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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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herankommen? Sie war sicher, dass er einen gut gefüllten Geldsack um den Bauch trug – einen Sack, von dessen Inhalt Maria monatelang leben könnte. Sie schritt die zwei Stufen der Brunneneinfassung herunter und tat so, als suche auch sie etwas, bis sie sah, dass der vornehme Herr sich wieder in Bewegung setzte.
     
    Sie stürzte ihm so schnell nach, dass sie fast mit einem Bauern zusammengestoßen wäre, der ein laut grunzendes Schwein an der Leine führte. Maria schlug einen kleinen Haken, taumelte und musste sich an einem finster dreinblickenden Mann festhalten, der wie ein Scharfrichter aussah.
     
    Als sie wieder nach vorn schaute, war der vornehme Herr verschwunden.
     
    Maria stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus. Obwohl sie doch gar keinen Plan gehabt hatte, wie sie ihn berauben konnte, hatte sie sich schon im Besitz seines unanständig vielen Geldes gesehen. Wo mochte er nur abgeblieben sein? Da sah sie ganz hinten, am anderen Ende des Marktes eine über allen Häuptern tanzende Feder. Das musste er sein. Wie schnell er doch war! Maria lief auf die wippende Feder zu. Als sie ihr Ziel schon beinahe erreicht hatte, kam ihr eine Idee.
     
    Sie hielt sich ein wenig hinter dem hoch aufgeschossenen Mann, der nun den Marktplatz verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er bog in eine schmale Gasse ein, in der sich nur wenige Läden befanden. Das war der ideale Ort.
     
    Maria war nun so nahe hinter ihm, dass sie ihn mit der ausgestreckten Hand hätte berühren können. Dann überholte sie ihn, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
     
    Plötzlich stieß sie einen hohen Schmerzenslaut aus und sackte zusammen. Der vornehme Herr blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Dann beugte er sich über sie, streckte die Hand nach ihr aus und sagte mit einer tiefen, vollen Stimme: »Hast du dich verletzt, mein schönes Kind?«
     
    »Ach, es ist nicht so schlimm, edler Herr«, gab Maria zurück und schaute hoch zu ihm. »Ich habe mir nur den Fuß verrenkt. Könntet Ihr mir bitte aufhelfen?«
     
    Sie ergriff die ihr dargebotene Hand und hängte sich schwer daran. Der Mann zog sie wieder auf die Beine, doch sie knickte erneut ein und packte ihren Retter, um sich an ihm festzuhalten. Blitzschnell steckte sie eine Hand unter seinen Umhang. Sofort hatte sie die Geldkatze ertastet. Sie hing an einem Lederriemen von einem schweren Gürtel herab. Doch der Riemen war nicht mit dem Gürtel vernietet, sondern nur um ihn gebunden.
     
    »Verzeiht mir, es tut so weh«, keuchte Maria.
     
    »Oh, du ärmstes Kind«, sagte der Mann voller Mitleid. Vielleicht würde er ihr ja sogar freiwillig etwas geben, doch darauf wollte sie es nicht ankommen lassen. Jetzt hatten ihre schlanken, geschickten Finger die Schlaufe gelöst, und der kleine Beutel lag beruhigend schwer in ihrer Hand. Sie schloss die Finger darum und tat dann so, als befühle sie ihr rechtes Bein. Dabei zwängte sie den Beutel von unten unter ihren Rock.
     
    »Kann ich etwas für dich tun, Perle des Nachmittags?«, fragte der dürre, elegante Herr galant. Sein Gesicht gefiel Maria nicht. Es hatte etwas Grausames an sich.
     
    Du hast mir schon genug getan, vielen Dank,
dachte sie und sagte: »Ihr seid zu gütig, mein edler Herr, aber ich bin bereits reich genug damit beschenkt, dass Ihr mir so uneigennützig geholfen habt.«
     
    »Es wäre mir eine noch größere Freude, dir auch in anderer Weise zu helfen.«
     
    Einen Augenblick lang glaubte Maria, dass dies die Aufforderung zu einem Liebesdienst der besonderen Art sein sollte, doch ein weiterer Blick in sein merkwürdiges Gesicht genügte, um sie davon zu überzeugen, dass ihm nichts ferner lag als ein solcher Gedanke.
     
    Aber was war, wenn er ihr ein Geldstück schenken wollte? Dann würde der Diebstahl unweigerlich auffallen!
     
    »Ich brauche nichts, vielen Dank, edler Herr; Ihr seid einfach zu gütig«, sagte sie rasch und schlug die Augen nieder. Sie versuchte zu erröten, aber es wollte ihr nicht recht gelingen.
     
    Schon tastete der Herr an seinem Umhang herum. Es wurde höchste Zeit für Maria, sich von ihm zu verabschieden. Sie trat einen Schritt von ihm zurück, sagte schnell: »Seht Ihr, es geht schon wieder«, und lief zurück zum Markt. Bei den ersten Schritten gab sie noch vor, zu hinken, doch je weiter sie sich von ihm entfernte, desto ungehinderter lief sie. Sie warf einen kurzen Blick zurück und wollte ihm zum Gruß noch einmal zuwinken – aber er war verschwunden. Vielleicht war er in einen der zur

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