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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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schlug, seine Hände zitterten.

    Schwäche.
    „Ich kann sie an dir riechen …“ Die Worte verhallten, als Rex schließlich die Kontrolle verlor. Was dann passierte, registrierte er wie ein fremder Beobachter seines eigenen Körpers. Er trat einen Schritt vor, bis er sein Gesicht so weit genähert hatte wie Timmy seines vor wenigen Minuten.
    Die Angst in Rex’ Bauch hatte sich in etwas anderes verwandelt, etwas Heißes und Grausames, das durch seine Brust hinauf in seinen Kiefer drängte. Sein Gebiss öffnete sich, die Lippen zogen sich so weit zurück, dass er spürte, wie sie einrissen und seine Zähne und einen Zentimeter Zahnfleisch entblößten. Sein ganzer Körper spannte sich an wie ein langer, zitternder Muskel, der schwankend das Gleichgewicht hielt, wie eine Schlange, die zum Angriff ansetzt.
    Dann gab er einen Laut von sich, Timmy mitten ins Gesicht, einen entsetzlichen Ton, den Rex nie zuvor gehört und schon gar nicht selbst produziert hatte. Sein Mund stand noch immer weit offen, während sich Atemluft durch seinen fest verklebten Schlund einen Weg nach draußen bahnte, mit einem langen, markerschütternden Zischen – einer Mischung aus Fingernägeln an einer Tafel, dem Schrei eines Adlers und dem letzten Röcheln einer verletzten Lunge. Das Geräusch schien sich um Timmys zitternde Gestalt zu winden und die Luft aus ihm herauszupressen.
    Das Zischen verhallte in dem verlassenen Flur wie das Echo eines Schreis, bis es im Surren der Leuchtstoffröhren unterging.
    Timmy rührte sich nicht. Das verzerrte, verhaltene Lächeln blieb auf seinem erstarrten Gesicht, als ob ein achtloser Chirurg einen Nerv durchtrennt hätte und er mit diesem unfertigen Ausdruck bis zu seinem Lebensende herumlaufen müsste.

    „Schwäche“, sagte Rex leise mit immer noch leicht zischender Stimme.
    Dann wurde sein Körper weicher, jener unbekannte Dämon verließ ihn so unbemerkt, wie er gekommen war. Sein Kiefer lockerte sich, und Rex’ Muskeln verloren ihre unmenschliche Festigkeit – aber Timmy rührte sich immer noch nicht. Er sah vollständig erstarrt aus, wie eine Ratte, die nicht glauben kann, dass sie die Python durch Anstarren verscheucht hat.
    Er gab keinen Laut von sich, als Rex sich entfernte.
    Auf halber Strecke zur Sporthalle schlug Rex’ Herz immer noch zu schnell. Er war in Hochstimmung, fühlte sich selbstbewusst und stark, endlich von der Angst befreit, die ihn in den vergangenen zwei Jahren täglich durch die Flure der Bixby Highschool verfolgt hatte.
    Trotzdem fürchtete er sich. Er hatte versucht, seine Darklingseite zu bekämpfen, doch sie hatte sich nicht besiegen lassen.
    Andererseits fühlte er sich nach dem Ereignis so wunderbar
    – zielorientiert und irgendwie vollständiger. Und eigentlich hatte er doch gar nicht verloren, oder? Der Räuber hatte seine Krallen gezeigt, sie aber nicht benutzt. Er hatte nicht nach dem Puls an Timmys Hals, der leichten versprengten Beute, geschlagen.
    Vielleicht blieben Darklinganteil und menschliche Hälfte gleich stark. Vielleicht war Rex Greene immer noch gesund.
    Vorerst.

showtime
    8.31 Uhr morgens
2
    Sie verfolgte die Vorstellung mit ehrfürchtiger Faszination.
    Natürlich hatte Melissa dutzenden dieser Veranstaltungen gezwungenermaßen beigewohnt, aber im Grunde noch keine wirklich gesehen. Gedankenlärm war aus zahllosen Köpfen auf sie eingeströmt, während die alte Melissa hinten mit geballten Fäusten und geschlossenen Augen gekauert und vom Drumherum um Footballgames ungefähr genauso viel mitbekommen hatte wie ein Vogel von Flugzeugdesign, wenn er in den Sog des Düsenpropellers geraten war.
    Aber jetzt ließ sie sich von der Meute nicht mehr terrorisieren, und die Gedankenhorden drohten nicht mehr, sie auszulöschen. Wenn sie die Erinnerungen nutzte, Techniken der Midnightergenerationen, die Madeleine an sie weitergeben hatte, dann konnte sie sich über den Sturm erheben, auf seinen Wogen reiten wie in einem Rettungsboot im Meer.
    Endlich konnte sie all das schmecken …
    Den Auftritt der Mannschaft in Lycra, Testosteron und Prahlerei, die sich mit einem bitteren Nachgeschmack mischten – der Vorahnung, dass sie auch in diesem Jahr jedes einzelne Spiel verlieren würden. Einige Reihen weiter vorn gluck-te der Club der hübschen Mädchen zusammen, umgeben von einem Energiefeld aus Verachtung für all die Niemande um sie herum – wie sehr die Niemande sie im Gegenzug verachteten, bemerkten sie nicht. An den Rändern des Sportplatzes hatten Lehrer

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