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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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wählte. Es war 23.53 Uhr.
    Ich verbrachte die Nacht im Knast. Ich teilte meine Zelle mit zwei Nutten mit violettem Lippenstift namens Lola und Besta. Nette Mädchen. Sie rochen nach viel Sex und wenig Wasser und Seife. Sie fragten mich, was ich gemacht hätte. Ich sagte ihnen, ich hätte einen Anwalt umgebracht. Sie gaben mir die untere Koje und eine Decke extra.
    Folgendes war passiert: Die Polizei und ein Krankenwagen kamen zu BG & B. Als Alex und Gladman zum Beth Shalom gebracht wurden, erzählte ich den Bullen, daß ich Gladman in Notwehr erschossen hatte. Sie nahmen mich mit zum Department, um meine Aussage aufzunehmen. Wie es der Zufall wollte, kriegte ihre Stenografin ausgerechnet an dem Abend ihre Wehen und mußte zur Entbindung ins Krankenhaus gefahren werden. Als daraufhin die Bullen versuchten, meine Aussage auf Video aufzunehmen, gab der Camcorder seinen Geist auf. Es wurde langsam spät. Ich sagte ihnen, sie sollten Dick O’Flanahey und Tom Squirely holen. Sie sagten »okay« und steckten mich für die Zwischenzeit in eine Kühlbox. Notwehr hin, Notwehr her, sie konnten mich ja wohl schlecht mit rauchendem Colt auf der Straße rumlaufen lassen, das sähe ich doch wohl ein, oder nicht? Ich rief Santina mit meinem letzten Quarter an. Sie sagte, klar, sie würde sich sofort anziehen und zum Krankenhaus fahren und sehen, ob sie irgendwas über Alex’ und Marthas Befinden in Erfahrung bringen könnte. Es war mir eine große innere Genugtuung, ihr zu sagen, daß der Würger ein Anwalt war. Ich schlief ein und träumte von Baseball. Ich hatte noch nie jemanden umgelegt.
    Als ich aufwachte, klopften Lola und Besta gegen die Gitterstäbe und brüllten nach Gertie, der Zellenblockwärterin, sie solle ihnen Feuer bringen. Ich langte instinktiv auf dem Zementfußboden nach meiner Handtasche. Mir fiel ein, daß sie nicht da war. Ich sagte den Mädchen, sie sollten die Klappe halten. Ich hatte rasende Kopfschmerzen. Sie guckten mich eine halbe Sekunde lang an und klopften weiter. Ich schloß die Augen und versuchte nachzudenken. Die Stallwärterin kam schließlich rüber und brachte Streichhölzer mit. Ich schnorrte eine Kippe von Lola. Meine erste Zigarette im Knast. Sie schmeckte hervorragend.
    Gegen elf ging ein Rumoren durch den Zellenblock. Die Wärterin brachte einen Besucher herein. Alle Mädchen in den angrenzenden Zellen pfiffen, als sie ihn durch den Gang eskortierte. Ich konnte hören, wie er zu einer sagte: »In dein Maul würde ich nicht mal meinen Schwanz stecken, um es dir zu stopfen.« Er wurde in meine Zelle geführt und sagte: »Einen wunderschönen guten Morgen, Puppe. Hübsches Gesicht. Ich hab’ schon Kotze auf der Straße gesehen, die besser ausgesehen hat.« Es war Dick. Mein Erlöser.
    Ich sagte: »Was ist mit Alex?«
    Er sagte: »Schulterdurchschuß. Rein und wieder raus. Hat ihm fast den Arm weggepustet, aber der Doc sagt, er wird wieder. Er liegt jetzt auf der Intensivstation im Beth Shalom. Wenn er zu sich kommt, schicken sie ihn nach Hause.«
    »Martha?«
    »Ist aus dem Koma aufgewacht und hat Gladman identifiziert.« Er hielt einen Moment inne. »Er ist übrigens tot.« Das hatte ich mir denken können.
    »Dann ist Johann also wieder auf freiem Fuß.«
    »Hat ganz schön um sich gekeilt, als wir ihn fanden und abführten. Hatte einen Anfall oder so was. Wir haben ihn heute morgen rausgelassen. Er war ganz grün im Gesicht und zitterte am ganzen Körper.«
    »Wann komm’ ich raus?« fragte ich.
    »Was, und all das hier aufgeben?« Er lachte, und sein Schnauzer spreizte sich bis zu den Ohren. Er sagte: »Jederzeit, Süße. Hätte dich schon letzte Nacht laufenlassen können.«
    »Und wieso sitze ich dann noch immer hier?«
    »Ich dachte mir, es würde dir vielleicht mal ganz gut tun.«
    »Wie zuvorkommend von Ihnen. Erinnern Sie mich dran, Ihnen Rosen aufs Grab zu legen.« Er hätte fast gegrinst, wagte es aber nicht.
    Er sagte: »Okay, Zuckerpuppe. Du hast gewonnen. Aber wenigstens hast du das Verlieren interessant gemacht.« Ich glaubte einen Ausdruck widerwilligen Respekts aus seinem Gesicht herauslesen zu können. Ich durfte den Spruch als echtes Kompliment werten. Ich glaube, mich über Nacht in der Kühlbox sitzen zu lassen, war seine Art, mir zu zeigen, daß ich jetzt dazugehörte.
    Wir gingen zusammen zum Schalter, wo ich mir meine Handtasche und meine Knarre abholte. Es war ein gutes Gefühl, Mama wieder bei mir zu wissen.
    Ich nahm mir ein Taxi und fuhr sofort zum Beth

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