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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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fletschte die Zähne. Er bemerkte nun viele kleine Bewegungen im ganzen Raum. Eine Menge winziger Doppelgänger stieg aus den Spiegelscherben hervor. Seine Hand wurde taub und kalt, als sauge das Dinge die Wärme aus seinem Fleisch. Die Hitze Saidins schwoll in ihm an. Das Blut rauschte in seinem Kopf, und die Hitze floß in seine eisige Hand.
    Plötzlich zerbarst die kleine Gestalt wie eine Blase, und er spürte, wie etwas in ihn hineinströmte, vielleicht ein kleiner Teil seiner verlorengegangenen Stärke. Er zuckte, und sein Körper wurde von kleinen Blitzschlägen neuer Lebenskraft erschüttert.
    Als er den Kopf hob und sich dabei fragte, wieso er eigentlich noch nicht tot sei, waren die kleinen Doppelgänger, die er aus dem Augenwinkel gesehen hatte, alle verschwunden. Die drei größeren standen schwankend da, als habe er ihnen diese neue Kraft abgewonnen. Doch während er sich noch umsah, faßten sie wieder Fuß und kamen erneut, wenn auch vorsichtiger als zuvor, auf ihn zu.
    Er trat zurück und zermarterte sich das Hirn. Sein Schwert bedrohte erst den einen und dann den anderen. Wenn er so weiterkämpfte wie vorher, würden sie ihn früher oder später töten. Das war ihm genauso klar, wie die Tatsache, daß er blutete. Aber seine Doppelgänger wurden durch irgend etwas miteinander verbunden. Als er die Kraft des Winzlings in sich aufgesogen hatte - der bloße Gedanke daran ließ in ihm Übelkeit aufsteigen, aber es war Tatsache -, hatte er damit nicht nur die anderen kleinen Spiegelbilder gleich mitgenommen, sondern auch, zumindest einen Augenblick lang, die größeren geschwächt. Wenn er das gleiche bei einem von ihnen fertigbrachte, wären vielleicht alle drei vernichtet.
    Bei dem Gedanken daran, sie in sich hineinzusaugen, wurde ihm schlecht, aber etwas anderes fiel ihm nicht ein. Aber ich weiß nicht, wie! Wie habe ich das angestellt? Licht, was genau habe ich getan? Er mußte mit einem davon ringen, ihn wenigstens berühren; irgendwie war er sich dessen sicher. Aber wenn er versuchte, sich einem so weit zu nähern, würde er innerhalb eines Herzschlags von drei Schwertern durchbohrt. Spiegelbilder. Inwieweit sind sie immer noch Spiegelbilder?
    Er hoffte, sich damit nicht selbst zum Narren zu machen - dann wäre er nämlich im Handumdrehen ein toter Narr -und ließ sein Schwert verschwinden. Er war bereit, es innerhalb eines Augenblicks wieder erscheinen zu lassen, aber als seine flammengeschmiedete Klinge verlosch, geschah das gleiche mit den Klingen der anderen. Diesen einen Moment lang zeichnete Verwirrung die drei Kopien seines Gesichts, von denen eine nur noch eine blutige Grimasse darstellte. Doch bevor er einen von ihnen packen konnte, sprangen sie alle auf ihn zu und stürzten in einem wilden Haufen um sich schlagender Gliedmaßen zu Boden. Sie rollten über den scherbenübersäten Teppich.
    Kälte sickerte in Rand ein. Seine Gliedmaßen wurden taub, seine Knochen ebenfalls, bis er die Scherben kaum noch spürte, die Glasscherben der Spiegel und die Porzellanscherben, die sich in seine Haut bohrten. Etwas wie Panik flackerte durch die ihn umgebende Leere. Möglicherweise hatte er einen tödlichen Fehler begangen. Sie waren viel größer als derjenige, den er in sich aufgenommen hatte. Sie entzogen seinem Körper auch viel mehr Wärme. Und nicht nur Wärme. In dem Maße, wie sein Körper erkaltete, nahmen ihre glasigen Augen Leben an. Mit kalter Sicherheit wurde ihm klar, daß sein Tod diesen Kampf nicht beenden würde. Sie würden untereinander weiterkämpfen, bis nur noch einer übrig blieb, und der würde dann sein Leben führen, seine Erinnerungen besitzen, er sein.
    Verzweifelt kämpfte er weiter. Je schwächer er wurde, desto mehr strengte er sich an. Er sog Saidin in sich auf und versuchte, sich mit dessen Wärme aufzuladen. Selbst das Würgen ob Saidins Verderbtheit war ihm jetzt willkommen, denn je stärker er das empfand, desto mehr der Macht nahm er in sich auf. Wenn sein Magen rebellierte, zeigte das ja, daß er noch am Leben war und kämpfen konnte. Aber wie? Wie? Was habe ich vorhin nur gemacht? Saidin tobte durch seinen Körper. Wenn er diesen Kampf überlebte, so schien es ihm, würde die Macht ihn verschlingen. Wie habe ich das angestellt? Alles, was ihm übrig blieb, war, Saidin an sich zu reißen... zu versuchen... die Angreifer damit zu packen... in einer Gewaltanstrengung...
    Einer der drei verschwand. Rand spürte, wie die Gestalt in ihn hineinglitt. Es war, als sei er aus

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