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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Thorvaldson ruhige Routinestimmung. Das Schiff war nicht besonders groß. Auf einem Forschungsgiganten wie der Bremerhavener Polarstern hätten sie mit dem Helikopter landen können, aber die Thorvaldson brauchte den Platz für Gerätschaften. Johanson schlenderte zur Reling und sah hinaus. In den vergangenen zwei Stunden hatten sie ganze Plattformsiedlungen hinter sich gelassen, deren Inseln durch luftige Übergänge miteinander verbunden waren. Nun lagen sie oberhalb derShetlandInseln, jenseits der Schelfkante. So weit draußen endete jede Bebauung. In der Ferne waren vereinzelt die Silhouetten von Bohrtürmen zu erkennen, aber insgesamt sah es hier wieder nach Meer aus und weniger nach überflutetem Industriegebiet. Annähernd 700 Meter Wassertiefe erstreckten sich unter dem Kiel. Der Kontinentalhang war vermessen und kartiert, aber Eindrücke aus der Zone ewiger Finsternis gab es kaum. Im Licht starker Scheinwerfer hatte man den Blick auf die eine oder andere Stelle werfen können, was in etwa so viel Aufschluss über das Ganze gab wie eine einzelne Straßenlaterne über Norwegen bei Nacht. Johanson dachte an seinen Bordeaux und die kleine Sammlung französischer und italienischer Käse in seinem Koffer. Er ging auf die Suche nach Lund und fand sie beim Check des Roboters. Der Automat hing in den Halterungen des Auslegers, ein rechteckiger Kasten aus Rohrgestänge von gut drei Metern Höhe, voll gestopft mit Technik. Auf der geschlossenen Oberseite stand der Name Victor. Im vorderen Bereich erkannte Johanson Kameras und einen zusammengeklappten Greif arm.
    Lund strahlte ihn an.
    »Beeindruckt?« Johanson ging einmal pflichtschuldigst um den Victor herum.
    »Ein großer gelber Staubsauger«, sagte er.
    »Defätist.«
    »Schon gut. Tatsächlich bin ich fasziniert davon. Was wiegt das Ding?«
    »Vier Tonnen. He, Jean!«
    Ein magerer Mann mit roten Haaren schaute hinter einer Kabeltrommel hervor. Lund winkte ihn heran.
    »Jean-Jacques Alban ist Erster Offizier auf diesem schwimmenden Schrotthaufen«, stellte Lund den Rothaarigen vor. »Hör zu, Jean, ich muss noch einiges regeln. Sigur hier ist furchtbar neugierig, er will alles über den Victor wissen. Sei so gut und kümmere dich um ihn.«
    Sie entschwand im Laufschritt. Alban sah ihr mit einem Ausdruck amüsierter Hilflosigkeit hinterher.
    »Ich schätze, Sie haben Besseres zu tun, als mir den Victor zu erklären«, mutmaßte Johanson.
    »Kein Problem.« Alban grinste. »Tina wird sich eines Tages nochmal selber überholen. Sie sind der Mann von der NTNU, richtig? Sie haben die Würmer untersucht.«
    »Ich habe meine Meinung dazu abgegeben. Warum bereiten Ihnen die Tiere so viel Kopfzerbrechen?«
    Alban winkte ab.
    »Wir machen uns eher Sorgen um die Beschaffenheit des Bodens hier am Hang. Die Würmer haben wir zufällig entdeckt, sie beschäftigen vornehmlich Tinas Phantasie.«
    »Ich dachte, Sie lassen den Roboter wegen der Würmer runter«, wunderte sich Johanson.
    »Hat Tina Ihnen das erzählt?« Alban sah zu dem Automaten rüber und schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nur ein Teil der Mission. Natürlich nehmen wir hier nichts auf die leichte Schulter, aber hauptsächlich bereiten wir den Einsatz einer Langzeitmessstation vor. Wir platzieren sie direkt über dem detektierten Ölvorkommen. Wenn wir zu dem Schluss gelangen, dass der Platz sicher ist, kommt eine unterseeische Förderstation dahin.«
    »Tina sagte etwas von einem SWOP.«
    Alban warf ihm einen Blick zu, als sei er nicht sicher, wie er darauf antworten solle.
    »Eigentlich nicht. Die Unterwasserfabrik ist so gut wie unter Dach und Fach. Sollte sich was geändert haben, ist es mir entgangen.«
    Aha. Es würde keine schwimmende Plattform geben.
    Vielleicht war es besser, das Thema nicht zu vertiefen. Johanson fragte Alban weiter über den Tauchroboter aus.
    »Es ist ein Victor 6000, ein Remotely Operated Vehicle, kurz ROV«, erklärte Alban. »Er kann bis in Tiefen von 6000 Metern vorstoßen und dort einige Tage arbeiten. Wir steuern ihn von hier oben und empfangen sämtliche Daten in Echtzeit, alles über Kabel. Diesmal bleibt er 48 Stunden unten. Nebenbei soll er natürlich auch einen Arm voll Würmer einsacken. Statoil will sich nicht vorwerfen lassen, die Biodiversität zu gefährden.« Er machte eine Pause. »Was ist denn Ihre Meinung zu den Viechern?«
    »Keine«, sagte Johanson ausweichend. »Vorläufig.« Maschinenlärm klang auf. Johanson sah, wie sich der Ausleger in Bewegung setzte und

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