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Der Schatz von Blackhope Hall

Der Schatz von Blackhope Hall

Titel: Der Schatz von Blackhope Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Akzent und den heiseren Tonfall, was Olivia nicht entging. Auch das Medium schien es zu bemerken, denn es fuhr hastig fort, mit der gewohnten kehligen Stimme: "Kein guter Ort … Die Geister stöhnen vor Qual."
    "Bitte, Madame, halten Sie heute Abend wieder eine Séance ab", drängte Lady Eleanor. "Möglicherweise können Sie den armen Seelen helfen."
    "Nein, heute Abend nicht. Es ist zu früh." Pathetisch berührte Madame Valenskaya ihre Stirn. "Das wage ich noch nicht, es wäre zu schmerzlich."
    "An manchen Abenden leidet Mama ganz furchtbar", bekräftigte Irina. "Vor allem, wenn die Geister rastlos und verzweifelt sind."
    Olivia betrachtete Lady St. Legers jammervolles Gesicht und presste die Lippen zusammen, um einen scharfen Protest zu unterdrücken. Wie ihr ein Blick in Stephens Richtung verriet, fiel es auch ihm schwer, Ruhe zu bewahren. "Vielleicht morgen Abend", schlug sie friedfertig vor, um ihn an einem Temperamentsausbruch zu hindern und seine Mutter zu beschwichtigen.
    "Ja, morgen Abend!" flehte Lady Eleanor, und das Medium nickte.
    "Gut, ich will es versuchen."
    "Danke, Sie sind sehr freundlich."
    Nachdem Olivia beobachtet hatte, wie die bedauernswerte Dowager Countess von der Russin manipuliert wurde, verging ihr der Appetit. Erleichtert atmete sie auf, als das Dessert serviert wurde, weil nun das Dinner bald ein Ende finden würde.
     
    Am nächsten Tag geschah nicht viel. Sie beschäftigten sich, wie es auf Hauspartys üblich war, spielten Krocket im Garten, Karten im Salon und sangen im Musikzimmer, von Klavierklängen begleitet.
    An diesen Amüsements nahm Olivia teil. Irgendwie gewann sie den Eindruck, man würde sich nur die Zeit bis zum Höhepunkt des Tages vertreiben, der abendlichen Séance. Stephen verbrachte mehrere Stunden in seinem Arbeitszimmer, und sie sah ihn nur beim Lunch. Ging er ihr aus dem Weg, weil er sie am letzten Nachmittag geküsst hatte? Dafür hatte er sich wie ein Gentleman entschuldigt. Bereute er sein Verhalten? Wünschte er, der intime Moment hätte sich niemals ereignet?
    Ein wenig deprimiert holte sie am späten Nachmittag ein Buch aus der Bibliothek und suchte ihr Zimmer auf. Sie schlüpfte aus ihrem Kleid, zog ihren Morgenmantel über der Unterwäsche an und sank in einen bequemen Sessel, um bis zum Dinner zu lesen. Allmählich verschwand die Sonne hinter dem Horizont.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, kam Joan zu ihr, ein frisch gebügeltes Abendkleid über dem Arm. Dieses pfauenblaue Satinkleid hatte Kyria ihrer Schwester geschenkt. Zum knappen Oberteil bildete die üppige Tournüre an der Rückseite mit den Spitzenborden einen hübschen Kontrast.
    Die Zofe legte das Kleid aufs Bett. Bei dem Gedanken, die elegante Robe in Stephens Gegenwart zu tragen, wurde Olivia von prickelnder Erregung erfasst. Würden seine Augen voller Bewunderung leuchten – wie die Augen aller Männer, wenn Kyria einen Raum betrat? Wohl kaum … Sie gehörte nicht zu den Frauen, die ein Feuer in Männerherzen entzündeten. Und doch – jenen Kuss konnte sie nicht vergessen.
    Während die Zofe eine Bürste und einen Kamm ergriff, setzte sich Olivia vor den Toilettentisch. Joan zog ihr die Nadeln aus den Haaren und bürstete sie, um eine kunstvolle Frisur vorzubereiten.
    Plötzlich erklang ein lauter Krach vor dem Fenster. Joan zuckte erschrocken zusammen. Unwillkürlich schlug sie mit der Bürste auf Olivias Kopf. "Tut mir so Leid, Mylady …", begann sie.
    Olivia sprang auf und lief neugierig zum Fenster. Ungläubig beobachtete sie die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte. Joan trat an ihre Seite und schnappte nach Luft.
    Im Dämmerlicht folgte eine gespenstische Gestalt einem Gartenpfad. Noch war es hell genug, und so sahen die beiden Frauen ein langes schwarzes Gewand mit einer Kapuze, das einer Mönchskutte glich. Langsam wanderte die Figur dahin, die Arme vor der Brust verschränkt, die Hände in den weiten Ärmeln verborgen. Unter der Kapuze war das Gesicht nicht zu erkennen.
    Die Gestalt erreichte das Ende des Wegs und stieg ein paar Stufen zu einem tiefer gelegenen Teil des Gartens hinab. Dort drehte sie sich um und blickte zu den Fenstern des Hauses herauf. Mit einer weißen Hand schob sie die Kapuze zurück und enthüllte einen weißen Totenschädel.
    Entsetzt presste Joan eine Hand auf den Mund, und weiter unten im Flur ertönte ein gellender Schrei.
    "Holen Sie Tom, schnell!" befahl Olivia der Zofe. Ohne darauf zu achten, dass sie nur einen Morgenmantel und Pantoffeln trug

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