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Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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Erinnerungsfähigkeit wirklich lesen konnte.

    Ich weiß nicht, wie lange ich brauchte, bis ich diesen dünnen Metalldeckel aufzuschlagen wagte. Um den schrecklichen Augenblick hinauszuzögern, erfand ich alle möglichen Ausreden. Ich nahm die Taschenlampe aus dem Mund und schaltete sie aus, um die Batterie zu schonen. Jetzt, in der Dunkelheit, nahm ich meinen Mut zusammen und schlug den Deckel auf, ohne dabei die Lampe anzuknipsen. Dann endlich ließ ich das Licht auf die aufgeschlagene Seite fallennachdem ich mir fest vorgenommen hatte, auf keinen Fall zu schreien, was immer ich auch finden sollte.

    Ich sah einen Moment lang hin, dann brach ich zusammen. Aber mit zusammengebissenen Zähnen gelang es mir, jeden Laut zu unterdrücken. Ich sank vollends zu Boden und schlug mir in der undurchdringlichen Finsternis mit der Hand an die Stirn. Was ich erwartet und befürchtet hatte, war da. Entweder träumte ich, oder Zeit und Raum waren zur Farce geworden.

    Ich mußte träumen aber ich würde das Trugbild auf die Probe stellen und dieses Ding mitnehmen und es meinem Sohn zeigen, wenn es wirklich ein realer Gegenstand war. Mir wurde furchtbar schwindelig, obwohl in der ungebrochenen Finsternis keinerlei Objekte sichtbar wurden, die sich vor meinen Augen hätten drehen können. Gedanken und Bilder von äußerster Schrecklichkeit ausgelöst von den Perspektiven, die der eine kurze Blick eröffnet hatte drangen auf mich ein und raubten mir fast die Sinne.

    Ich dachte an die vermeintlichen Spuren im Staub und zitterte vor dem Geräusch meines eigenen Atems. Ich schaltete die Lampe wieder ein und sah die Seite an, wie das Opfer einer Schlange seinem Mörder in die Augen und den aufgerissenen Rachen blickt. Dann, mit klammen Fingern und im Dunkeln, klappte ich das Buch zu, steckte es in seinen Behälter zurück und ließ den Deckel und den seltsamen Hakenverschluß zuschnappen. Das war es, was ich an die Außenwelt bringen mußte, wenn es wirklich existierte wenn dieser ganze Abgrund wirklich existierte wenn ich und die Welt selbst wirklich existierten.

    Wann ich mich schwankend erhob und den Rückweg antrat, kann ich nicht genau sagen. Es berührt mich seltsam, daß ich -ein Maßstab für den Grad meiner Entrücktheit von der Außenwelt während dieser grauenhaften Stunden unter der Erde nicht ein einziges Mal auf die Uhr sah.

    Die Taschenlampe in der Hand und den ominösen Behälter unter dem Arm, sah ich mich schließlich auf Zehenspitzen und in einer Art lautloser Panik an dem zugigen Loch und den unheimlichen Spuren vorüberschleichen. Ich dämpfte meine Vorsicht, während ich die endlosen Rampen hinaufstieg, konnte aber nicht den Schatten einer Angst abschütteln, die ich beim Herabsteigen nicht empfunden hatte.

    Ich fürchtete mich davor, abermals die schwarze Basaltkrypta zu durchqueren, die älter war als die Stadt selbst und in der kalte Luftströme aus unbewachten Tiefen heraufstiegen. Ich dachte an die Wesen, vor denen sich die Große Rasse gefürchtet hatte, und die vielleicht noch immer dort unten hausten, mochten sie auch noch so schwach und todgeweiht sein. Ich dachte an jene fünfteiligen, kreisförmigen Abdrücke und an das, was ich aus meinen Träumen über derartige Abdrücke wußte an die seltsamen Winde und Pteifgeräusche, von denen sie begleitet waren. Und ich dachte an die Geschichten der Eingeborenen, in denen schreckliche Stürme und namenlose Ruinen eine so wichtige Rolle spielten.

    Ein in die Wand gemeißeltes Symbol sagte mir, auf welcher Höhe ich von der Rampe abbiegen mußte, und schließlich kam ich vorbei an dem anderen Buch, das ich untersucht hatte in den großen, kreisförmigen Raum mit den nach allen Richtungen ausstrahlenden Gängen. Zu meiner Rechten erkannte ich sofort den Gang, durch den ich hergekommen war. Dort hinein ging ich, in dem Bewußtsein, daß der Rückweg von hier an beschwerlicher sein würde wegen der vielen Trümmerhaufen außerhalb des Archivgebäudes. Ich hatte an meiner neuen Last in dem Metallbehälter schwer zu tragen und fand es immer schwieriger, keinen Lärm zu machen, während ich über Schutt und Trümmer jeder erdenklichen Art hinwegstolperte.

    Dann gelangte ich an den bis zur Decke reichenden Trümmerberg, in den ich das enge Schlupfloch gewühlt hatte. Unendliche Angst ergriff mich bei dem Gedanken, daß ich mich dort wieder, hindurchzwängen mußte, denn beim ersten Mal war es nicht ohne Geräusch abgegangen, und jetzt, nachdem ich diese

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