mit künstlichem Licht beleuchtet war. Als sich der Eingang der Höhle über ihm auftat, war endlich eine Veränderung in der Lufttemperatur festzustellen und ein Schimmer Tageslicht zu erkennen, dann hörte er die schrillen Schreie von Dohlen.
Mit einem erschöpften Beifallsruf ließen die sechs Männer in ihren gelben Schutzanzügen die Trage fallen, die dumpf aufschlug. Coopers Kopf stieß gegen die Plastikabdeckung.
»Hey, ich bin ein Verunglückter, schon vergessen? Wo ist der Krankenwagen? Bekomme ich etwa keinen Krankenwagen?«
Kurz darauf kam einer der Männer zur Trage zurück.
»Tut mir leid, Ben. Aber Sie sind doch tot .«
»Mein Gott, wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich da einlasse, Alistair, hätte ich mich nicht freiwillig gemeldet. Eigentlich hab ich mich ja auch nicht freiwillig gemeldet – ich bin überredet worden.»
Alistair Page zog seine Handschuhe aus und beugte sich vor, um die Verschlüsse der Gurte zu öffnen. Er war noch immer von dem übel riechenden Schlamm besudelt, der den Boden der Höhlen bedeckte und von der Rettungsmannschaft in
Weitere Kostenlose Bücher