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Der Schimmelreiter

Der Schimmelreiter

Titel: Der Schimmelreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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sagte Iven und rauchte ruhig weiter.
    »Aber ich war auch bei Mondschein draußen, es geht auch drüben nichts auf Jeverssand!«
    »Ja«, sagte der Knecht, »sind die Knochen auseinandergefallen, so wird's wohl nicht mehr aufstehen können!«
    »Mach keinen Spaß, Iven! Ich weiß jetzt; ich kann dir sagen, wo es ist!«
    Der Knecht drehte sich jäh zu ihm. »Nun, wo ist es denn?«
    »Wo?« wiederholte der Junge nachdrücklich. »Es steht in unserem Stall; da steht's, seit es nicht mehr auf der Hallig ist. Es ist auch nicht umsonst, daß der Wirt es allzeit selber füttert; ich weiß Bescheid, Iven!«
    Der Knecht paffte eine Weile heftig in die Nacht hinaus. »Du bist nicht klug, Carsten«, sagte er dann; »unser Schimmel? Wenn je ein Pferd ein lebigs war, so ist es der! Wie kann so ein Allerweltsjunge wie du in solch Altem-Weiber-Glauben sitzen!«
    – – Aber der Junge war nicht zu bekehren: wenn der Teufel in dem Schimmel steckte, warum sollte er dann nicht lebendig sein? Im Gegenteil, um desto schlimmer! – Er fuhr jedesmal erschreckt zusammen, wenn er gegen Abend den Stall betrat, in dem auch sommers das Tier mitunter eingestellt wurde, und es dann den feurigen Kopf so jäh nach ihm herumwarf. »Hol's der Teufel!« brummte er dann; »wir bleiben auch nicht lange mehr zusammen!«
    So tat er sich denn heimlich nach einem neuen Dienste um, kündigte und trat um Allerheiligen als Knecht bei Ole Peters ein. Hier fand er andächtige Zuhörer für seine Geschichte von dem Teufelspferd des Deichgrafen; die dicke Frau Vollina und deren geistesstumpfer Vater, der frühere Deichgevollmächtigte Jeß Harders, hörten in behaglichem Gruseln zu und erzählten sie später allen, die gegen den Deichgrafen einen Groll im Herzen oder die an derart Dingen ihr Gefallen hatten.
    Inzwischen war schon Ende März durch die Oberdeichgrafschaft der Befehl zur neuen Eindeichung eingetroffen. Hauke berief zunächst die Deichgevollmächtigten zusammen, und im Kruge oben bei der Kirche waren eines Tages alle erschienen und hörten zu, wie er ihnen die Hauptpunkte aus den bisher erwachsenen Schriftstücken vorlas: aus seinem Antrage, aus dem Bericht des Oberdeichgrafen, zuletzt den schließlichen Bescheid, worin vor allem auch die Annahme des von ihm vorgeschlagenen Profiles enthalten war und der neue Deich nicht steil wie früher, sondern allmählich verlaufend nach der Seeseite abfallen sollte; aber mit heiteren oder auch nur zufriedenen Gesichtern hörten sie nicht.
    »Ja, ja«, sagte ein alter Gevollmächtigter, »da haben wir nun die Bescherung, und Proteste werden nicht helfen, da der Oberdeichgraf unserm Deichgrafen den Daumen hält!«
    »Hast wohl recht, Detlev Wiens«, setzte ein zweiter hinzu; »die Frühlingsarbeit steht vor der Tür, und nun soll auch ein millionenlanger Deich gemacht werden – da muß ja alles liegenbleiben.«
    »Das könnt ihr dies Jahr noch zu Ende bringen«, sagte Hauke; »so rasch wird der Stecken nicht vom Zaun gebrochen!«
    Das wollten wenige zugeben. »Aber dein Profil!« sprach ein dritter, was Neues auf die Bahn bringend; »der Deich wird ja auch an der Außenseite nach dem Wasser so breit, wie Lawrenz sein Kind nicht lang war! Wo soll das Material herkommen? Wann soll die Arbeit fertig werden?«
    »Wenn nicht in diesem, so im nächsten Jahre; das wird am meisten von uns selber abhängen!« sagte Hauke.
    Ein ärgerliches Lachen ging durch die Gesellschaft. »Aber wozu die unnütze Arbeit; der Deich soll ja nicht höher werden als der alte«, rief eine neue Stimme; »und ich mein, der steht schon über dreißig Jahre!«
    »Da sagt Ihr recht«, sprach Hauke, »vor dreißig Jahren ist der alte Deich gebrochen; dann rückwärts vor fünfunddreißig, und wiederum vor fünfundvierzig Jahren; seitdem aber, obgleich er noch immer steil und unvernünftig dasteht, haben die höchsten Fluten uns verschont. Der neue Deich aber soll trotz solcher hundert und aber hundert Jahre stehen; denn er wird nicht durchbrochen werden, weil der milde Abfall nach der Seeseite den Wellen keinen Angriffspunkt entgegenstellt, und so werdet ihr für euch und euere Kinder ein sicheres Land gewinnen, und das ist es, weshalb die Herrschaft und der Oberdeichgraf mir den Daumen halten; das ist es auch, was ihr zu eurem eigenen Vorteil einsehen solltet!«
    Als die Versammelten hierauf nicht sogleich zu antworten bereit waren, erhob sich ein alter weißhaariger Mann mühsam von seinem Stuhle; es war Frau Elkes Pate, Jewe Manners, der auf

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