Ich schenk mir taeglich rote Rosen
Gefalle ich mir eigentlich?
Neulich, auf dem Weg zu Jills Cocktailparty, war ich in Hochstimmung. Ich war so fröhlich, als wäre es mir gelungen, Himbeerwackelpudding in einem Stück aus der Form zu stürzen, oder als hätte ich auf der Damentoilette gerade noch die offene Kabinentür erwischt und nicht bezahlen brauchen. Das erste Mal seit langer Zeit war ich mit meinem Leben ausgesöhnt.
Ein schönes Gefühl. Es quälte mich nicht mehr, wie ich aussah. Ich konnte an einem Spiegel vorbeigehen, ohne daß mir beim Blick auf meine Halsfalten einfiel, es sollte mal wieder Suppenhuhn geben. Ich hatte meine häuslichen Probleme im Griff. Ungemachte Betten zum Beispiel riefen bei mir keine Atemnot mehr hervor. Die Verliebtheit meines Mannes in eine ganz bestimmte Filmschauspielerin, deren Namen ich hier nicht nennen möchte, hatte sich abgekühlt, und ich konnte feststellen, daß er den gleichen verzückten Gesichtsausdruck zur Schau trug, wenn ihm die Suppe heiß serviert wurde.
Alle drei Kinder sprachen mit uns. Unsere vierundzwanzigjährige Tochter zeigte sogar unverhohlenes Interesse daran, wie man ein Bratrohr anstellt. Allmählich wurde ich sicherer. Ich zog hinter dem Steuerrad nicht mehr den Bauch ein. Und ich lehnte es ab, den Qualm meiner rauchenden Freundinnen zu inhalieren.
Auch der Streß der Kindererziehung ließ nach. Ich hatte kein schlechtes Gewissen mehr wegen jedes Schnupfens, den meine Gören bekamen, wegen ihrer fehlerhaften Zahnstellung oder weil ich meine Tochter nicht als Handarbeitsgenie zur Welt gebracht hatte.
Ich hörte auf, heimlich Schokolade im Kleiderschrank zu essen, so zu tun, als bedauerte ich Frauen, die ihre fülligen Busen kaum bändigen können. Auf meine linkische Weise nahm ich am Leben wieder teil, ohne vorher eine Briefkastentante befragen zu müssen.
Mein Mann mochte keine Parties. Er nannte es eine Krampfaderolympiade, wenn Leute die ganze Nacht herumstehen, Angelköder in Form von kleinen runden Crackern essen und sich über die Totaloperationen ihrer Hunde unterhalten. Hätte er über unser Gesellschaftsleben zu bestimmen, bestünde der Höhepunkt meiner Arbeitswoche darin, daß ich in der Waschanlage zuschauen darf, wie das Wachs auf den Wagen aufgetragen wird. Beim Betreten des Raumes schaute ich mich vergnügt um und entdeckte meine alte Freundin Phyllis. Ich hatte sie eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen.
»Phyllis!« rief ich. »Menschenskind, endlich trifft man sich mal wieder! Gehst du immer noch dienstags zum Kegeln?«
Phyllis setzte ihr Glas ab ohne zu lächeln. »Kegeln? Das war nur ein Ventil für meine Aggressionen. Es hat mich davon abgehalten, mich unmittelbar meinen realen Problemen zu stellen.«
»Na, hör mal«, lachte ich, »alle neune, die du immer erzielt hast, waren doch wohl nicht schlecht, oder?«
»Schon, aber weißt du noch, welche Angstzustände ich immer bekam, wenn ich den Staubsaugerbeutel ausleerte? Der eigentliche Grund dafür war, daß ich mich in einer Krise befand, mit der ich nicht fertig wurde. Bei Zwillingsgeborenen sehr naheliegend, nicht wahr? Da habe ich angefangen, Selbsthilfebücher zu lesen, um meine Bewußtseinsebene zu heben. Jetzt lese ich eben Candy Summers: STICKEN UND SINNLICHKEIT! Von ihr ist auch ESSENSRESTE UND EROTIK und TRIEBLEBEN UND TEPPICHKLOPFEN, falls du die kennst.«
»STICKEN UND SINNLICHKEIT«? fragte ich und kippte hastig den Inhalt meines Glases herunter.
»Du kannst dich darauf verlassen«, flüsterte sie mir zu. »Du machst nie im Leben mehr einen französischen Gobelinstich.
Übrigens: Du gehörst doch bestimmt zum Lesering Lebensbewältigung, oder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Da bekommt man einmal im Monat ein Buch über Selbstverwirklichung. DIE ANGST
VORM LANDEN, von Erica Alt hast du selbstverständlich gelesen und das neueste Buch von Dr. Dryer: »HOFFENTLICH IST DIE SEXUELLE REVOLUTION NICHT SCHON VORBEI, WENN ICH EINBERUFEN WERDE«, nicht wahr?«
»Phyllis«, sagte ich, »was ist bloß aus dir geworden? Früher warst du so himmlisch oberflächlich.«
Diese Bemerkung überhörte sie. »Weil wir gerade bei dem Thema sind: Wieso hast du einen Komplex gegen Begrüßungsküsse?«
»Ich habe überhaupt keinen Komplex.«
»O doch, hast du. Wie du jetzt eben auf mich zukamst, hast du mir die Hand hingestreckt.
Du hast Hemmungen.«
»Ich habe keine Hemmungen. Ich wollte niemand küssen, weil ich Roquefort gegessen habe.«
»Wann hast du Erma das letzte Mal gesagt, was du …«
Ich
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