Bleib fuer immer - Darling
1. KAPITEL
Jack Morgan hatte sechs Jahre lang versucht, Gefühle aus seinem Leben zu verbannen.
Es war ihm nicht gelungen. Seit kurzem war seine kleine Tochter wieder bei ihm, die nach der Scheidung bei ihrer Mutter in Amerika gelebt hatte, und er liebte Maddy von ganzem Herzen.
Sie stand am Rand des "Ring" genannten, eingezäunten Areals, in dem der Wettbewerb für Hütehunde stattfand, und sah der Vorführung zu. Und im "Ring" befand sich seine Hündin Jessie, die bestimmt nicht nur ihn begeisterte.
Das alles ist zu schön, um von Dauer zu sein, dachte Jack pessimistisch. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt, als er das letzte Kommando geben wollte.
Die Schafe standen ordentlich aufgereiht vor dem Tor. Jack pfiff auf zwei Fingern: das Signal für Jessie, die Tiere in den Pferch zu treiben. Es hatte allerdings nicht die gewünschte Wirkung.
Plötzlich raste nämlich ein kleiner grauer Hund von der Zuschauertribüne heran. Er war kein Collie wie Jessie, sondern gedrungen und rundlich, hatte weiße Haarbüschel auf der Brust, buschige schwarze Augenbrauen, außerdem einen drahtigen grauen Bart und Schnurrbart. Hinter ihm stieg eine Staubwolke auf, und er kläffte.
Jack pfiff nochmals scharf. "Treib die Schafe weiter, Jessie", rief er dann. "Nur noch eine Minute, und du bist australischer Champion."
Der fremde Hund stürzte sich direkt auf die Schafe, die so panisch in alle Richtungen davons toben, als wäre eine Bombe zwischen ihnen explodiert. Es gab nichts, was Jessie, Jack oder irgendeine Macht auf Erden hätte tun können, um sie aufzuhalten. Die Tiere rannten zum Zaun, zwängten sich darunter durch oder übersprangen ihn wie ein Hindernis beim Reitturnier. Der graue Köter setzte ihnen nach - und Jessie folgte ihm. Jack stand wie betäubt plötzlich allein im "Ring".
"Harry!" rief eine Frau irgendwo in der Menge verzweifelt.
Es herrschte totales Chaos. Die Leute wichen den Schafen aus, und niemand machte den Versuch, die Tiere aufzuhalten.
Nicht einmal Jessie. Offensichtlich war sie an ihrer Arbeit als Hütehund nicht länger interessiert.
Bryony Lester sah sich bestürzt um. Das war ja schrecklich -
milde ausgedrückt. Myrna hatte ihr geraten, ihren Hund Harry zur Landwirtschaftsschau mitzunehmen und bei der
Hundeausstellung zu präsentieren. Das sei - wie Myrna behauptet hatte - eine großartige Methode, sieh bei den Einheimischen einzuführen. Na ja, jetzt kennt mich hier bestimmt jeder, und wahrscheinlich werde ich mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt, dachte Bryony.
"Das war wirklich ein toller Tip, Myrna!" sagte sie halblaut und beschimpfte im stillen ihre Freundin, die irgendwo auf dem Gelände war, statt zu ihr zu kommen und ihr zu helfen. Ein verirrtes Schaf rammte sie kurz, schwenkte ab und suchte das Weite.
"Ich bring dich um, Harry", drohte Bryony leise. Sie rief nochmals nach ihm, obwohl sie wußte, daß es keinen Zweck hatte.
Die Zuschauer zerstreuten sich ebenfalls in alle Richtungen.
Einige machten halbherzig den Versuch, die Schafe einzufangen, aber die meisten sahen einfach tatenlos zu. Jessie und der graue Hund waren schon außer Sichtweite, bevor Jack sich so weit von dem Schock erholt hatte, daß er daran dachte, seine Hündin zu rufen.
"Jessie!"
Seine Stimme übertönte den Tumult, aber der schwarz-weiße Collie ließ sich nicht blicken.
Statt dessen erschien eine schlanke junge Frau mit kupferroten Locken und großen grünen Augen. Sie trug weiße Leggings und Stiefel, dazu einen beinah knie langen cremefarbenen Pullover. Ihre Wangen waren gerötet, und sie wirkte bekümmert und beschämt zugleich.
"Warum hilft mir denn keiner? Harry! Wo, um alles in der Welt, steckst..."
Sie verstummte mitten im Satz, als sie Jack erblickte. Er wußte intuitiv, daß diese Frau und Katastrophen sozusagen Hand in Hand daherkamen. Sie hatte das Chaos verursacht, dessen war er sich sicher. Dieser Harry, nach dem sie rief, war wahrscheinlich der Schafe jagende Hund.
Jack stieg über; den Zaun und ging zu der Fremden.
"Gehört der Köter Ihnen?" fragte er schroff, "Ist Harry ein kleiner grauer Hund?" fügte er hinzu, als sie nicht antwortete.
Verflixt! dachte Bryony. Den großen, muskulösen Mann hatte sie vorhin im "Ring" gesehen und ihn hingerissen betrachtet, denn er war umwerfend attraktiv. Deshalb war sie abgelenkt gewesen, und Harry hatte sich unbemerkt das Halsband abstreifen können.
"Ich bin ... Ja, Harry ist ein kleiner grauer Hund." Bryony atmete tief durch, um sich zu
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