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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gekommen?«
    »Diese rätselhaften hypervariablen Bereiche, du erinnerst dich – es sind Cluster. Überall auf dem Genom finden sich solche Cluster, die bestimmte Proteinfamilien codieren. – Äh ... weißt du überhaupt, wovon ich rede?«
    »Hilf mir auf die Sprünge.«
    »Cluster sind Subklassen von Genen. Gene, die für irgendwas zuständig sind, zum Beispiel für die Ausbildung von Rezeptoren oder die Produktion irgendwelcher Stoffe. Wenn sich eine Zusammenballung dieser Gene auf einem Streckenabschnitt der DNA findet, nennt man das Cluster. Und davon hat das Yrr-Genom jede Menge. Der Witz an der Sache ist, dass die Yrr-Zellen durchaus repariert werden. Aber bei den Yrr startet die Reparatur nicht global für das ganze Genom, und die Enzyme suchen auch nicht die komplette DNA nach Fehlern ab, sondern reagieren nur auf spezifische Signale. Wie auf einer Eisenbahnstrecke. Erkennen sie ein Startsignal, beginnen sie zu reparieren, gelangen sie an ein Stoppsignal, hören sie auf. Denn dort beginnt ...«
    »Das Cluster.«
    »Genau. Und die Cluster sind geschützt.«
    »Sie können Teile ihres Genoms vor der Reparatur schützen?«
    »Durch Reparatur-Repressoren. Biologische Türsteher, wenn du so willst. Sie schirmen die Cluster gegen Reparatur-Enzyme ab. Darum sind diese Bereiche frei, ohne Unterlass zu mutieren, während der Rest der DNA brav repariert wird, um die Kerninformationen der Rasse zu erhalten. Schlau, was? Auf diese Weise wird jedes Yrr zu einem unbegrenzt entwicklungsfähigen Gehirn.«
    »Und wie tauschen sie sich aus?«
    »Wie Sue schon sagte, von Zelle zu Zelle. Durch Liganden und Rezeptoren. Die Rezeptoren empfangen die Liganden, die Sendeimpulse, von anderen Zellen und setzen eine Signalkaskade in Richtung Zellkern in Bewegung. Das Genom mutiert und gibt die Impulse an die nächstliegenden Zellen weiter. Alles geht blitzschnell. Der Haufen Gallerte da im Tank denkt in der Geschwindigkeit von Supraleitern.«
    »Tatsächlich eine ganz neue Biochemie«, flüsterte Anawak.
    »Oder eine ganz alte. Neu ist sie nur für uns. In Wirklichkeit existiert sie wahrscheinlich schon seit Jahrmillionen. Vielleicht seit Anbeginn des Lebens. Eine parallele Spielart der Evolution.« Johanson stieß ein kleines Lachen aus. »Eine sehr erfolgreiche Spielart.«
    Anawak stützte das Kinn in die Hände.
    »Aber was fangen wir jetzt damit an?«
    »Gute Frage. Ich hatte selten so ein vermurkstes Gefühl wie heute. Dass mich so viel Wissen so wenig weiterbringt. Es bestätigt nur, was wir ohnehin befürchtet hatten. Dass sie in jeder Hinsicht anders sind als wir.« Er reckte die Arme und gähnte ausgiebig. »Ich weiß nur nicht, ob Crowes Kontaktversuche uns weiterbringen. Im Augenblick kommt's mir eher so vor, als ob die sich prächtig mit uns unterhalten, während sie uns zugleich den Garaus machen. Vielleicht stellt das in ihren Augen keinen Widerspruch dar. Meine Art von Konversation ist das jedenfalls nicht.«
    »Uns bleibt keine Wahl. Wir müssen einen Weg der Verständigung finden.« Anawak saugte an seiner Backe. »Bei der Gelegenheit – glaubst du eigentlich, dass alle auf dem Schiff am selben Strang ziehen?«
    Johanson horchte auf. »Wie kommst du jetzt darauf?«
    »Weil ...« Anawak verzog das Gesicht. »Okay, sei ihr nicht böse, aber Karen hat mir erzählt, was du in der Nacht vor deinem komischen Unfall gesehen hast. Oder meinst gesehen zu haben.«
    Johanson maß ihn mit kritischen Blicken.
    »Und wie denkt sie darüber?«
    »Sie glaubt dir.«
    »Den Eindruck hatte ich auch. Was ist mit dir?«
    »Schwer zu sagen.« Anawak zuckte die Achseln. »Du bist Norweger. Ihr behauptet auch steif und fest, es gäbe Trolle.«
    Johanson seufzte.
    »Das Ganze wäre mir überhaupt nicht mehr eingefallen ohne Sue«, sagte er. »Sie hat mich drauf gebracht. In der Nacht, als wir zusammen auf der Kiste im Hangardeck saßen: Ich hätte Rubin gesehen, obwohl der angeblich mit Migräne im Bett lag. So, wie er jetzt auch wieder Migräne hat. Angeblich! – Seitdem kommen Bruchstücke zurück. Ich erinnere mich an Dinge, die ich unmöglich geträumt haben kann. Manchmal bin ich kurz davor, alles zu sehen, aber dann ... ich stehe vor einer offenen Tür, schaue in weißes Licht – ich gehe hinein, und die Erinnerung reißt ab.«
    »Was macht dich so sicher, es nicht geträumt zu haben?«
    »Sue.«
    »Die hat aber selber nichts gesehen.«
    »Und Li.«
    »Wieso gerade Li?«
    »Weil sie sich auf der Party ein bisschen zu auffällig für

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