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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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geistesabwesend. Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. Immer noch drang von nebenan aufgeregtes Gemurmel.
     
    Nun war es Martin, der einen zweiten Versuch wagte. Er kletterte neben seinen Mitbruder und horchte an der Wand. Doch hier war noch weniger zu hören als draußen an der Tür. Er gab es auf.
     
    Gerade als er seufzend und mit noch immer reichlich wackligen Knien von dem Bett seines Mitbruders herunterkletterte, geschah es.
     
    Martin sah Suitbertus mit schreckgeweiteten Augen an.
     
    Suitbertus hielt den Atem an und glotzte zurück.
     
    Aus dem Nachbarzimmer drang ein höllisches Getöse. Es war, als zische und pfeife eine Kanonenkugel wie eine unermesslich große, wild gewordene Hummel durch den angrenzenden Raum. Dann erhob sich ein Schrei, dunkel und verzweifelt zuerst, doch bald immer heller und wahnsinniger werdend, bis schließlich ein Knall ertönte, als sei dort drüben ein ganzes Bündel Blitze eingeschlagen.
     
    Darauf wurde es still. So still wie auf einem Friedhof.
     
    Martins Angst um den Pater war stärker als die Angst vor dem unheimlichen Grafen. Er stürzte auf den Gang hinaus.
     
    Hier war alles ruhig. Martin winkte Suitbertus zu, er solle ihm folgen. Aber Suitbertus schüttelte nur völlig verängstigt den Kopf und kauerte sich auf seinem Bett so zusammen, dass Martin bald nichts mehr von ihm sehen konnte.
     
    Er horchte an der Tür.
     
    Nichts regte sich hinter ihr.
     
    Vorsichtig legte er die Hand auf die Klinke und drückte sie ganz behutsam ein wenig nach unten. Sie quietschte etwas.
     
    Martin hielt inne und horchte wieder.
     
    Noch immer drang kein Laut heraus. Dann drückte er die Klinke ganz herunter und öffnete die Tür.
     
    Zuerst wagte er kaum hinzuschauen; er hatte Angst, dass das Jüngste Gericht auf ihn herniederfahren würde. Doch als nichts geschah, riskierte er einen Blick.
     
    Der Graf war nirgendwo mehr zu sehen. Nur sein seltsamer Geruch schwebte noch in dem engen, niedrigen Zimmer.
     
    Pater Hilarius lag auf dem Boden.
     
    Er gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
     
        
     

3. Kapitel
     
    Sie hatte Hunger. Seit sie gestern Morgen nach Volkach gekommen war, hatte sie nichts mehr gegessen. Das Einzige, was ihr den Magen gefüllt hatte, war das schal schmeckende Wasser aus dem Brunnen am Marktplatz gewesen. Es war Maria nicht einmal gelungen, eine Mohrrübe oder eine Gurke zu stehlen; die Händler passten auf ihre kümmerlichen Waren auf wie der Teufel auf seine gefangenen Seelen.
     
    Auch der strahlende Sonnenschein vermochte Maria nicht aufzuheitern. Dieses Städtchen mit seinen verwinkelten Gassen und seiner unebenen Pflasterung, in deren Mulden stinkende Abfälle schwammen, war nicht nach ihrem Geschmack, aber sie hatte gehofft, hier wenigstens für einige Tage Proviant und vielleicht sogar eine wohlgefüllte Geldkatze zu finden. Doch stattdessen drohte sie inmitten der quiekenden Schweine, der blökenden Schafe, der gackernden Hühner und all der Köstlichkeiten des Feldes zu verhungern.
     
    Sie saß auf den kalten Stufen des Brunnens und stützte den Kopf in die Hände. Wenn das Leben gerecht wäre, würde einer der Bauern, die auf dem Marktplatz lautstark ihre Waren anpriesen, sich ihrer erbarmen und ihr etwas zustecken. Doch selbst auf demütigste Fragen und Bitten hin hatten sie das junge Mädchen mit den hübschen braunen Locken und den genauso braunen Augen weggejagt wie einen räudigen Hund. Nein, das hier war kein guter Ort – weder für jemanden, der auf die Gunst anderer angewiesen war, noch für jemanden, der bereit war, sich diese Gunst zur Not auch unrechtmäßig zu verschaffen.
     
    Doch da trat ein Licht in das Leben Marias.
     
    Keine zehn Meter von ihr entfernt ging ein hochgewachsener, dürrer Herr in einem verschwenderisch bestickten Umhang über den Markt und warf nur rasche, beiläufige Blicke auf das reichhaltige Angebot. Maria amüsierte sich über seinen wunderlichen Kopfputz: eine riesige Pfauenfeder hing von seinem Barett herab und nickte wie aus eigener Kraft, ob der Herr nun den Kopf bewegte oder nicht.
     
    Er roch nach Geld, ja er stank geradezu danach.
     
    Sofort stand Maria auf. Ihre Gedanken überschlugen sich. Niemand grüßte den vornehmen Herrn, der von Zeit zu Zeit stehen blieb und in die Runde blickte, als suche er jemanden, wobei er jedes Mal geistesabwesend mit dünnen, langen Fingern durch seinen sauber geschnittenen Bart fuhr. Bestimmt war er kein Einheimischer. Wie konnte sie an ihn

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