Der Schattenprinz
wirklich. Aber das Äußere kann sehr täuschen, nicht wahr?«
Tenaka war sich nicht sicher, ob er verstand, was Ceska meinte, aber er wußte, daß in seinen Worten dunkle Unterströmungen von finsteren Versprechen lagen. Er antwortete nicht.
Später lauschte Tenaka schweigend, wie Valtaya von ihrer Rettung auf dem Marktplatz berichtete und wie sie einen Wächter bestochen hatten, damit er sie durch das nördliche Ausfalltor der Stadt passieren ließ. Ananais hatte große Vorräte an Lebensmitteln mitgebracht, dazu zwei Bögen und achtzig Pfeile in Rehlederköchern. Valtaya besaß zusätzliche Decken und eine zusammengerollte Leinwand für ein kleines Zelt.
Nachdem sie gegessen hatten, nahm Tenaka Ananais auf die Seite. Sie suchten sich ein stilles Plätzchen, wo sie den Schnee von einigen Felsen wischten, ehe sie sich setzten, um miteinander zu reden.
»In Skoda gibt es einen Aufstand«, sagte Ana-nais. »Zwei Dörfer wurden von Ceskas Legion überfallen und geplündert. Ein Ortsansässiger namens Rayvan hat eine kleine Armee aufgestellt und die Plünderer vernichtet. Es heißt, daß die Männer ihm scharenweise zulaufen, aber ich glaube nicht, daß er sich halten kann. Er ist nur ein einfacher Mann.«
»Nicht von Blute, willst du sagen«, meinte Tena-ka trocken.
»Ich habe gar nichts gegen einfache Leute. Aber er hat nicht gelernt, einen Feldzug zu planen.«
»Was noch?«
»Zwei Aufstände im Westen - beide erbarmungslos niedergeschlagen. Alle Männer gekreuzigt, die Felder mit Salz bestreut. Du kennst das Verfahren!«
»Was ist mit dem Süden?«
»Schwer zu sagen. Neuigkeiten sind selten. Aber Ceska ist dort. Zur Stelle. Ich glaube nicht, daß sie sich erheben werden. Man sagt, es gebe eine Geheimgesellschaft, die sich gegen Ceska verschworen hat, aber das ist vermutlich nichts als Gerede.«
»Was schlägst du vor?« fragte Tenaka.
»Laß uns nach Drenan gehen, Ceska töten und uns dann zurückziehen.«
»So einfach?«
»Die besten Pläne sind immer einfach, Tani.«
»Was ist mit den Frauen?«
Ananais zuckte die Achseln. »Was können wir tun? Du sagst, Renya will bei dir bleiben? Dann laß sie mitkommen. Wir können sie bei Freunden in Drenan lassen. Ich kenne immer noch ein oder zwei Leute, auf die wir uns verlassen können.«
»Und Valtaya?«
»Sie wird nicht bei uns bleiben - es gibt hier nichts für sie. Wir werden sie in der nächsten Stadt zurücklassen.«
Tenaka hob eine Augenbraue. »Nichts für sie?«
Ananais wandte den Blick ab. »Nicht mehr, Ta-ni. Früher, vielleicht.«
»Also gut. Wir brechen Richtung Drenan auf, halten uns dann aber nach Westen. Skoda müßte um diese Jahreszeit sehr schön sein.«
Seite an Seite gingen sie zum Lager zurück, wo sie drei Fremde vorfanden, die auf sie warteten. Tenaka sagte leise: »Geh kundschaften, Ani. Sieh nach, wie viele Überraschungen noch auf uns warten.« Dann trat er vor. Zwei der Männer waren Krieger, beide etwa in Tenakas Alter. Der dritte war ein blinder alter Mann, der das zerschlissene blaue Gewand der Sucher trug.
Die Krieger näherten sich. Sie sahen sich unverkennbar ähnlich, mit schwarzen Bärten und scharfem Blick, wenn der eine auch eine Spur größer war als der andere. Der kleinere sprach zuerst.
»Ich bin Galand, und das ist mein Bruder Parsal. Wir sind hier, uns euch anzuschließen, General.«
»Zu welchem Zweck?«
»Um Ceska zu stürzen. Was sonst?«
»Dafür brauche ich keine Hilfe, Galand.«
»Ich weiß nicht, was das für ein Spiel ist, General. Der Goldene war in Sousa, und er sagte der Menge, der Drache sei wieder da. Nun, wenn das so ist, denn bin ich auch wieder da, nehme ich an. Du erkennst mich wohl nicht?«
»Allerdings nicht«, antwortete Tenaka.
»Damals hatte ich noch keinen Bart. Ich war Bar Galand vom Dritten Flügel unter Elias. Ich war der Schwertmeister, und ich habe dich einmal bei einem Turnier geschlagen.«
»Ich erinnere mich. Die Halbmond-Riposte! Du hättest mir die Kehle aufschlitzen können, hast mir aber nur einen scheußlichen blauen Flecken verpaßt.«
»Mein Bruder kämpft genauso gut wie ich. Wir möchten wieder unter deinem Kommando dienen.«
»Hier gibt es nichts zu dienen, mein Freund. Ich habe die Absicht, Ceska zu töten. Das ist die Arbeit eines Meuchelmörders, nicht die einer Armee.«
»Dann werden wir bleiben, bis die Tat verübt ist! Ich war fieberkrank, als der Ruf kam und der Drache sich wieder formierte. Seitdem bin ich krank vor Kummer. Viele gute Männer sind
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