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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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geschäftsmäßige Art. Schließlich war sie jetzt Journalistin – wie Joan Didion, wie Frances FitzGerald – und hatte ein Image zu wahren. Der Journalismus – und sie sagte es laut vor sich hin, während sie in die Dusche stieg –, das war ein achtbarer Beruf. Im Krankenhaus konnte sich Ruth davon überzeugen, wie sehr die Hiro-Tanaka-Story immer noch im Blick der Öffentlichkeit stand. Überall waren Reporter und quetschten Sekretärinnen, Polizisten, Ärzte, Schwestern, sogar die Hausmeister nach Auskünften über Hiros Zustand aus. Er hatte sich beharrlich geweigert, mit irgendjemandem zu sprechen – nicht einmal mit dem vom Gericht gestellten Pflichtverteidiger und dem Dolmetscher. Er hatte eine Septikämie (und deshalb vierzig Grad Fieber), außerdem Bakterienruhr und Hakenwürmer, und der Bundesstaat Georgia legte ihm zweiundzwanzig Vergehen zur Last, denen die Einwanderungsbehörde noch weitere zwölf Anklagepunkte hinzufügte. Ruth posierte für die Fotografen auf der Krankenhaustreppe – nicht etwa aus Gewinnsucht, andererseits waren Fotos von ihr so gut wie bares Geld –, die Reporter dagegen wimmelte sie ab. Wozu denen etwas erzählen? Jetzt war es ihre Story. Ihr war klar, welche Probleme Hiro hatte, und er tat ihr sehr leid, auch wenn sie wusste, dass ein paar Leute – die Jane Shines dieser Welt – sagen würden, sie habe sehr wohl aus Gewinnsucht gehandelt, habe aus seinem Leid Kapital geschlagen und sei gelassen aus dem Gerichtssaal spaziert, während er die Sache ausbaden musste. Vor allem da man aufgrund einer Abmachung mit Abercorn und dem Staatsanwalt die Anklage gegen Saxby fallen gelassen und auch ihr Straflosigkeit zugesichert hatte. Aber darum ging es ihr gar nicht. Das war eine böswillige Verzerrung der Tatsachen. Natürlich tat ihr Hiro leid, aber als sie im Fahrstuhl hinauffuhr, versuchte sie sich innerlich ein klein wenig hart zu machen. Schließlich hatte niemand von ihm verlangt, von seinem Schiff zu springen oder sich auf der Veranda ihres Studios niederzulassen – das musste allen klar sein. Ihm musste es klar sein. Und wenn sie sich im Tausch für Straffreiheit bereit erklärt hatte, vor Gericht auszusagen, so würde sie bei ihrem Auftritt dort alles tun, was in ihrer Macht stand, um Hiros Unschuld zu beteuern und zu erklären, dass die ganze Geschichte nur eine Eskalation von Missverständnissen gewesen war, dass er im Grunde nur ein großes Kind war, ahnungslos und naiv, das nichts weiter wollte, als in einer billigen Mietwohnung in Little Tokyo zu leben und sich unter die Menge zu mischen. Er war kein Verbrecher, er war eine traurige Gestalt, sonst nichts. Sie kam auf Hiros Etage an. Die diensthabende Schwester, eine kleine Schwarze mit tausend Zöpfchen und Ohrringen von Briefbeschwererformat, bedachte Ruth mit einem ehrfürchtigen Blick von der Sorte, die sie sich vielleicht für Lady Di oder Fergie oder Donna Summer persönlich aufsparte, und führte sie an einem gelangweilten Polizisten vorbei in Hiros Zimmer. Hiro saß aufrecht im Bett und sah fahl aus, seine Haut und die Iris seiner Augen wirkten leicht gelblich, als wären sie stumpf geworden. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos, tot, das Gesicht eines steinernen Buddha, doch es belebte sich, als er den Blick zu Ruth hob. »Rusu«, sagte er, und obwohl er deprimiert war, obwohl er verletzt, krank und besiegt war, konnte er seine Freude nicht verbergen, und ganz kurz flackerte sein schiefes Lächeln auf. Ruth gab sich keinen Illusionen über die Story hin – über Hiros Story. Ihre Story. Sie würde vermutlich eine Halbwertszeit von etwa drei Tagen haben. Es war eins dieser Themen, die aus unerfindlichen Gründen das gesamte Land in fieberhafte Aufregung versetzen, um sofort wieder ins Nichts dahinzuschwinden, als Schnee von gestern, ein vager Schimmer in der kollektiven Erinnerung. Das wusste sie. Aber sie war zuversichtlich, das Buch in sechs Monaten fertig zu haben – es war ja ihre eigene Geschichte, sie kannte alle intimen Einzelheiten –, und aus diesem Schimmer noch einmal Funken auflodern zu lassen. Und offenbar teilte ihr Verleger diese Zuversicht. Die Reporter vor der Tür verschafften ihnen eine Publicity, die man mit Geld nicht kaufen konnte. »Hiro«, begrüßte sie ihn und ging durch den Raum auf ihn zu.
    Sie setzte sich neben das Bett. Sie schwiegen. Der Polizist steckte den Kopf zur Tür herein, dann verschwand er wieder. »Wie geht’s dir?«, fragte sie schließlich und wühlte in ihrer

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