Das Versprechen Des Himmels
Walegrin
Das Versprechen den Himmels
Robert Wayne Bailey
Tiana setzte sich verführerisch in Pose und wandte der kleinen Büste der rankanischen Göttin Sabellia auf ihrem Steinpodest den Rücken zu. Der Vollmond schien durch eine Lücke in den Bäumen, erhellte die kleine Parknische mit seinem bleichen Licht, fiel auf die Rundungen ihrer vollen weißen Brüste, die das zu enge grüne Gewand schier sprengen wollten. Sie hoffte, daß das Licht hell genug war, einen Schimmer in ihre tiefgrünen Augen unter den langen, schwarz getuschten Wimpern und auf ihre schönen roten Zöpfe zu zaubern.
Sie strich mit den Fingern durchs Haar und schob ihre Hüfte einladend ein wenig zur Seite. Wenn das nicht verführerisch war! Dann streckte sie sich und hob die Arme, bis ihr Mieder wirklich beinahe riß. Sie räkelte sich und spähte noch einmal verstohlen den weißen Kiesweg entlang, der sich durch die Anlage schlängelte.
Der Mann stand immer noch da. Er mußte sie gesehen haben! Was war los mit ihm? Mochte er etwa Frauen nicht? Oder war er gar ein Stiefsohn, einer der wenigen, die es noch in der Stadt gab? So ein Pech könnte nur sie haben!
Sie wich zurück in die Nische und kaute an einem Fingernagel. Vielleicht hätte sie sich heute nacht eine dunklere Stelle suchen sollen. Im Licht des Vollmonds konnte man sehen, wie verschossen ihr Kleid war, daß das sanfte Rosa ihrer Wangen nur Rouge war, wie hager sie geworden war, trotz der beachtlichen Größe ihres Busens. Sie verfluchte das Schicksal, das sie in diese elende Stadt verschlagen hatte, sie verfluchte den verlogenen Steinmetz, diesen Schürzenjäger, der sie mit seinen Versprechungen und süßen Worten hierhergelockt und dann auf die Straße gesetzt hatte, als eine Hübschere des Weges kam.
Tiana hatte keine Erfahrung in diesem Gewerbe. Aber sie mußte essen, und Verzweiflung spornte sie an. Dieser Fremde da unten auf dem Weg war heute offenbar der einzige Mann im Park. Hoffentlich hatte er Geld! In der vergangenen Nacht hatte ihr ein Besoffener ein Bündel stinkender Felle für ihre Dienste angeboten. Was sollte sie mit ungegerbten Fellen?
Tiana trat wieder auf den Weg hinaus. Die Kieselsteine waren glatt und kalt unter ihren bloßen Füßen, die Luft war frisch. Sie würde zusehen müssen, daß sie bald genug für Schuhe und einen Umhang verdiente. Und für Essen. Sie konnte es sich nicht leisten, sich diesen Mann entgehen zu lassen. Sie bemühte sich um eine gelangweilte Miene und rieb die rechte Brust, bis die Warze fest wurde. Dann blickte sie wieder den Pfad entlang.
Verdammt, verdammt, verdammt! Er war verschwunden! Etwa in die Büsche mit einer anderen? Sie ließ die Schultern sinken, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie blickte auf ihre Zehen, schob ein paar der bleichen Steine herum. Hatte ihm ihr Aussehen mißfallen? Vielleicht hatte sie sich ein wenig zu hurenhaft präsentiert?
Ihr Götter! Sie hatte solchen Hunger! Wie stellten die anderen Frauen im Park es an? Was war ihr Trick, den sie nicht kannte? Eine volle Woche an diesem trostlosen Ort und sie war noch immer keine Profi.
Während sie sich an Sabellias Piedestal lehnte, zog Tiana ihren Magen zusammen, um so vielleicht die Leere weniger zu spüren. Langsam rutschte sie hinunter und setzte sich ins Gras, drückte den Rücken an den kannelierten Stein, zog die Knie an und schlang die Arme herum.
Sie fürchtete die Nacht. Die stille Einsamkeit erschien ihr wie ein Raubtier. Die Dunkelheit hüllte sie ein, verschlang sie mit gierigem Rachen, kaute und würgte sie hinab, alles in unnatürlicher Stille. Sogar die Götter, deren Büsten und Statuen entlang der Wege standen, schwiegen in diesem traurigen Park.
Sie blickte zu Sabellias Antlitz hinauf. Der Mond erschien ihr nur wie ein schwacher, hilfloser Funke in der tiefen Dunkelheit.
Tiana fühlte sich klein und allein. Sie wollte nach Hause, aber auch dazu brauchte sie Geld. Sie dachte an ihren Steinmetz, der sie so weit von Ranke fortgelockt hatte. Er war anfangs nett zu ihr gewesen und hatte ihr den Himmel versprochen.
Nun, den hatte er ihr gegeben - diesen Park hier, den die Einheimischen Himmlisches Versprechen nannten, und wo sie jetzt ihre Reize anbot.
Sie lehnte den Kopf an das Piedestal und ließ endlich den Tränen, die sie so lange unterdrückt hatte, freien Lauf. Jede erschien ihr wie ein Kleinod, ein Splitter ihres Herzens. Eine fing sie auf der Fingerspitze und hielt sie hoch, um sie zu betrachten. Sie schimmerte wie ein
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