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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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zustoßen. Daran glaubte Imke fest. Es war doch wohl kaum denkbar, dass zwei Frauen aus derselben kleinen Familie gleichzeitig Opfer eines Gewaltverbrechens wurden.
    Vor der Abreise musste sie noch einige Dinge erledigen. Sie tat das, nachdem die Polizisten und der Kommissar sich verabschiedet hatten, ruhig und konzentriert. Tilo war im Haus. Die Türen und Fenster (auch die im Keller) waren zu. Es konnte ihnen nichts passieren.
    Sie hatte sich kurzfristig mit Lukas Tadikken verabredet, um ihm die ersten Aufgaben zu übertragen. Es war ungünstig, dass sie ihn nicht einarbeiten konnte, aber sie war ja über ihr Handy erreichbar, und außerdem wäre immer noch Tilo ansprechbar, der über viele ihrer Angelegenheiten Bescheid wusste.
    Einzig Tilo hatte sie Anschrift und Telefonnummer der Pension anvertraut und auch das nur für den Notfall. Alle anderen Kontakte, das hatte sie dem Kommissar versprechen müssen, würden über ihr Handy ablaufen.
    »Keine Ausnahme«, hatte der Kommissar ihr eindringlich ans Herz gelegt. »Und damit meine ich: KEINE EINZIGE. Haben Sie mich verstanden?«
    Imke hatte nicht gewusst, dass er so energisch werden konnte. Lächelnd hatte sie die Hand aufs Herz gelegt und Verschwiegenheit gelobt. Doch sein Blick hatte das Lächeln von  ihrem Gesicht gewischt. Er hatte nichts erklären müssen - sie hatte die Angst in seinen Augen entdeckt.
    Ein zaghaftes Klopfen riss Imke aus ihren Gedanken. »Hallo, da bin ich.«
    Sie fuhr herum. Lukas Tadikken stand auf der Türschwelle und lachte sie freundlich an.
    »Haben Sie mich erschreckt!«
    »Das tut mir leid.« Zerknirscht reichte er ihr die Hand. »Ihr Mann hat mich reingelassen. Er hatte aber gerade ein Telefongespräch und …«
    »Schon in Ordnung. Ich freue mich, dass Sie hier sind.«
    Imke mochte es, wenn Menschen einen festen Händedruck hatten. Sie mochte es, wenn der Blick ihres Gegenübers neugierig war und Optimismus verriet. Und Lachfältchen um die Augenwinkel liebte sie geradezu. All das fand sie bei diesem jungen Mann, der sich jetzt voller Elan in ihrem Zimmer umschaute.
    »Ja, dann wollen wir uns mal in die Arbeit stürzen«, sagte Imke.
    Eine Stunde später hatte sie das Wichtigste mit ihm besprochen. Sie hatte ihm die Mappe mit den Unterlagen überreicht, die er in der folgenden Woche zur Steuerberaterin bringen sollte, den Stapel über Jahre angesammelter Buchbesprechungen, die eingeordnet werden mussten, und eine Reihe von Autogrammwünschen, die er beantworten sollte. Sie hatte ihn gebeten, die in mehreren Aktenordnern verwahrten Rezensionen zu systematisieren und damit anzufangen, die gesamten Bücher zu katalogisieren.
    »Da werde ich zu tun haben«, sagte der junge Mann begeistert.
    »Herr Tadikken …«
    »Nennen Sie mich bitte beim Vornamen!«
    »Also gut … Lukas, wenn Fragen auftauchen, wenden Sie  sich doch bitte an meinen … Mann. Er wird Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.«
    »Sie sind nicht erreichbar?«
    »Vorerst nur übers Handy.« Sie reichte ihm ihre Visitenkarte und schrieb ihre Nummer darauf. Er betrachtete die Karte nachdenklich. »Und für wie lange?«
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen.«
    Er respektierte, dass sie zu weiteren Auskünften nicht bereit war, und verdiente sich damit ein paar Pluspunkte mehr. Ein netter junger Mann, dieser Lukas, dachte Imke. Sie war froh, sich für ihn entschieden zu haben.
    Als Nächstes telefonierte sie mit Frau Bergerhausen und bot ihr an, für die Dauer ihrer Abwesenheit mit dem Putzen auszusetzen, wenn es ihr zu unheimlich sei, sich in dieser prekären Situation allein im Haus aufzuhalten.
    Frau Bergerhausen lehnte das Angebot entrüstet ab. Sie mochte Tilo sehr gern und verwöhnte ihn während Imkes Lesereisen nach Strich und Faden. Mal brachte sie ihm selbst gebackenen Kuchen mit, dann stellte sie ihm einen Strauß Blumen auf den Tisch, und ab und zu fand er auch eine leckere Suppe auf dem Herd oder eine ordentliche Portion deftiger Hausmannskost.
    Während des Gesprächs kam Imke der Gedanke, dass sie Lukas eigentlich ebenfalls hätte einweihen sollen. Sie schob ihn beiseite. Er würde seine Besuche mit Tilo absprechen und wäre nicht allein im Haus und deswegen nicht in Gefahr.
    Und Tilo? Es war riskant, ausgerechnet jetzt einen Fremden einzustellen und ihm Einblick in ihren Alltag und ihre Arbeit zu gewähren. Imke war sich dessen bewusst. Sie hatte es dennoch getan.
    Weil ich mich nicht kleinkriegen lasse, dachte sie.
    Wie sie sich selbst belog. Hatte

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