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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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einige
andere Behördenfahrzeuge in der Nähe. Auf dem U-Boot standen drei Männer bei der offenen Luke. Sie trugen schwarze Froschmann-Anzüge, Galoschen und Mundschutz, eine merkwürdige Kombination. Einer nach dem anderen kletterten sie hinunter und zogen den Schlauch eines Industriesaugers mit hinein – der Truck, von dem der Schlauch kam, stand in der Nähe. An der Tür auf der Fahrerseite stand MONTREAUX REFUSE CONTROL. Die Stadt Halifax arbeitete oft mit diesen Leuten zusammen, und ich habe sie immer sehr kompetent gefunden. Beim Heck des Bootes stand ein Feuerwehrauto, und ein Feuerwehrmann spritzte den Rumpf mit einem Hochdruckschlauch ab. Bald hörte man den Industriesauger dröhnen.
    Obwohl die Polizei das Gelände abgesperrt hatte und Schaulustige auf Distanz hielt, kam man doch nahe genug heran, um alles zu sehen, was es zu sehen gab, außer natürlich das Innere von U 99 – aber wer hätte das schon sehen wollen? Ich stand bei einer fünfköpfigen Familie – Mutter, Vater, zwei Töchter und ein Sohn –, und da jeder von ihnen seine eigene Kamera hatte, nahm ich an, dass sie recht wohlhabend waren. »Ich hab im Hotel in der Zeitung gelesen, dass sie das U-Boot total reinigen müssen«, verkündete der Sohn aufgeregt. Er war vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt. »Dann bringen sie es ins Maritime Museum.«
    Als ich eine Weile dort stand, wurde mir schließlich klar, dass ich das Ding nie wieder sehen wollte. Und dass ich beim nächsten Mal, wenn ich in die Harbor Methodist Church kam, auf die Knie fallen und darum beten würde, es nie mehr sehen zu müssen. Ich wusste, wo das Maritime Museum war. Es würde mir nicht schwerfallen, mich von dort fernzuhalten.
    Ich bestellte mir einen Scone und einen Kaffee in einem Freiluftcafé
im Historic District und las die Mail , in der ich einen zweiseitigen Bericht über die Bergung von U 99 fand. Er enthielt zwar keine näheren Informationen darüber, was man bisher in dem Boot gefunden hatte, aber es wurde eine offizielle Erklärung von der RCN zitiert: »Die Aufzeichnungen zeigen, dass das deutsche Jagd-U-Boot U 99 am 19. Dezember 1944 um 03:15 Uhr durch massiven Beschuss mit Wasserbomben beschädigt wurde und in den Hafen von Halifax trieb oder irrtümlich hierhermanövriert wurde, wo es im Sperrnetz hängen blieb und auf den Grund sank. Die Aufzeichnungen belegen auch, dass U 99 eines der letzten U-Boote war, die Angriffe vor der Ostküste Kanadas durchführten.«
    Am Sonntag besuchte ich den Gottesdienst um 10:15 Uhr in der Harbor Methodist Church. Ich hatte eigentlich keine große Lust, doch nachdem ich mich schon einmal auf den Weg gemacht hatte, ging ich auch hinein. Aber vielleicht ist es gar kein Nachteil, wenn man nicht viel erwartet, weil die Predigt dann eher die Chance hat, einen zum Nachdenken anzuregen. Geht man schon voller tiefer Gedanken hin, muss die Predigt schon Wunder wirken, um einen noch zu berühren. Draußen auf der Anzeigetafel sah ich, dass Reverend Lundrigans Predigt den Titel EIN MÖGLICHER BALSAM trug. Ich fragte mich, was wohl mit dem Wort »Balsam« gemeint war. Ich musste an Hans Mohring denken; ob er wohl gewusst hätte, worum es hier gehen mochte? Als ich die Kirche betrat, setzte ich mich wie immer in die letzte Bank. Lundrigan war schon mitten in der Predigt: »… Balsam , das ist ein Wort, das in letzter Zeit ein wenig aus der Mode gekommen ist. Aber meine Freunde und Nachbarn, wir alle brauchen einen Balsam, etwas, das Schmerzen lindern kann, und die Definition des Wortes wird euch verraten, warum.« Er legte ein dickes Wörterbuch neben
die Bibel auf sein Pult, setzte seine Lesebrille auf und fuhr fort: »Erstens: eine Salbe zur Linderung von Schmerzen. Zweitens: etwas, das Trost und Linderung für einen Schmerz spendet (›Seine Worte waren wie Balsam für meine Seele‹ ).« Er klappte das Wörterbuch zu, ließ es aber auf dem Pult liegen. »Und dem möchte ich nun hinzufügen, dass auch Gott für uns Balsam sein kann. Denkt an Hiob oder an andere in biblischer Zeit, die Gott in Augenblicken der größten Not brauchten, die vor riesigen Aufgaben standen – doch darüber will ich jetzt gar nicht sprechen. Denn wie ihr alle wisst, hat das Meer uns einen beunruhigenden Boten heraufgeschickt, einen Boten in der Gestalt eines deutschen U-Bootes. Wir müssen den Boten ansehen und sagen: ›Du Sendbote des Bösen, wir haben dich überwunden. Wir haben dich in Ketten gelegt und dich besiegt. Du bist zurückgekommen, um

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