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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
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gearbeitet hast. Vielleicht hättest du dir besser irgendwo einen Job als Fulltime-Terminverschlepperin gesucht, statt Privatschnüfflerin zu werden.«
    »Ich krieg’ die Sache schon hin.«
    »Fleiß, Wanda-Darling, ist der Schlüssel zum Erfolg.«
    »Dein Johann steckt in irgendeiner abartigen Geschichte«, sagte ich.
    »So wie bei Philip Roth, oder so wie bei Henry Miller?«
    »Eher Charles Bukowski.«
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
    Ich sagte: »Vielleicht kennst du ihn nicht so gut.«
    »Er hat mir gestern abend einen Heiratsantrag gemacht. Und ich hab’ ja gesagt. Alles, was dazu angetan sein könnte, mein Wohlbehagen zu beeinträchtigen, wäre mir jetzt nicht allzu willkommen.« Belle schlug die Augen nieder und jagte eine ausgelutschte Zitronenscheibe mit einer Gabel um den Rand ihres Tellers herum.
    Ich sagte: »Wohlbehagen bedeutet nicht, dumm rumzuhocken, wenn du nicht weiter als bis zu deinen Titten gucken kannst. Was in deinem Fall nicht allzuweit ist.«
    »Mußt du so vulgär sein?«
    Das Problem mit den Diskussionen über Belles ausschweifendes Leben ist, daß ich es nie zurück ins Büro schaffe, ohne sie zuvor auf einem tränenreichen Trip zum Damenklo zu begleiten. Sicher, sie ist so tough wie jede Selfmade-Frau, aber innendrin ist sie Pudding. Sie ließ die Gabel auf ihren Teller fallen und klemmte den Kopf zwischen die Hände, wobei sie mit dem Ellenbogen um ein Haar ihren dritten Margarita umkippte. Belles Zeichen dafür, daß sie Hilfe brauchte. Ich falle jedesmal darauf herein und bekomme Mitleid mit ihr Ich sagte: »Komm, Belle, ist schon okay. Bitte, heul jetzt nicht. Du weißt, ich kann’s nicht haben, wenn du weinst.«
    Sie sagte: »Das hat Johann gestern nacht auch zu mir gesagt.« Scheiße. Das öffnete die Schleusen. Belle hat mir mal gesagt, daß sie als Frau in ihrer Position (die normalerweise eine auf dem Bauch liegende ist) tun und lassen kann, was sie will. Was mit einschließt, daß sie vögeln kann, was oder wen immer sie will. Ich werde nie begreifen, wie sie es schafft, so erfolgreich zu bleiben in Anbetracht ihrer emotionalen Sturmfluten. Wie sie so erfolgreich geworden ist — nun, das ist eine andere Geschichte.
    Belle klemmte ihre Nase zwischen Daumen und Zeigefinger, wobei sie um ein Haar ihren Ärmel ins Ketchup getunkt hätte. Sie schien nicht empfänglich für einen Moment stillen Trostes an unserem Tisch. Sie machte ihr Geräusch: ein seelenvolles Ausstößen von Luft, das mich an den Gesang der Buckelwale erinnerte, den ich auf Kanal 13 gehört hatte. Was jetzt folgte, war die Wiederaufführung von unzähligen unserer vergangenen Mittagessen. Ich faßte sie beim Ellenbogen und führte sie zur Damentoilette. Hysterische, chic angezogene Frauen, die zehnmal soviel verdienen wie ich, sind nicht meine Vorstellung von prächtiger Unterhaltung. Besonders nicht, wenn es sich um Belle handelt. Ich kann nicht vertragen, sie so zu erleben, da ich meistens (wenn sie sich nicht aufführt wie Königin Hormonia) ein wirklich großer Fan von ihr bin. Aber aus Angst, sonst die Rechnung bezahlen zu müssen, mußte ich ihr helfen. Ich manövrierte sie in unser Porzellan-und-Kachel-Refugium, und sie hängte sich über das lange Waschbecken.
    Sie schniefte. Sie schluchzte. Sie atmete tief. Ich dachte, sie würde ohnmächtig werden. Ich legte den Kopf mitfühlend auf die Seite und zupfte ein paar braune Papierhandtücher aus dem Spender. Ich legte sie behutsam neben ihren sich windenden Körper. Melodrama ä la Belle. Nach dem hundertsten Mal hört es auf, amüsant zu sein. Ich setzte mich auf eines der Klos, stellte meine Handtasche vor die Tür, damit sie nicht zufiel, steckte mir eine Zigarette an, streichelte Mama, um meine Nerven zu beruhigen, und wartete auf Details.
    Sie sagte: »Der Typ ist einfach zuviel für mich.«
    Ich sagte: »Erzähl mir, was passiert ist, Belle.«
    Sie sagte: »Er hat mich stundenlang gefickt.«
    Ich sagte: »Stundenlang?«
    Sie sagte: »Ja. Stunden und nochmals Stunden. Er wollte einfach nicht aufhören, selbst als ich ihn darum bat. Ich bin x-mal gekommen — ich bin mir vorgekommen wie eine Epileptikerin.« Sie zuckte ein bißchen, um es zu demonstrieren. »Ich glaube, ich sehe nicht besonders attraktiv aus, wenn ich komme. Albern, ich weiß. Wie könnte ich nicht attraktiv aussehen?«
    Wo sie recht hat, hat sie recht. Selbst mit verschmiertem Lippenstift und schwarzen Heulspuren auf den Backen sah sie noch toll aus. Sie sagte: »Er hat
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