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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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verzog das Gesicht zu einer schmerzhaften Grimasse, als sie versehentlich den befallenen Zahn berührte. Sinnloser Zorn überflutete sie.
    »Quält dich der Wurm immer noch?«, erkundigte sich Grimhild, die eben zur Tür hereinkam, mitfühlend.
    »Es ist kaum auszuhalten.« Oda hatte genug und warf die Salbeiblättchen auf einen Tisch. »Hast du deine Vorbereitungen für das Mittsommerfest getroffen?«
    »Dazu habe ich später noch Zeit.«
    »Du überraschst mich. Die letzten Jahre konntest du es kaum erwarten und hast uns schon Wochen vorher verrückt gemacht. Du warst eine richtige Landplage.«
    Grimhild schnaubte verächtlich. Das war Ewigkeiten her. Damals war sie noch ein Kind gewesen. Jetzt war sie eine Frau und sah die Welt mit anderen Augen. Gedankenverloren leckte sie sich über die Lippen. Wie brachte sie am besten zur Sprache, was ihr auf dem Herzen lag? Bei ihrer Mutter musste sie anders zu Werke gehen als bei Gislher, sich ihrer Unterstützung zu versichern, erforderte Fingerspitzengefühl. »Ich muss mit dir sprechen, Mutter.«
    Oda seufzte. Blieb ihr denn heute gar nichts erspart? Sie wollte sich einfach nur ins Bett legen, an nichts denken und leiden. Aber als Herrin über die Frauenangelegenheiten der Burg hatte sie ebenso Pflichten wie als Mutter. »Es geht um frō Sigfrid?«
    Grimhild versuchte erst gar keine Ausflüchte. »Ich glaube, er wird bei Gunter um mich freien«, sagte sie und merkte zu ihrer Verärgerung, wie sie rot wurde.
    »So, du glaubst«, spöttelte Oda. Sie kannte ihre Tochter gut genug, um zu wissen, dass diese Mittel und Wege fand, sich zu vergewissern, wenn ihr etwas am Herzen lag.
    Grimhild ignorierte den Unterton; auf der Ebene kam sie gegen ihre Mutter nicht an. »Würdest du   …« Sie verstummte, schluckte und setzte erneut an: »Würdest du Gunter zureden, Sigfrids Werbung anzunehmen?« Es gelang ihr nicht, ihre Mutter dabei anzusehen. Zuviel bedeutete ihr die Antwort auf diese Frage, und sie wollte nicht, dass jemand so tief auf den Grund ihres Herzens blicken konnte.
    Oda setzte sich zu Grimhild auf die Bank und sah abwesend in die Ferne. Es gab manches zu überdenken. Und nicht das Geringste war die Tatsache, dass ihrer Tochter viel daran gelegen sein musste, wenn sie sich so weit vorwagte. Nachdenklich fuhr Oda mit der Zunge über den kranken Zahn, der sie mit seinem Pochen immer wieder ablenkte.
    Grimhild wagte nicht, die Überlegungen ihrer Mutter zu stören, so ungeduldig sie auch auf eine Antwort wartete. Es behagte ihr ganz und gar nicht, wenn sich die Dinge außerhalb ihrer Kontrolle befanden. Sie hatte es lieber, wenn sie den Gedanken der Menschen einen sanften Stoß in die richtige Richtung geben konnte. Ohnmacht war etwas Entsetzliches.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, dass Sigfrid um dich freit.« Oda sprach mehr zu sich selbst als zu ihrer Tochter. »Natürlich, er ist ein großer Krieger und der Erbe von Tarlungenland, als Verbündeter in der Not wäre er von unschätzbarem Wert. Andererseits ist er leichtsinnig und unbesonnen, er denkt nicht klug wie dein Bruder. Sein heißes Blut könnte ihn in einen sinnlosen Krieg stürzen, und dann wären wir gezwungen, ihm beizustehen.«
    »Mutter«, sagte Grimhild ungeduldig, »es geht nicht um Politik, sondern um mein Leben!«
    »Du weißt sehr gut, dass das ein und dasselbe ist, meine vorwitzige Tochter.« Oda seufzte. »Um ehrlich zu sein, ich bin nicht einmal sicher, ob ich um deinetwillen mit ihm versippt sein möchte.« Sie hob beschwichtigend die Hände, ehe Grimhild protestieren konnte. »Ich weiß, ich weiß! Er sieht gut aus, er ist tapfer, er ist ehrlich   – ich kenne seine Vorzüge.«
    Und er ist zärtlich, fügte Grimhild in Gedanken hinzu, aber das wagte sie nicht laut zu sagen.
    Vielleicht konnte ihre Mutter hinter ihrer Stirn lesen, denn sie fügte hinzu: »Und er wird dir vermutlich ein guter Liebhaber sein.« Oda lachte, als sie den schockierten Gesichtsausdruck ihrer Tochter sah. »Ist es mir einmal gelungen, dich sprachlos zu machen? Ich verstehe sehr gut, was dir an ihm gefällt. Wäre ich zwanzig Jahre jünger, würde ich ihm auch schöne Augen machen. Aber Liebe ist nicht zwangsläufig die ideale Ausgangsbasis für ein Ehebündnis. Manchmal ist es vorteilhafter, wenn einem keine Gefühle im Weg stehen.« Sie sah ihre Tochter an und seufzte erneut. »Ich nehme an, jedes meiner Worte ist verschwendet. Ich kann es dir nicht einmal übel nehmen. Mit deinem Vater ging es mir

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