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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sich geklärt. Dem ewigen Flirt war die Grundlage entzogen. Sie unternahmen Spaziergänge, schwatzten und lachten, verbannten die Welt samt allen Universitäten, Bohrinseln und Würmern aus ihren Köpfen, und Johanson kochte die besten Spaghetti Bolognese seines Lebens.
    Es war eines der schönsten Wochenenden am See, an die er sich erinnern konnte.
    Am Sonntagabend fuhren sie zurück. Johanson setzte Lund vor ihrer Haustür ab. Sie gaben sich einen Kuss im Schutz der Stadt, flüchtig und freundschaftlich. Für die Dauer einiger Herzschläge, als Johanson wenig später sein Haus in der Kirkegata betrat, empfand er zum ersten Mal seit Jahren wieder den Unterschied zwischen allein und einsam. Er ließ das Gefühl in der Diele zurück. Bis dorthin durften Selbstzweifel und Schwermut mitkommen. Keinen Schritt weiter.
    Er brachte den Koffer ins Schlafzimmer. Auch hier stand ein Fernseher, ebenso wie im Wohnraum. Johanson schaltete ihn ein und zappte so lange durch alle Kanäle, bis er die Aufzeichnung eines Konzerts aus der Royal Albert Hall erwischte. Kiri Te Kanawa sang Arien aus La Traviata. Johanson begann auszupacken, summte leise mit und machte sich unentschlossene Gedanken über die Natur seines obligatorischen Gutenachtdrinks.
    Nach einer Weile erklang keine Musik mehr.
    Über einigen Schwierigkeiten beim Falten eines Hemdes registrierte er nicht gleich, dass das Konzert zu Ende gegangen war. Er kämpfte mit einem widerspenstigen Ärmel, während im Hintergrund Nachrichten liefen.
    »... aus Chile bekannt geworden. Ob das Verschwinden der norwegischen Familie in Zusammenhang mit ähnlichen Vorfällen steht, diesich offenbar zur gleichen Zeit an den Küsten Perus und Argentiniens ereignet haben, wurde nicht bestätigt. Auch dort waren in den vergangenen Wochen mehrfach Fischerboote verschwunden oder später treibend gesichtet worden. Von den Besatzungen fehlt bis zur Stunde jede Spur. Die fünfköpfige Familie war bei ruhiger See und schönem Wetter an Bord eines Fischtrawlers zum Hochseeangeln hinausgefahren.«
    Ärmel rechts falten, nach innen klappen. Was war das da gerade gewesen im Fernsehen?
    »Costa Rica verzeichnet derweil eine Qualleninvasion ungewohnten Ausmaßes. Tausende sogenannter Staatsquallen der Gattung Portugiesische Galeere sind unter anderem dicht in Küstennähe aufgetaucht. Wie verlautet, kamen inzwischen vierzehn Menschen durch Begegnungen mit den hochgiftigen Tieren ums Leben, zahlreiche wurden verletzt, darunter auch zwei Engländer und ein Deutscher. Eine nicht bekannte Anzahl von Personen wird noch vermisst. Das costaricanische Fremdenverkehrsamt kündigte Krisensitzungen an, wies jedoch Meldungen, wonach die Strände für Touristen geschlossen werden sollen, zurück. Im Augenblick bestehe keine unmittelbare Gefahr für den Badebetrieb.«
    Johanson stand reglos da, den Ärmel in der Hand.
    »Diese Arschlöcher«, murmelte er. »Vierzehn Tote. Sie hätten längst alles abriegeln müssen.«
    »Auch vor der australischen Küste haben Schwärme von Quallen für Beunruhigung gesorgt. Insbesondere soll es sich dabei um Seewespen handeln, die ebenfalls als hochgiftig gelten. Die örtlichen Behörden warnen eindringlich davor, schwimmen zu gehen. In den letzten einhundert Jahren starben in Australien siebzig Menschen an den Folgen von Seewespengift, das sind mehr Tote als durch Haiattacken. – Schwere Unglücksfälle auf See mit Todesfolge sind unterdessen aus Westkanada bekannt geworden. Die genaue Ursache für den Untergang mehrerer Touristenschiffe ist bislang nicht bekannt. Möglicherweise fuhren die Schiffe aufgrund eines Navigationsversagens ineinander.«
    Johanson drehte sich um. Die Nachrichtensprecherin legte soeben ein Blatt aus der Hand und sah mit leerem Lächeln auf.
    »Und jetzt weitere Nachrichten vom Tage in unserem Überblick.«
    Portugiesische Galeeren, dachte Johanson.
    Er erinnerte sich an eine Frau auf Bali, die keuchend im Sand gelegen hatte, von Krämpfen geschüttelt. Er selber war mit dem Ding nicht in Berührung gekommen. Auch die Frau hatte die Galeere nicht berührt. Sie hatte beim Strandspaziergang etwas aus dem seichten Uferwasser gefischt mit einem Stock. Etwas, das ihr seltsam und voneigentümlicher Schönheit erschienen war, ein ätherisches, dahintreibendes Segel. Weil sie vorsichtig war, hatte sie darauf geachtet, Abstand zu wahren. Einige Male hatte sie es hin- und hergewendet, bis es mit Sand paniert seine Attraktivität und seinen Reiz verloren hatte, und

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