Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Die Fragen, die Timothy immer wieder zwischendurch stellte, notierte er sich.
»Also«, sagte er dann, »deine Wohnung stand seit dem zwanzigsten Dezember unter Beobachtung.«
Timothy nickte. »Ich hätte Brooker nicht als Geist erscheinen sollen, aber die Versuchung war einfach zu groß.«
»Einen Tag später hätte man ohnehin gewußt, daß du nicht in Smileys Büro umgekommen warst. Die Polizei konnte zwar nicht feststellen, wie viele Menschen dort getötet worden waren, aber keiner der Knochensplitter und Zähne hätte zu deiner Figur gepaßt.«
»Zwerge fallen immer auf«, schimpfte Timothy.
»Wo aber warst du?« fuhr Ironsides fort. »Das einzige, was man mit Sicherheit zu wissen glaubte – wir übrigens auch! –, nicht im ›Nebraska‹.«
»Das verstehe ich nicht. Wieso?«
»Weil du die von dir bestellten Delikatessen nicht abgenommen und auch niemanden beauftragt hast, sie entgegenzunehmen, und das so kurz vor dem Fest; geräucherten Aal, Langusten, frische Himbeeren –«
»Hör auf!« rief Timothy. »Das hatte ich in meiner Wut tatsächlich vergessen.«
»Als nun noch zwei Kisten original Scotch Whisky an BRIAND zurückgingen, schien endgültig sicher: Wo immer du stecktest, im ›Nebraska‹ warst du nicht. Deshalb hat man auch nur kontrolliert, wer das Haus betrat. Wie aber dich finden? Da ist man auf die Idee mit GAME-GAME gekommen.«
»Wer? Die Brookers oder die NSA?«
»Deborrah Johnson.«
»Die Bachstelze!« Timothy schrie laut auf. »Na, warte, meine Liebe, wenn ich erst wieder –« Er sah Ironsides an. »Weißt du, wie die Bachstelze dazu kam?«
»Ja.« Ironsides lächelte. »Einer unserer Agenten im Hauptquartier hat den Fall von Anfang an verfolgen können. Leider wußten wir auch immer nur soviel wie die NSA.« Er blickte Timothy vorwurfsvoll an, Timothy zuckte mit den Schultern. »Entschuldige.«
»Bis zu deinem Anruf hatten die Brookers niemanden nach Harlington gelassen; jetzt luden sie den Chef des Geheimdienstes ein und beichteten ihm das Bombenattentat; Hymes sanktionierte ihr Vorgehen und erklärte dich zum Staatsfeind. Von der Bachstelze wollte er vor allem erfahren, wieviel du über die Klons herausbekommen hattest. In diesem Gespräch hat er ihr den Vizegouverneur zugesagt, wenn sie dich ans Messer liefert.«
»Ich dachte, ich hätte schon so meinen Teil dazu beigetragen, daß sie den Posten bekommt«, sagte Timothy grimmig.
»Als man trotz GAME-GAME nach drei Tagen noch immer keine Spur von dir gefunden hatte – keine echte! –, überzeugte man Earl Brooker, sich einer Trance-Befragung zu unterziehen, um die Psycho-Blockade zu durchbrechen.«
»Das geht also doch!«
»Ja, neuerdings. Eine Kombination von Drogen, Elektroschocks und Subfaszinations-Hypnose, eine hundsgemeine Quälerei.«
»Gerade das Richtige für dieses Schwein«, erklärte Timothy. »Und da hat er alles ausgeplaudert?«
»Der Delinquent kann zwar nur mit Ja oder Nein antworten, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die NSA wußte, daß tatsächlich du Earl Brooker gekidnappt hattest, daß ihr weder Treppen gestiegen noch Lift gefahren seid und wie sein Gefängnis ausgesehen hatte, und von der Geheimetage war der Weg zum Penthaus dann nicht mehr weit. Aber bevor noch ein Kommando zum Penthaus aufbrach, kam die Nachricht, daß du entdeckt worden warst.«
»Wie? Hat Coats mich verraten?«
»Nein, du selbst.« Ironsides lachte, als er Timothys verblüfftes Gesicht sah. »Dein Geruch! Man vermutete von Anfang an, daß du noch in Chicago warst; kein Verkehrscomputer hatte dich registriert, und seit der Sperrung deines Identicats konntest du die Stadt nicht mehr verlassen haben. So kam man auf die Idee, die ›Wilde Meute‹ auf dich loszulassen, und einer der Hunde hat deine Spur aufgenommen.«
»Sagtest du nicht, die NSA sei gar nicht im Penthaus gewesen?«
»Das sind keine herkömmlichen Hunde«, erklärte Ironsides, »sondern Chimären, übrigens eine Entwicklung der UNITED für die NSA. Sie können rund tausendmal besser riechen als ein gewöhnlicher Fährtenhund. Die Gen-Chirurgen der UNITED haben sie mit den Riechapparaten von Nachtfaltern ausgestattet.«
»Von Schmetterlingen? So eine Art fliegende Hunde?«
»Sie sehen schon wie normale Schäferhunde aus, doch sie können noch aus mehreren Kilometern Entfernung eine extrem schwache Duftspur aufnehmen. Aber das mit den fliegenden Hunden war gar nicht so falsch, Tiny; da die NSA erst über ein Dutzend solcher Tiere verfügt, kam man
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