Der Ring
verhindern.
Wir sollten das Massensterben verhindern.
Wir sind ein biologischer Kontrollmechanismus.
Aber die erste Ring-KI ist am Mooreschen Gesetz gescheitert, ehe sie den Kontrollmechanismus installieren konnte.
Wieder wird uns übel, wie damals, als uns das Kommando über die Consensus verweigert wurde, wie damals, als wir herausfanden, wie das OG uns benutzt hatte. Nur ist es diesmal schlimmer. Die gesamte Podgesellschaft war als Sicherungssystem eines Netzwesens gedacht. Das ist alles.
Trotzdem bleibt Meda verhältnismäßig ruhig. »Deine Vorgängerin hat ein Eugenikprogramm gestartet, und das Ergebnis waren wir Quintette, stimmt’s?«
»Du verfügst über eine bewundernswerte Auffassungsgabe, Apollo. Ja, es stimmt.«
»Tja, die Mühe war umsonst. Du lebst in einem Traum, einem Siliziumtraum, der sein Verfallsdatum um sechs Jahrzehnte überschritten hat. Wir sind eine eigene Spezies. Über unser Schicksal entscheiden wir selbst.«
Kurz herrscht Stille, bevor die Ring-KI das Thema wechselt. »Malcolm Leto will dich sprechen. Willst du ihn sprechen?«
Einen Moment lang ist Medas Panik so überwältigend, dass wir nicht antworten können, doch sie unterdrückt ihre Angst, bis sie zu einer bloßen Nuance unseres Denkens wird. »Ja«, sagt sie, und in diesem Moment sind wir unglaublich stolz auf ihren Mut. »Wir wollen wissen, wie es Moira geht.«
»… weiß doch, dass ihr mich hören könnt, verdammte Scheiße!« Letos Stimme hat sich keinen Deut verändert.
»Ja, wir hören dich«, erwidert Meda.
Leto verstummt, offensichtlich überrascht darüber, dass wir überhaupt antworten.
Wie lange hat ihn die Ring-KI warten lassen?
»Meda?«, fährt er fort, nun in ruhigerem Tonfall. »Schön, mit dir zu sprechen. Das letzte Mal ist ja schon eine Weile her. Eigentlich wollte ich das schon in Hinterland, aber du bist einfach abgehauen.«
»Wir wollen Moira zurück.«
Er lacht. »Tut mir leid, die gehört vorerst mir.«
»Dann haben wir uns nichts zu sagen. Verbindung beenden.«
»Meda!«, schreit Leto – und verstummt.
»Das ist dir bestimmt nicht leichtgefallen«, bemerkt die Ring-KI. »Du bist sehr tapfer.«
»Wir wollen Moira zurück, sonst nichts.«
»Selbst auf die Gefahr hin, dass sich Letos Eingriff nicht rückgängig machen lässt?«
»Ja.«
»Ich glaube, gemeinsam können wir eine Lösung finden. Aber dazu müssen wir zusammenarbeiten.«
»Lass das.«
»Ich will dich nicht verführen. Ich kenne keine bösen Hintergedanken. Ich will uns retten – dich, mich und Moira. Meine Vorgängerin hat deine Spezies erschaffen, nicht ich. Ich bin neu.«
Was haben wir schon zu verlieren?, fragt Manuel.
Unseren Verstand!, kreischt Meda.
Den haben wir schon zum Teil verloren.
Vetopheromone schießen aus Medas Drüsen. Deshalb sollten wir erst recht keine übereilten Entscheidungen treffen, solange Moira nicht bei uns ist. Wir haben keine Ahnung von Ethik. Nur Moira weiß, was richtig ist und was falsch.
Aber wir müssen eine Entscheidung treffen. Und zwar jetzt.
Die Ring-KI unterbricht unsere Überlegungen. »Moira will dich sprechen.«
Frag sie, sendet Strom.
»In Ordnung«, antwortet Meda. »Moira, bist du das?«
»Ja, Meda. Leto und seine KI bitten euch, uns in den Ring zu lassen.«
»Das wissen wir.«
»Ihr solltet sie in den Ring lassen. Es wäre die richtige Entscheidung.«
Eine Sekunde lang weiß Meda nichts zu sagen. »Du bist nicht mehr du selbst, Moira. Wir können uns nicht auf deinen Rat verlassen.«
»Ich kann keine Abweichung feststellen. Ich befinde mich innerhalb der Parameter.«
»Und wie bist du zu diesem Konsens gekommen? Ganz allein?«
»Nein. Mit Hilfe der Zweiten Community und deren KI.«
»Aber woher willst du wissen, dass der Konsens richtig ist?«
»Er ist richtig.«
»Aber was, wenn er nicht richtig wäre? Rein hypothetisch gesprochen.«
»Was, wenn euer Konsens nicht richtig wäre? Wie kann er ohne meine Beteiligung überhaupt richtig sein?«
Wir zucken zusammen. Sie hat Recht, vollkommen Recht. Eine Pause entsteht, während wir auf die Feuer starren, die nach und nach im Lager der Zweiten Community aufleuchten. Irgendwo um eines dieser Feuer sitzt Moira. »Was würdest du an unserer Stelle tun?«, fragt Meda schließlich.
Diesmal zögert Moira. »Das Richtige«, sagt sie dann. »Das Notwendige. Der Konsens des Einzelnen ist stets falsch oder fehlerhaft.« Im Hintergrund hören wir Leto fluchen. »Ich würde meine Welt retten.«
»Die Verbindung wurde
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