Der Schwarm
gegenüberliegenden Seite. Mit der Lampe über seiner Maske wirkte er wie ein Alien. Er machte das Zeichen für Herkommen. Anawak stieß sich ab und schwamm zwischen Ruderschacht und Schraube zu ihm hinüber. Langsam ließ er sich tiefersinken, bis seine Flossen gegen die Kurbelwelle stießen, an deren Ende der Propeller saß. Hier war mehr von dem schleimigen Zeug. Es hatte sich wie ein Überzug um die Welle gewickelt. Die Taucher versuchten, die Fetzen davon herunterzuziehen. Anawak half ihnen. Sie mühten sich vergebens. Das meiste war so eng mit der Schraube verbunden, dass es sich mit bloßen Händen nicht ablösen ließ.
Roberts' Worte gingen ihm durch den Kopf. Die Wale hatten versucht, die Schlepper abzudrängen. Absurd.
Was wollte ein Wal, der das Andockmanöver eines Schleppers sabotierte? Dass die Barrier Queen sank? Bei stärkerem Seegang hätte die Gefahr bestanden, manövrierunfähig, wie der Frachter war. Irgendwann wären die Wellen wieder höher geworden. Wollten die Tiere verhindern, dass die Barrier Queen bis dahin sichere Gewässer aufsuchen konnte?
Er warf einen Blick aufs Finimeter.
Noch reichlich Atemluft. Mit ausgestrecktem Daumen zeigte er den beiden Tauchern an, dass er den Rumpf inspizieren wolle. Sie gaben das O.K.-Zeichen. Gemeinsam ließen sie die Schraube hinter sich und schwammen die Bordwand entlang, Anawak zuunterst, dort, wo sich der Rumpf zum Kiel hin bog. Das Licht seines Helmstrahlers wanderte über die stählerne Außenhaut. Der Anstrich sah ziemlich neu aus, nur an wenigen Stellen waren Kratzer oder Verfärbungen zu erkennen. Er sank weiter dem Grund entgegen, und es wurde noch dämmriger.
Unwillkürlich sah Anawak nach oben. Zwei diffuse Lichtflecken zeigten ihm an, wo die Taucher die Seitenwand absuchten.
Was sollte passieren? Er wusste schließlich, wo er war. Dennoch hatte sich ein quälender Druck auf seine Brust gelegt. Er paddelte mit den Füßen und schwebte entlang des Rumpfs. Nichts war zu sehen, was auf eine Beschädigung hindeutete.
Im nächsten Moment wurde der Schein seiner Helmlampe schwächer. Anawaks Rechte fuhr hoch. Dann erkannte er, dass es nicht an der Lampe lag, sondern an dem, was sie beleuchtete. Der Schiffsanstrich hatte das Licht gleichmäßig zurückgeworfen. Nun wurde es plötzlich verschluckt von der dunklen, schartigen Masse der Muscheln, unter der die Hülle der Barrier Queen teilweise verschwunden war.
Wo kamen diese Unmengen von Muscheln her?
Anawak überlegte, zu den Tauchern aufzuschließen. Dann entschied er sich anders und ließ sich noch tiefer unter den Rumpf sinken. Zum Kiel hin nahm der Muschelbewuchs zu. Falls die Unterseite der Barrier Queen überall in gleicher Weise bewachsen war, musste hier ein erhebliches Gewicht zusammengekommen sein. Unmöglich, dass niemandden Zustand des Schiffes bemerkt haben sollte. Solche Massen reichten aus, um einen Frachter auf hoher See erheblich zu verlangsamen.
Er war jetzt weit genug unter dem Kiel, dass er sich auf den Rücken legen musste. Wenige Meter unter ihm begann die Schlammwüste des Hafenbeckens. Das Wasser war hier so trübe, dass er kaum noch etwas sah, nur die wuchernden Muschelberge direkt über sich. Mit schnellen Flossenschlägen schwamm er weiter Richtung Vorschiff, als der Bewuchs ebenso plötzlich endete, wie er begonnen hatte. Erst jetzt erkannte Anawak, wie massiv die Wucherungen wirklich waren. Beinahe zwei Meter dick hingen sie unter der Barrier Queen.
Was war das?
Am Rand der Wucherungen klaffte ein Spalt.
Anawak hing unentschlossen davor. Dann griff er zum Schienbein, wo in einer Halterung ein Messer steckte, zog es hervor und stach in den Muschelberg hinein.
Die Kruste platzte auf.
Etwas schoss zuckend heran, klatschte gegen sein Gesicht und riss ihm beinahe den Lungenautomaten aus dem Mund. Anawak prallte zurück. Sein Kopf knallte gegen den Schiffsrumpf. Grelles Licht explodierte vor seinen Augen. Er wollte aufsteigen, aber über ihm war immer noch der Kiel. Mit hektischen Flossenschlägen versuchte er wegzukommen von den Muscheln. Er drehte sich um und sah sich einem weiteren Berg aus harten kleinen Schalen gegenüber. Seine Ränder schienen mit etwas Gallertigem an den Rumpf geklebt. Übelkeit stieg in ihm hoch. Er zwang sich zur Ruhe und versuchte, in den umherschwirrenden Partikeln etwas von dem Ding zu erkennen, das ihn attackiert hatte.
Es war verschwunden. Nichts war mehr zu sehen außer den bizarr verklumpten Muschelkrusten.
Erst jetzt fiel ihm
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