Der Sandner und die Ringgeister
bemüht.
Auf dem Großbildschirm vermessen, wiegen und füttern fleißige Tierwärter in akribischer Manier putzige Zoobewohner. Derweil ist der Sandner am Einnicken.
Die Wohnungstür wird aufgesperrt. Mit einem Ruck sitzt er aufrecht.
»Gertie!«, plärrt der Troll vom Gang her.
»Die is ned daha«, schallt es vom Sandner zuckersüß zurück. Mittagsläuten. Fütterung. Der Lehnharter bekommt um diese Zeit seine warme Mahlzeit. Hungrig steht er vor dem Sandner und starrt ihn an. Die feuchte Unterlippe hängt herunter. Ähnliches hat der Polizist im Fernsehen betrachtet, mit dichterem Fellbewuchs. Der Hausl scheint krätzig, stemmt die Fäuste in die Hüften.
»Was machen Sie ...?«
»Warten. Ihr Frau hat koa Zeit, und ich hab gedacht, ist doch schön, wema heimkommt und ...«
»Was heißt koa Zeit?«
»Lehnharter, setzen Sie sich her.« Aufmunternd klopft der Sandner aufs Polster. Sitz, Troll!
Der Mann ist zu verdattert, um zu widersprechen. Dass seine Gemahlin gerade ihren ersten Arbeitstag im Hotel Sammert hätte, erklärt ihm der Sandner, äußerst einfühlsam. Mehr dazu lässt er sich nicht entlocken. Überzeugungsarbeit war nötig gewesen. Die Imhofer und die Rindsbacher haben sich reingekniet bei der Lehnharterin. Und dazu war es wirksam, gegenüber dem Hotelbesitzer durchblicken zu lassen, wie das Etablissement sonst im Fokus von Polizei und Presse stünde. Bates Motel am Bahnhof. Wöchentliche Razzia inklusive. Nachdem die Walther in der Nacht die Rezeption entseelt hatte, im Zusammenhang mit umfangreichen Durchsuchungen, Vernehmungen und der Verhaftung eines gewissen Ilic, ist Not an der Frau. Die Lehnharterin würde den Laden hundertprozentig auf Vordermann bringen. Sogar ein Personalzimmer hatte er rausgeschlagen, für alle Fälle.
»Ja aber ... und was ist mit der Geschicht?«, fragt der Hauswart verwirrt. Überzeugt scheint er, dass er es einrenken wird mit der Gertie. Heute ein Abenteuer und morgen zurück am Herd. Banalität.
»Alles geregelt«, verkündet der Sandner lapidar.
Der Lehnharter rülpst verzückt.
»Hab ich mir gedacht, dass der falsche Fuchzger dahintersteckt. Dankschön, Herr Sandner. Sie sind halt ein Profi. Trink ma an Obstler drauf?«
Der Polizist steht auf.
»Na, Wiederschaun, Lehnharter.«
Schon bei der Tür, haut er ihm noch eine Frage hin.
»Was kostet eigentlich so ein Sony Fernseher? LCD, großer Bildschirm, tät mich auch reizen.«
»Geht scho«, nuschelt der Lehnharter. Milchschlabbernde Kragenbärbabys fesseln grad seine Aufmerksamkeit. Exorbitantes Zungenspiel.
»Na, unter Freunden? Was verlangt denn Ihr Spezl, der Friedel, wenn was vom LKW gfallen ist?«
Der Lehnharter ruckt hoch. Der Schädel färbt sich krebsrot.
»Was?«
»Lehnharter, wir beide wissen doch Bescheid.« Zumindest ist das Sandners Hoffnung, sonst könnte er zammpacken.
»Im Keller hams noch den Karton. Meine Kollegen wären ganz spitz drauf, sich das genauer anzuschauen. Der Friedel ist ja ein alter Bekannter. Fischer Friedrich, geboren siebzehnter vierter einundsiebzig in Murnau, diverse Verurteilungen wegen Hehlerei und Diebstahl. Kollegen haben mir geflüstert, Fernseher sind aktuell seine Spezialität. Viermal eingnaht gewesen, Nummer fünf bald wegen Ihnen. Scho saublöd.«
»Was wollens denn von mir, Hurenseuch!«
»Den Fernseher ned«, sagt der Sandner. Er geht zurück zum Sofa.
»Hier ist die Adresse von der Caritas Suchtberatungsstelle, da gehen Sie hin, wöchentlich, zwecks dem Saufen. Erster Termin, morgen vierzehn Uhr dreißig. Seien Sie ja pünktlich. Und hier ist die Adresse einer Männergruppe, weil Sie so gern zuhauen, bei den Weibern. Da gehen Sie auch hin. Und hier ist ein Heftl, da lassen Sie sich das unterschreiben.«
Er wirft das Heft auf den Tisch. DIN A5, Viertklasszeilen, Lehnharter steht vorne drauf, in sandnerscher Schönschrift.
»Ich kontrollier es. Und wenn es Ärger gibt, rupft dich der Profi, wie ein Hendl. Alles verstanden? Nix vergessen!«
»Zefixhalleluja!«, brüllt der Lehnharter und fegt ein Bierglas vom Tisch. An der Wand zerscheppert es und hinterlässt einen braunen Fleck.
Der Sandner nickt bloß.
»Nicht das Heftl kaputt machen«, mahnt er schon im Gehen. »Wennst ned brav bist, ist der Fernseher weg, und du und dein Friedel treffts euch beim Richter. Capice?«
»Sie sand ja ned bei Trost!«, wird ihm nachgeplärrt.
Man sagt so leicht, jemand verstünde die Welt nicht mehr. Das ist eine Gemeinsamkeit zwischen dem Lehnharter und
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