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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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so jung, innen und außen, dass sie es sich leisten konnte, mit dem Alter zu kokettieren, und sie wusste das.
    »Und wenn irgendwas ist …«
    »… wendest du dich an Tilo.«
    »Ich hatte gemeint, wenn mit dir …«
    »Nichts wird mir geschehen«, sagte sie, und es klang irgendwie feierlich. Ein bisschen wie ein Versprechen und ein bisschen wie ein Gebet.
     

Kapitel 14
    Zuerst hatte Manuel es nicht glauben wollen. Das konnte sie nicht getan haben! Unmöglich! Sie konnte nicht einfach verschwunden sein!
    Eine Lesereise, hatte er gedacht. Imke Thalheim war ja häufiger für ein paar Tage unterwegs. Er hatte sich keine Gedanken gemacht. Doch dann war eine Woche vergangen und wieder eine und Imke Thalheim war nicht zurückgekehrt.
    Der Psychologe lebte weiterhin in der alten Mühle. Er fuhr in seine Praxis, erledigte abends auf dem Heimweg die Einkäufe, kochte sich etwas zu essen, arbeitete noch eine Weile, las, sah fern. Er versorgte die Katzen, gab den Zimmerpflanzen Wasser, ließ die Putzfrau ins Haus.
    Als wäre das sein selbstverständliches Recht!
    Manuel war mehrmals im Garten gewesen und hatte im Schutz der Dunkelheit seine Beobachtungen gemacht. Dieser Typ schien keine Angst zu kennen. Bewegte sich für jeden sichtbar in den hell erleuchteten Zimmern. Reckte sich, streckte sich, gähnte, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, dass es ihm vom Kopf abstand, holte sich Bier aus dem Kühlschrank, legte die Füße auf den Tisch.
    Telefonierte. Stundenlang.
    Es versetzte Manuel jedes Mal einen Stich. Wahrscheinlich sprach er mit ihr. Wusste, wo sie sich aufhielt. Ließ sich erzählen, was sie tagsüber erlebt hatte.
    Manuel hasste es, wenn er ihn lachen sah.
    Wahrscheinlich hatten sie es gemeinsam ausgeheckt. »Fahr weg«, hatte er Imke vorgeschlagen. »Bleib so lange, bis keine Gefahr mehr droht.« Und Imke hatte genickt, ein folgsames Weibchen, gut erzogen. Sie hatten ihre Vorbereitungen getroffen, und er, Manuel, hatte nichts bemerkt.
    Seine Wut war maßlos. Er hatte wieder angefangen zu laufen, nur um sie loszuwerden. Keuchend stürmte er über die Felder und dann durch den Wald. Schweiß sammelte sich hinter seinen Ohren und rann ihm den Hals hinab. Er spürte, wie die Tropfen auf seiner Brust ihre Spuren zogen.
    Der weiche Waldboden knackte unter seinen Füßen. Die kühle Luft strich ihm über die Wangen. Das Licht, das schräg durch die hohen Tannen fiel, hatte etwas Sakrales. Man konnte den Frühling schon riechen.
    Noch nie war Manuel hier einem anderen Läufer begegnet. Der Wald war zu dicht, zu unaufgeräumt. Er eignete sich nicht mal zum Spazierengehen.
    An dem großen Tümpel, immer dort, nie an einer anderen Stelle, blieb Manuel stehen. Er stützte die Hände auf die Knie und rang nach Luft. Richtete sich auf.
    Und schrie.
    Sein Schrei zerfetzte die Stille. Vögel flatterten hoch oben aus den Bäumen. Kleines Getier flüchtete raschelnd ins Unterholz.
    Nur dieser eine Schrei war nötig. Dann verrauchte die Wut. Allmählich. Schritt für Schritt. Manuel war wieder fähig, klar zu denken. Und sich zu überlegen, wie er Imke finden konnte.
     
    Merle saß in der Küche, vor sich den Rest ihres Müslis. Jette war schon ins St. Marien gefahren. Bis Merle zum Tierheim aufbrechen würde, hatte sie noch ein paar Minuten Zeit, um die neue Umgebung zu genießen.
    Am Wochenende waren sie umgezogen. Die Tierschützer hatten den Kleintransporter zur Verfügung gestellt, den sie sonst für ihre Aktionen nutzten, und mindestens die halbe Gruppe hatte beim Möbelschleppen mitgeholfen. Tilo hatte das Ausräumen der alten Wohnung beaufsichtigt, Claudio hatte eine Weile Möbel getragen und sich dann um die Verpflegung gekümmert. Nur Luke war im letzten Moment etwas dazwischengekommen.
    Jette und Merle waren für das Einräumen des Hauses zuständig gewesen. Sie hatten entschieden, welche Möbel wo aufgestellt, welche Kisten wo abgeladen werden sollten. Die Arbeit war zügig vorangegangen.
    Ihre Stimmen hatten in den leeren, von der Sonne ausgeleuchteten Räumen gehallt. Zum ersten Mal seit dem langen, dunklen Winter hatte das Vogelgezwitscher draußen nach Frühling geklungen.
    Im Hof wimmelte es von wilden Krokussen, Narzissen und Anemonen. Ein lebhafter grüner Hauch überzog die Bäume und Sträucher. Nur die Wiese, auf der rein gar nichts wuchs, lag noch im Winterschlaf.
    Merle schloss die Augen und horchte auf die Stille. In Bröhl war es nie so ruhig gewesen. Immer hatte man Hintergrundgeräusche gehört,

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