Der Schwarm
nicht ändern.«
»Shoemaker glaubt heute noch, du willst uns eins auswischen.«
Greywolf schüttelte den Kopf.
»Ich war eine Weile der Meinung, Whale Watching wäre in Ordnung, aber du siehst ja, es hat nicht funktioniert. Ich habe mich selber rausgeworfen. Ich habe einfach nur dafür gesorgt, dass ihr es tut.«
Anawak stützte das Kinn in die Hände.
Es war so schön hier. So unglaublich schön war diese Bucht mit den Bergen, war diese ganze Insel, dass es beinahe schmerzte.
»Jack«, sagte er nach einer Weile. »Du wirst umdenken müssen. Es passiert schon wieder. Deine Wale nehmen keine Rache. Sie geben uns nicht die Quittung. Sie werden gesteuert. Irgendjemand fährt sein eigenes MK0-Programm mit ihnen. Es ist noch viel schlimmer als alles, was die Navy mit ihnen gemacht hat.«
Greywolf erwiderte nichts. Schließlich verließen sie den Steg und gingen schweigend den Waldweg zurück nach Tofino. Vor Davies Whaling Station blieb Greywolf stehen.
»Kurz vor meinem Ausstieg hörte ich, dass die Experimente mit den nuklearen Walen einen entscheidenden Sprung nach vorne getan hätten. In dem Zusammenhang fiel ein Name. Es ging um Neurologie und irgendetwas, das sie Neuronencomputer nannten. Sie sagten, um die Tiere vollständig zu beherrschen, müsse man den Gedanken eines gewissen Kurzweil folgen. Professor Dr. Kurzweil. Ich dachte, ich sag's dir einfach. Keine Ahnung, ob du damit was anfangen kannst.«
Anawak überlegte.
»Doch«, sagte er. »Ich glaube schon.«
Chateau Whistler, Kanada
Am frühen Abend klopfte Weaver an Johansons Zimmertüre. Wie es ihre Art war, drückte sie die Klinke hinunter, um einzutreten, aber die Tür war verschlossen.
Sie hatte ihn aus Nanaimo zurückkommen sehen. Johanson hatte sich mit Bohrmann treffen wollen. Weaver fuhr mit dem Fahrstuhl in die Lobby und fand ihn in der Bar, wo er mit dem Deutschen und Stanley Frost zusammensaß. Sie waren über Diagramme gebeugt und in heftige Diskussionen verstrickt.
»Hi.« Weaver trat hinzu. »Kommt ihr weiter?«
»Wir stecken fest«, sagte Bohrmann. »Wir haben immer noch ein paar Unbekannte in der Gleichung.«
»Bah, denen kommen wir auch noch auf die Spur«, knurrte Frost. »Gott würfelt nicht.«
»Das hat Einstein gesagt«, bemerkte Johanson. »Und er hatte Unrecht.«
»Gott würfelt nicht!«
Sie wartete eine Weile. Dann tippte sie Johanson an.
»Könnte ich dich – entschuldige die Störung, aber kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?«
Johanson zögerte.
»Jetzt sofort? Wir gehen gerade Stans Szenario durch. Treibt einem den Angstschweiß auf die Stirn.«
»Tut mir Leid.«
»Warum leistest du uns nicht Gesellschaft?«
»Kannst du dich nicht wenigstens ein paar Minuten ausklinken? Wir brauchen nicht lange.« Sie lächelte in die Runde. »Danach komme ich hinzu, lasse sämtliche Simulationen über mich ergehen und nerve euch mit neunmalklugen Kommentaren.«
»Mächtig nette Vorstellung«, grinste Frost
»Und wohin?«, fragte Johanson, als sie den Tisch verließen.
»Egal. In die Halle.«
»Ist es irgendwas von Bedeutung?«
»Bedeutung ist gar kein Ausdruck!«
»Gut.«
Sie gingen nach draußen. Die Sonne stand tief. Im Untergehen überzog sie das Chateau und die verschneiten Gipfel der Rockys mit rötlichem Licht. Die Helikopter vor dem Hotel sahen aus wie Rieseninsekten in Ruhestellung. Sie spazierten ein Stück in Richtung WhistlerVillage. Plötzlich war Weaver die ganze Sache peinlich. Die anderen mussten glauben, sie und Johanson hätten Geheimnisse miteinander, aber tatsächlich wollte sie einfach nur seine Meinung hören. Sie wollte ihm die Entscheidung überlassen, wann er mit seiner Theorie vor den Stab trat, und dazu gehörte auch, ihn vorab zu informieren.
»Wie war es in Nanaimo?«, fragte sie.
»Zum Gruseln.«
»Es heißt, Long Island sei von Killerkrabben überrannt worden.«
»Krabben mit Killeralgen«, sagte Johanson. »Ähnlich wie in Europa, nur viel giftiger.«
»Klingt nach einer neuen Angriffswelle.«
»Ja. Oliviera, Fenwick und Rubin haben sich an die Analysen begeben.« Er räusperte sich. »Dein Interesse in allen Ehren, aber eigentlich wolltest du mir was erzählen.«
»Ich habe den ganzen Tag mit Satellitendaten verbracht. Dann habe ich die Radarauswertungen mit Multispektralaufnahmen verglichen. Ich hätte gerne auch die Daten von Bauers autarken Driftern abgefragt, aber sie liefern keine Daten mehr. Es hat auch so gereicht. Du weißt, dass sich der Meeresspiegel
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