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Der Rubin im Rauch

Der Rubin im Rauch

Titel: Der Rubin im Rauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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zu.
„Lesen Se mal das, wenn Se's überhaupt können. Lesen Se's!"
Ihr horniger alter Finger zeigte auf den letzten Abschnitt im Buch.
Er las ihn laut vor.
„Ich habe deshalb den Rubin aus der Bank genommen. Es ist die
einzige mir verbleibende Chance, mich zu erlösen und etwas aus
meinem verpfuschten Leben zu retten. Das Testament, das ich nach
den Anweisungen jener Frau verfaßt habe, ist annulliert worden; ihr
Anwalt sah keine Möglichkeit, aus dem Vertrag, den ich
unterzeichnete, auszusteigen. Ich werde ohne Testament sterben. Aber
ich möchte, daß du den Stein bekommst. Ich habe ihn versteckt, und
um ganz sicher zu gehen, werde ich in einem Geheimcode
verschlüsseln, wo er sich befindet. Er ist in -- "
Hier brach die Schrift ab. Er schaute sie an. „Nun, Mr. Hopkins",
sagte sie lächelnd. „Sehen Sie jetzt, was Sie angerichtet haben?" Er
zitterte vor Angst.
„Es war nicht drin, Ma'am, das schwör' ich!"
„Ich hab was von 'nem Unfall gesagt, oder?"
Er schluckte. „Ich hab schon gesagt -- "
„Ach, so 'n kleinen Unfall werden Se doch arrangieren können. Das
werden Se machen, Mr. Hopkins. Ein Blick in die Zeitung morgen,
und Sie werden genau das tun, was ich will."
„Was soll das heißen?"
    „Das wern Se schon sehn", antwortete sie. „Sie bringen mir den
Fetzen da bei -- irgendwo muß sie's ja schließlich haben -- und dann
bringen Sie das Mädchen um die Ecke."
„Das tu ich nich", sagte er unglücklich.
     
„Oh, doch, Mr. Hopkins. Darauf können Se Gift nehmen."
GELDGESCHÄFTE
    Mr. Hopkins brauchte nicht lange, um den Artikel in der Zeitung zu
finden. Er schien ihm regelrecht entgegenzuspringen, zusammen mit
Sirenen, Polizeitrillerpfeifen und dem Schnappen von Handschellen.
GEHEIMNISVOLLER TOD EINES PENSIONIERTEN
MAJORS
HAUSANGESTELLTE BERICHTET VON MANN IN KARIERTEM ANZUG
ÜBERLEBENDER DER MEUTEREI
    Die Polizei von Kent wurde heute morgen nach Foreland House,
Swaleness gerufen, wo Major George Marchbanks unter
geheimnisvollen Umständen den Tod gefunden hatte.
    Sein Leichnam wurde von der Haushälterin, Mrs. Thorpe, in der
Bibliothek seines einsam gelegenen Wohnsitzes entdeckt. Er war
offensichtlich erschossen worden. Eine leere Pistole wurde in der
Nähe gefunden.
    Der Major lebte zurückgezogen; seine Haushälterin war der einzige
Dienstbote. Nach einer Verlautbarung des Polizeidirektors Hewitt,
Kent, versucht die Polizei, einen Mann mit einem karierten Anzug,
einem Bowler und einer Diamantnadel ausfindig zu machen. Dieser
Mann besuchte Major Marchbanks am Morgen seines Todes, man
nimmt an, daß eine Auseinandersetzung stattgefunden habe. Major
Marchbanks war Witwer; es gibt keine überlebenden
Familienangehörigen. Er diente viele Jahre in Indien...
    Mr. Hopkins war außer sich vor Wut und mußte sich hinsetzen, um
wieder Atem zu schöpfen.
„Du alte Hexe", murmelte er. „Du Aas. Du alte berechnende Kuh.
Ich werd..."
Aber er saß in der Falle, und er wußte es. Wenn er nicht tat, was sie
wollte, würde Mrs. Holland irgendeinen unumstößlichen Beweis
erbringen, der ihn für einen Mord, den er nicht begangen hatte, an den
Galgen brächte. Er seufzte tief, zog sofort seinen Anzug aus und einen
neuen dunkelblauen Serge-Anzug an und fragte sich im Stillen, was
das für ein Spiel war, das Mrs. Holland da spielte. Wenn Mord zum
Einsatz gehörte, was mußte das dann für ein Preis sein?
    Mrs. Rees' Dienstmädchen Ellen haßte Sally, wußte aber nicht,
warum. Bosheit und Neid spielten eine Rolle; das ganze Spektrum an
Gefühlen war so mißlich, daß sie, als ihr eine Rechtfertigung für ihre
Abneigung angeboten wurde, diese sofort aufnahm, ohne sie näher zu
untersuchen. Diese Rechtfertigung erbrachte Mr. Hopkins. Mrs.
Holland hatte bei einem Angestellten des Anwalts Sallys Adresse in
Erfahrung gebracht, und Mr. Hopkins' glatte Manieren taten den Rest.
Er stellte sich Ellen als Detektiv vor und behauptete, Sally sei eine
Diebin und habe einige Briefe gestohlen
-- äußerst heikle
Angelegenheit -- hochangesehene Familie -- und dann ein Hauch von
Skandal bei so einer noblen Familie etc. All dies war natürlich
aufgeplustert, aber es war der Stoff für die Klatschseiten der
Zeitschriften, die Ellen las; für sie war es ein gefundenes Fressen.
    Die Unterhaltung fand auf der Treppe statt. Sehr schnell hatte sie
sich überreden lassen, Mr. Hopkins heimlich ins Haus zu lassen,
nachdem alle zu Bett gegangen waren; sie hielt es für ihre Pflicht sich
selbst gegenüber,

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