Der Räuber Hotzenplotz
Zeit, Seppel!«
»Was hast du denn? Warum gehst du nicht weiter?«
»Mir ist etwas eingefallen! Wir hätten das Allerwichtigste fast vergessen!«
»Das Allerwichtigste?«
»Ja«, sagte Kasperl, »Großmutters Kaffeemühle!«
»Herrje!«, stöhnte Seppel und fasste sich an den Kopf, »du hast Recht, Kasperl! Großmutters Kaffeemühle muss her, da hilft alles nichts! Also kehrt – und zurück in die Räuberhöhle!«
»Ach wo!«, meinte Kasperl, »das machen wir einfacher!«
Er drehte zum zweiten Mal seinen Wunschring und sagte:
»Ich wünsche mir Großmutters Kaffeemühle herbei!«
Es gab einen Plumps – und schon lag sie zu seinen Füßen im Gras.
»Donnerwetter!«, rief Seppel, »das ist aber fix gegangen! Ob sie auch keinen Schaden genommen hat?«
Er hob die Kaffeemühle auf und probierte sie aus.
Die Kaffeemühle war in Ordnung: Sobald man die Kurbel drehte, spielte sie »Alles neu macht der Mai . . .« Doch, o Wunder – sie spielte es zweistimmig!
»Zweistimmig!«, staunte Seppel, »wie schön! Da wird Großmutter aber horchen . . . – Wie das nur möglich ist? Kannst du dir das erklären?«
Auch Kasperl fand die Geschichte sehr merkwürdig.
»Ob da die Fee Amaryllis dahinter steckt?«, meinte er.
»Klar!«, sagte Seppel, »natürlich! Sie wollte uns eine Freude machen damit, uns und Großmutter! Aber was tun wir nun mit dem dritten Wunsch?«
»Kannst du dir das nicht denken?«, entgegnete Kasperl. »Ich weiß es schon!«
Wachtmeister Dimpfelmoser erlebt einen großen Tag
Großmutter war in schrecklicher Sorge. Sie konnte sich nicht erklären, wo Kasperl und Seppel so lange steckten.
Schon gestern war Großmutter dreimal zur Polizei gelaufen und hatte mit Wachtmeister Dimpfelmoser gesprochen. Auch heute versuchte sie wieder ihr Glück bei ihm. Hoffentlich hatte er endlich eine gute Nachricht für sie!
»Haben Sie etwas von Kasperl und Seppel erfahren können, Herr Wachtmeister?«, fragte sie.
»Leider nein«, sagte Wachtmeister Dimpfelmoser, der hinter dem Schreibtisch saß und gerade frühstückte.
»Nein?«, fragte die Großmutter und begann zu weinen.
»Nein«, wiederholte der Wachtmeister. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nichts anderes sagen kann, Großmutter. Von den beiden fehlt jede Spur.«
»Wirklich jede?«
Der Wachtmeister zuckte die Achseln.
»Das Einzige, was wir von ihnen gefunden haben, ist dieser Handwagen dort in der Ecke. Sie kennen ihn?«
»Ja«, schluchzte Großmutter. »Kasperl und Seppel sind vorgestern früh damit losgezogen. Wo haben Sie ihn gefunden?«
»Er lag mit den Rädern nach oben am Waldrand im Straßengraben, wir haben ihn sichergestellt.«
»Und was nun?«, fragte Großmutter.
»Tja – was nun?«, brummte Wachtmeister Dimpfelmoser.
Er legte die Stirn in Falten und dachte nach. Dann haute er plötzlich mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte, dass das Frühstücksgeschirr nur so schepperte.
»Großmutter!«, rief er, »mir ist ein Gedanke gekommen! Wissen Sie, was wir machen? Wir lassen die beiden durch den Gemeindediener öffentlich ausrufen!«
»Glauben Sie, dass das hilft?«
»Das bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall kann es nicht schaden.«
Wachtmeister Dimpfelmoser packte sein Frühstück weg. Er zog einen großen Bogen Kanzleipapier aus der Schreibtischschublade, tunkte die Feder ins Tintenfass und begann zu schreiben:
»So«, meinte Wachtmeister Dimpfelmoser zufrieden, »fehlt nur noch die Unterschrift . . .«
Schwungvoll wie immer wollte er seinen Namen unter das Schriftstück setzen – aber es wurde ein dicker Klecks daraus. Denn gerade in diesem wichtigen Augenblick flog die Tür auf und herein stürmten Kasperl und Seppel!
»Hach!«, machte Großmutter und es fehlte nicht viel, dass sie wieder in Ohnmacht gefallen wäre, diesmal vor Freude.
»Grüß Gott!«, sagten Kasperl und Seppel, »da wären wir.«
Großmutter schloss sie in beide Arme, sie lachte und weinte gleichzeitig.
»Dass ihr nur wieder da seid! Ich hatte entsetzliche Angst um euch! Aber seid ihr's auch wirklich? Ich kann es noch gar nicht glauben! Was sagen Sie bloß zu der Überraschung, Herr Wachtmeister?«
Wachtmeister Dimpfelmoser war hinter dem Schreibtisch hervorgekommen und machte ein strenges Amtsgesicht.
»Ich muss sagen, es reicht mir! Nun habe ich ganz umsonst einen Bogen Kanzleipapier voll geschrieben! Konntet ihr nicht eine Weile früher kommen?«
»Das war leider nicht möglich, Herr Wachtmeister«, sagte Kasperl. »Aber wir haben Ihnen
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