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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seine ganze Aufmerksamkeit war auf die Worte der beiden Sprecher gerichtet. Hatte er erst ziemlich trostlos darein geschaut, so war der Ausdruck seines Gesichtes jetzt ein ganz andrer geworden. Die Angst war der Hoffnung, die Furcht dem Hohne, die Verzagtheit der Siegessicherheit gewichen. Der alte Missourier war vollständig überzeugt, daß der Cornel eine falsche Haartour trage. Er richtete ihn in sitzende Stellung auf, ergriff ihn beim Haare und zog an demselben, um die Perücke vom Kopfe zu reißen. Zu seinem größten Erstaunen wollte das nicht gelingen, das Haar hielt fest, es war wirklich eignes Haar.
    »All devils, der Halunke hat wirklich Haare auf seiner Glatze!«
    rief er erstaunt aus und machte dabei ein so bestürztes Gesicht, daß die andern gewiß über dasselbe gelacht hätten, wenn die Situation nicht eine so ernste gewesen wäre.
    Das Gesicht des Cornels verzog sich zu einem höhnischen Grinsen, und er rief im Tone grenzenlosen Hasses: »Nun, du Lügner und Verleumder, wo ist denn die Perücke? Es ist leicht, einen Menschen wegen einer Ähnlichkeit, die er mit einem andern hat, falsch anzuschuldigen. Beweise doch, daß ich derjenige bin, für den du mich ausgeben willst!«
    Der alte Missourier blickte bald auf ihn, bald auf Old Firehand, und sagte ratlos zu dem letzteren: »Sagt mir doch, Sir, was Ihr davon denkt! Derjenige, den ich meine, war wirklich schwarz und lockig; dieser aber ist schlicht und rot. Und dennoch will ich tausend Eide schwören, daß er es ist. Meine Augen können mich unmöglich täuschen.«
    »Ihr könnt' Euch dennoch irren,« antwortete der Jäger. »Wie es scheint, gibt es hier eine Ähnlichkeit, welche Euch täuscht.«
    »Dann darf ich meinen alten, guten Augen nicht mehr trauen!«
    »Mach sie besser auf!« höhnte der Cornel. »Der Teufel soll mich holen, wenn ich etwas davon weiß, daß irgendwo eine Mutter mit zwei Söhnen ermordet oder, wie du behauptest, gar totgepeitscht worden sind!«
    »Aber du kennst mich doch! Du hast es mir vorhin selbst gesagt.«
    »Muß ich, wenn ich dich einmal gesehen habe, der Mann sein, den du meinst? Auch der Knabe da verkennt mich vollständig.
    Jedenfalls ist der Mann, von welchem er redet, derjenige, von welchem auch du gesprochen hast; aber ich kenne den jungen Boy nicht und - - -«
    Er hielt plötzlich inne, als ob er über irgend etwas erschrocken oder erstaunt sei, faßte sich aber augenblicklich und fuhr in demselben Tone fort: » - und habe ihn niemals gesehen. Nun klagt mich meinetwegen an, aber bringt Beweise. Wenn ihr mich einer zufälligen Ähnlichkeit wegen verurteilen und exekutieren wollt, so seid ihr einfach Mörder, und das traue ich wenigstens dem berühmten Old Firehand nicht zu, in dessen Schutz ich mich hiemit begebe.«
    Daß er sich mitten in dem Satze unterbrach, hatte einen sehr triftigen Grund. Er saß da, wo die Leichen lagen; er hatte mit dem Kopfe auf einer derselben gelegen. Als ihn dann der Missourier zum Sitzen aufrichtete, hatte der steife, leblose Körper derselben eine leichte rollende Bewegung gemacht, welche keinem Menschen auffallen konnte, da sie in dem Rotköpfigen ihren Stützpunkt verloren hatte. Nun lag sie hart hinter ihm, und zwar in seinem Schatten, weil dem Feuer entgegengesetzt. Aber dieser Mann war keineswegs tot, er war nicht einmal verwundet. Er gehörte zu denen, welche Old Firehand mit dem Kolben niedergeschlagen hatte. Das Blut seiner getöteten Kameraden hatte ihn bespritzt und ihm das Aussehen gegeben, als ob er selbst getroffen worden sei. Als er dann wieder zu sich kam, sah er sich unter den Toten, denen soeben die Taschen geleert, und die Waffen abgenommen wurden. Er wäre zwar gern aufgesprungen und entflohen, da er nur vier Feinde zählte, aber in den Fluß wollte er nicht, und von der andern Seite ertönte das Geschrei der herannahenden Rafters. Darum beschloß er, einen günstigen Augenblick abzuwarten. Er zog heimlich sein Messer und verbarg es im Ärmel; dann trat der Missourier zu ihm, wendete ihn hin und her, hielt ihn für tot, nahm ihm ab, was sich in den Taschen und im Gürtel befand, und zog ihn nach der Stelle, wo die Leichen liegen sollten.
    Von da an hatte der Tramp mit nur leise geöffnetem Auge alles beobachtet. Er war nicht gefesselt worden und konnte also im geeigneten Augenblicke aufspringen und davonlaufen. Da legte man den Cornel auf ihn, und sofort kam ihm der Gedanke, diesen auch zu befreien. Als der Rothaarige aufgerichtet wurde, rollte sich der angeblich

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