Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
paradoxerweise angenehm, aber nur zu überzeugend. »Geben Sie mir die Schlüssel.«
    Markwell reichte sie ihm durchs offene Fenster.
    »Kommen Sie jetzt raus.«
    Markwell, der allmählich nüchtern wurde, stieg langsam aus. Der eisige Wind stach sein Gesicht wie mit Nadeln. Er mußte die Augen zusammenkneifen, um sie vor dem eisigen Schnee zu schützen.
    »Drehen Sie das Fenster rauf, bevor Sie die Tür schließen.« Der Unbekannte stand dicht neben ihm und verhinderte so jeglichen Fluchtversuch. »Okay, sehr gut. Jetzt gehen wir miteinander in die Garage, Doktor.«
    »Das ist doch verrückt! Was …«
    »Los!«
    Der Unbekannte blieb an Markwells Seite und hielt ihn am linken Arm fest. Selbst wenn sie aus einem Nachbarhaus oder von der Straße aus beobachtet worden wären, hätte man im schwachen Licht und wegen des Schneefalls die Pistole nicht sehen können.
    In der Garage schloß Markwell auf Anweisung des Unbekannten das große Tor. Die kalten, ungeölten Angeln quietschten.
    »Wenn Sie Geld wollen …«
    »Maul halten und ins Haus gehen.«
    »Hören Sie, eine meiner Patientinnen liegt mit Wehen im Krankenhaus und …«
    »Wenn Sie jetzt nicht die Klappe halten, schlage ich Ihnen mit dem Pistolengriff sämtliche Zähne ein – dann können Sie nicht mehr reden.«
    Markwell glaubte ihm. Obwohl der andere mit gut einsachtzig Größe und etwa 80 Kilogramm Gewicht nicht größer und wohl sogar leichter war als Markwell, hatte er Angst vor ihm. Sein blondes Haar war mit abtauendem Schnee bedeckt, und als die Wassertropfen ihm jetzt über Stirn und Wangen liefen, strahlte er so wenig menschliche Wärme aus wie eine Eisstatue beim Winterkarneval. Markwell zweifelte nicht daran, daß der Unbekannte in der Seemannsjacke bei einer tätlichen Auseinandersetzung die meisten Gegner mühelos besiegen würde – und erst recht einen untrainierten, angetrunkenen Arzt mittleren Alters.
    In dem für werdende Väter reservierten, viel zu kleinen Wartezimmer der Gynäkologischen Abteilung litt Bob Shane fast an Platzangst. Der Raum hatte eine niedrige Decke aus Schall-dämmplatten, mattgrüne Wände und ein einziges Fenster, dessen Rahmen außen Eis angesetzt hatte. Die Luft war zu warm. Die sechs Stühle und zwei niedrigen Tische waren zuviel Mobiliar für den winzigen Raum. Bob kämpfte gegen den Drang an, die beiden Flügel der Schwingtür aufzustoßen, hinaus auf den Korridor zu stürmen, quer durchs Krankenhaus zu rennen und am anderen Ende in die Winternacht hinauszustürzen, wo es weder nach Desinfektionsmitteln noch nach Krankheiten stank.
    Trotzdem blieb er im Wartezimmer der Gynäkologischen Abteilung, um in Janets Nähe zu sein, falls sie ihn brauchte. Irgendwas stimmte nicht mit ihr. Gewiß, Wehen waren schmerzhaft – aber nicht so gräßlich wie die brutalen, endlosen Krämpfe, unter denen Janet nun schon so lange litt. Die Ärzte wollten nicht zugeben, daß ernste Komplikationen aufgetreten waren, aber ihre Besorgnis war unverkennbar.
    Bob verstand die Ursache seiner Platzangst. Er fürchtete nicht wirklich, die Wände würden immer näher zusammenrükken. Was er fürchtete, war das Nahen des Todes, vielleicht der seiner Frau oder seines noch ungeborenen Kindes – oder beider.
    Die Schwingtür ging nach innen auf und Dr. Yamatta kam herein.
    Als Bob aufsprang, stieß er einen der niedrigen Tische an und verstreute ein halbes Dutzend Illustrierte über den Fußboden. »Wie geht’s ihr, Doc?«
    »Nicht schlechter.« Yamatta war ein kleiner, schlanker Mann mit freundlichem Gesicht und großen, traurigen Augen. »Doktor Markwell ist hierher unterwegs.«
    »Sie warten doch nicht etwa mit ihrer Behandlung, bis er da ist?«
    »Nein, nein, natürlich nicht. Sie wird gut versorgt. Ich habe nur gedacht, es würde Sie erleichtern, wenn Sie hören, daß Ihr eigener Arzt kommt.«
    »Oh. Nun, ja … danke. Hören Sie, darf ich zu ihr, Doc?«
    »Noch nicht«, sagte Yamatta.
    »Wann?«
    »Wenn sie … weniger Schmerzen hat.«
    »Was für ‘ne Antwort soll das sein? Wann hat sie weniger Schmerzen? Wann wird ihr endlich geholfen, verdammt noch mal?« Er bedauerte seinen Ausbruch sofort. »Ich … Entschuldigen Sie, Doc. Ich hab’ nur … schreckliche Angst.«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    Eine Verbindungstür führte von der Garage ins Haus. Sie gingen durch die Küche, folgten dem Erdgeschoßflur und machten unterwegs überall Licht. Von ihren Stiefeln fielen tauende Schneeklumpen.
    Der Mann mit der Pistole begutachtete Eßzimmer,

Weitere Kostenlose Bücher